Geislingen

Ein Rundgang durch die Binsdorfer Klosterbaustelle: Schrittweise zurück zum barocken Glanz

18.04.2024

Von Rosalinde Conzelmann

Ein Rundgang durch die Binsdorfer Klosterbaustelle: Schrittweise zurück zum barocken Glanz

© Rosalinde Conzelmann

An der Fassade am hinteren Gebäudetrakt zum Garten hin wird mit Hochdruck gearbeitet. Als der Putz abgenommen wurde, wurden barocke Elemente entdeckt, die von Restauratoren wieder sichtbar gemacht werden. Wie wirkungsvoll das ist, ist bereits am Erker mit der barocken Bänderung erkennbar.

Vor drei Jahren hat die Sanierung des ehemaligen Dominikaner-Terziarinnenklosters in Binsdorf begonnen. Der erste Bauabschnitt mit einer Investitionssumme von 4,3 Millionen Euro geht dem Ende zu. Die Handwerker haben bislang Großartiges geleistet – im Stillen. Ein Rundgang durch die klösterliche Baustelle, die für die Planer ein wahres Schatzkästchen ist. Warum die zukünftige Nutzung für die Kirchengemeinde so wichtig ist.

Auf den ersten Blick hat sich seit dem Start der Sanierung im Juli 2021 von außen nur wenig verändert auf der Großbaustelle. Die Binsdorfer haben sich an das Gerüst gewöhnt. Ebenso an die Transporter der Handwerker. Diese haben in den vergangenen drei Jahren bereits Großartiges geleistet – eher unbemerkt. Nur die Verantwortlichen der Kirchengemeinde erleben die vielen kleinen und großen Fortschritte.

Ein Rundgang durch die Binsdorfer Klosterbaustelle: Schrittweise zurück zum barocken Glanz

© Rosalinde Conzelmann

Timo Raible zeigt die handgefertigten Lehmwickel, ein Speicher für Wärme und Kälte. Zudem absorbiert die Umhüllung Schall. Sie werden in die Holzbalkendecken eingebaut.

Architekt Timo Raible, Landschaftsarchitektin Isabel David und Ralf Schneider vom bischöflichen Bauamt haben in einem Pressegespräch mit Vertretern der Kirchengemeinde St. Markus über den aktuellen Stand auf der klösterlichen Baustelle informiert – inklusive Rundgang.

„Wir wollen das Gebäude mit Leben füllen“, unterstreicht Pfarrer Augusty Kollamkunnel. Ebenso wie Kirchenpflegerin Brigitte Wolpert und die gewählte Vorsitzende des Kirchengemeinderats, Regina Günzel. Das ist neben der baulichen Herausforderung die größte Hürde, die die Kirchengemeinde überwinden muss. Denn erst wenn ein Nutzungskonzept für das obere Stockwerk feststeht, wird dieses auch komplett renoviert.


Erster Bauabschnitt geht Ende zu

Der erste Bauabschnitt geht seinem Ende zu. Er umfasste vor allem die Gewerke Holz, Stein und Putz, wie der Architekt mitteilt. Ein Schwerpunkt war die Instandsetzung des Dachtragwerks. Die Steinmetzarbeiten als zweites großes Gewerk betrafen die Bearbeitung der Steinböden, deren Ausbau für die Reparatur beziehungsweise den Austausch der stark beschädigten Auflager der Deckengeschosse erforderlich war. Ein weiterer Schwerpunkt sind die Putzarbeiten an der Ost- und der Südfassade. Hier wurden barocke Putzbefunde in Form von Fenstereinrahmungen und Bänderungen entdeckt. Diese werden wieder behutsam sichtbar gemacht.

Bis Jahresende soll der erste Bauabschnitt, der mit 4,3 Millionen Euro veranschlagt ist, fertig sein. Wenn das Gerüst abgebaut ist, wird die barocke Fassade die Blicke auf sich ziehen.

Barocker Garten als zweiter Bauabschnitt

Im zweiten Bauabschnitt wird der barocke Garten, eine Herzensangelegenheit von Isabel David, wieder so angelegt wie er einst war. Laut David läuft derzeit die Ausschreibung für die Gewerke Landschaftsbau, Sanitär, Elektro und Naturwerksteinarbeiten. Sie würde sich freuen, wenn auch regionale Firmen eingeben. Der Start der Arbeiten ist für Juli geplant. Der Garten könnte Ende 2025 fertig sein.

Ein Rundgang durch die Binsdorfer Klosterbaustelle: Schrittweise zurück zum barocken Glanz

© Rosalinde Conzelmann

Das Kloster ist reich an Schätzen. Diese schöne Wandzeichnung (oben) ziert den Abort im Erker.

