Geislingen

Ortschronik und Fasnet sind seine Steckenpferde: Paul Held schrieb in Binsdorf Geschichte

15.03.2024

Von Claudia Renz

Ortschronik und Fasnet sind seine Steckenpferde: Paul Held schrieb in Binsdorf Geschichte

© Claudia Renz

Paul Held wird nun kürzer treten, nachdem er 52 Jahre lang die Ortschronik verfasst und sich im Vereinsleben eingebracht hat.

52 Jahre sammelte Paul Held akribisch alles, was die kommunale Archivlandschaft von Binsdorf hergegeben hat. Ziel seines Handelns war es, für ein halbes Jahrhundert die Chronik seines Heimatortes zu führen. In der letzten Ortschaftsratssitzung überreichte er sein letztes Buch, das der gelernte Buchbinder selbst angefertigt hat, an Ortsvorsteher Dr. Hans-Jürgen Weger. Wir haben den heimatverbundenen, engagierten 88-jährigen Maskenschnitzer und Fasnetsliebhaber besucht.

Der gebürtige Geislinger, der seit 1960 in Binsdorf lebt, und 65 Jahre mit seiner Frau Gertrud verheiratet war, hat viel in Binsdorf bewegt. Schon als junger Kerl war Bergwandern seine große Leidenschaft und er schwärmt heute noch von den Bergtouren, die er gemeinsam mit seiner Frau mit dem Geislinger Albverein unternommen hat. 1972 hob er deshalb in Binsdorf den Albverein aus der Taufe und seit diesem Jahr hält er nicht nur die Ereignisse in seinem Wanderverein, sondern gleich von der ganzen Ortschaft schriftlich fest.

Er hat sich gern die Zeit genommen

„Ich habe es sehr gerne gemacht und die Zeit dafür gerne geopfert“, beschreibt der 88-Jährige sein Ehrenamt mit etwas Wehmut. „Meine Augen machen nicht mehr mit und die Kräfte auch“, beklagt Paul Held seine Situation. Und dennoch lässt sich der Senior nicht unterkriegen und macht noch vieles im Haushalt selbst.

Froh darüber dass sein Sohn nebenan lebt und immer für den Vater da ist, ist es dennoch die Einsamkeit, die seit dem Tod seiner Frau an dem Rentner zehrt. Doch die Erinnerungen an schöne Zeiten sind sein Lebenselixier.

Ortschronik und Fasnet sind seine Steckenpferde: Paul Held schrieb in Binsdorf Geschichte

© Claudia Renz

Ahnenforschung ist ein weiteres Steckenpferd des 88-Jährigen.

Für den Familienstammbaum, der bis 1595 zurückführt und einen Ehrenplatz im Wohnzimmer des Einfamilienhauses schmückt, war das Ehepaar Held viel im Oberland unterwegs. Viele Rathäuser um Ulm und Laupheim haben sie abgeklappert und wenn da keine Informationen zu finden waren, wandte sich Held an die Pfarrämter und durfte in den Kirchenbüchern stöbern.

Verschiedene Schriftformen erschwerten die Lesbarkeit der alten Aufschriebe und besonders die Sütterlinschrift, eine Form der Kurrentschrift, war eine Hürde, die sich der Ahnenforscher in Kursen und mit viel Übung aneignete. Über die Jahre hinweg wurden die Lücken im Familienstammbaum gefüllt und ein eigenes Familienwappen, das ihm 1870 in die Hände fiel, krönte das Werk.

Kirchenchronik auch übersetzt

Als man Paul Held fragte, ob er die Kirchenchronik von 1919 bis 1955 übersetzen würde, die zum Großteil in Sütterlin verfasst war, sagte er nicht nein und war unzählige Stunden beschäftigt, um die Kirchenchronik, die heute im Archiv der Diözese Rottenburg aufbewahrt wird, zu verfassen.

Mehr als zehn Jahre engagierte sich der Binsdorfer im Ortschaftsrat und im Geislinger Gemeinderat und richtete vor einigen Jahren gemeinsam mit Horst Berner im Rathaus ein Heimatmuseum ein.

Binsdorfs Geschichte interessiert ihn

Die Geschichte von Binsdorf interessiert Held seit er vor 64 Jahren von Geislingen in die Nachbargemeinde übersiedelte. Er recherchierte, dass es in Binsdorf schon lange vor der Gründung der Narrenzunft im Jahr 1984, die durch seine Initiative entstand, eine Fasnet im Ort gab. Die Narrenzunft, die heute von Helds Patenkind geführt wird, liegt ihm bis heute am Herzen. Zum Jubiläumsfoto schlüpfte der Ehrenvorstand nochmal in sein Holzhutzel-Kleidle. Die Holzhutzel entwarf er 1982, bemalte im Laufe der Jahre 80 KLeidle und schnitzte obendrein die Masken dazu.

Die Zeitungslektüre ist ihm wichtig

Die Geselligkeit und das Singen im Männergesangverein Binsdorf und in den „Zollernland Chören“ genoss der Rentner noch bis vor kurzem. Zwar ist die aktive Zeit in seinen geliebten Vereinen vorbei, doch Paul Held genießt die Einkehr nach den Wanderungen im Albverein oder stattet den Sängern einen Besuch nach der Chorprobe ab. „Alt werden ist kein Zuckerschlecken“, sagt der Binsdorfer. Und dennoch ist der geistig fitte Rentner froh, dass er noch vieles in Eigenregie stemmen kann. Und jeden Morgen freut er sich auf die Lektüre seines ZOLLERN-ALB-KURIERS, den er ganz ausführlich liest.

Die Geschichten von Binsdorf und alles was im Kreis oder darüber hinaus passiert, bereichern den Alltag von Paul Held. Über ein halbes Jahrhundert hat Paul Held nicht nur die Chronik seines Heimatorts mit großer Leidenschaft geführt, sondern selbst auf so vielfältige Art und Weise, Geschichte in Binsdorf geschrieben.

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