Der dritte Bauabschnitt beinhaltet die Erneuerung der Fenster beziehungsweise deren Austausch. Auch hier ist Barock der Maßstab. Die über 100 Fenster wurden in den 1960er-Jahren erneuert. Es gibt Aufnahmen vor dieser Sanierung. An diesen orientieren sich die Planer. Die barocke Rückführung sieht einen Kreuzstock und vier Drehflügel pro Fenster vor. Derzeit werden zwei Musterfenster eingebaut. Nach der Abstimmung wird das Gewerk ausgeschrieben.


Werkplanung für vierten Bauabschnitt

Der vierte Bauabschnitt im südlichen Drittel des Erdgeschosses rückt das Gebäudeinnere in den Fokus, sagt Raible. Dort waren einst die Räume des Ordensprovinzials untergebracht. Es gibt einen kleinen Saal, die „Rosenstube“ mit einem Deckengemälde und weitere Nebenräume. In der jüngeren Zeit waren dort der Jugendraum, die Heiligenkammer und Abstellräume untergebracht. Für diesen Bauabschnitt liegt die Genehmigung vor. „Wir sind an der Werkplanung“, sagt Raible.

Für den fünften Bauabschnitt, die Fertigstellung der hofseitigen Fassade, wird der Architekt bis zum Monatsende den Antrag stellen. Man könnte dann 2025 anfangen. Dass diese „Schokoladenseite“ zum Ort hin gemacht wird, ist ein großer Wunsch der Kirchengemeinde, wie Regine Günzel betont.

Konventsaal ist das Herzstück

Und es gibt noch einen Herzenswunsch der Binsdorfer Katholiken: die Restaurierung des Konventsaales, der von der Kirchengemeinde unter dem Namen Markusheim als beliebte Versammlungsstätte genutzt wurde. Auch jetzt noch trifft sich der Kirchengemeinderat zu seinen Sitzungen in dem prächtigen Saal, in dem seit 2021 auch die Handwerker ihre Vesperpause einlegen. „Das ist das Herzstück des Gebäudes“, schwärmt Isabel David. Dort soll auf alle Fälle wieder Leben einkehren, ob und wann saniert wird, hängt jedoch von den finanziellen Mitteln der Diözese Rottenburg-Stuttgart ab. Ende des Jahres möchte die Landschaftsarchitektin im Konventsaal eine Seminarreihe abhalten. Sie sieht das Kloster als Lehr- und Lernort. Auch das Herz des Architekten schlägt für den Saal. „Wir werden versuchen, ihn nutzbar zu erhalten“, verspricht Raible.

Bauherren waren innovativ

Die Steinplatten im Erdgeschoss sind inzwischen wieder verlegt und begehbar. Früher gab es im Kloster eine Brunnenstube. Mit Unterstützung der Stadt Geislingen wurde der historische Brunnen im ehemaligen Waschhaus im Keller wieder an diese angeschlossen. „Der Brunnen funktioniert jetzt nach historischem Vorbild und speist den Springbrunnen im Garten“, freut sich David. Der Trog wird noch restauriert. „Dann ist der Raum wieder erlebbar“, ist die Planerin überzeugt.

Die Sanierung hat auch ans Licht gebracht, dass die einstigen Bauherren sehr innovativ waren. Ein Beispiel ist der Brunnen, der ans Frischwassernetz angeschlossen war. Ein weiteres, die Abortanlage im Erker, die über alle Stockwerke geht und mit Spülung funktionierte.

Fotostrecke
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Ein Rundgang durch die Klosterbaustelle.

© Rosalinde Conzelmann

Ein Rundgang durch die Klosterbaustelle.

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Ein Rundgang durch die Klosterbaustelle.

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Ein Rundgang durch die Klosterbaustelle.

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Im Obergeschoss, wo im Kloster die Zellen der Ordensschwester untergebracht waren, hatte die Kirchengemeinde die Pfarrer- und eine vermietete Wohnung. Dort gibt es Bausünden, die nun zu Tage treten. Hier wurden verschiedene, schwer entsorgbare Baumaterialien eingesetzt und viel gepfuscht.

Ökologisch und nachhaltig

Alles muss raus. Die Restaurierer legen Wert auf eine ökologische, nachhaltige und regionale Bauweise und richten sich dabei nach dem Vorgehen der Denkmalpflege. Es werden nur defekte Teile ausgetauscht; alles was repariert werden kann, wird repariert, erläutert Ralf Schneider. So werden beispielsweise für den Aufbau der Decken Lehmwickel verbaut. Und als Putz wird Stückkalkmörtel verwendet.

Ob es Ende 2025, wenn der Garten und der Provinzialbereich fertig sein werden, auch für das Obergeschoss weitergehen wird, hängt, wie gesagt, davon ab, ob die Kirchengemeinde eine zukunftsträchtiges Nutzungskonzept präsentieren kann. Sicher ist aber, dass das Gebäude nach dem Abschluss aller Fassadenarbeiten von außen ein strahlendes Wahrzeichen für Binsdorf sein wird. Architekt Timo Raible weiß um den Schatz, den er restaurieren darf: „Es ist eines der letzten erhaltenen Terziarinnenkloster.“

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