Zollernalbkreis

Zollernalbkreis gestaltet seinen Nahverkehr neu: Was genau geplant ist, worauf es ankommt

10.07.2020

Von Pascal Tonnemacher

Zollernalbkreis gestaltet seinen Nahverkehr neu: Was genau geplant ist, worauf es ankommt

© Landratsamt

Verkehrsamtsleiter Hardy Losekamm (links) zu Gast bei Landrat Günther-Martin Paulis Online-Bürgerdialog zum Thema Mobilität im Zollernalbkreis.

Verbesserte Verbindungen, auch in die Nachbarlandkreise, und moderne Bushaltestellen sollen den Nahverkehr attraktiver machen. Verkehrsamtsleiter Hardy Losekamm und Landrat Günther-Martin Pauli sprachen beim 12. Online-Bürgerdialog live auf Facebook über Wünsche und Machbares in Sachen Mobilität im Zollernalbkreis.

Als ergraut hat Landrat Günther-Martin Pauli den 22 Jahre alten Nahverkehrsplan des Zollernalbkreises bei seinem 12. Online-Bürgerdialog am Donnerstag bezeichnet. Und da nicht alles im Alter besser wird, soll bis zum nächsten Jahr ein „komplett neuer“ her.

Um Bürger transparent teilhaben und mitbestimmen zu lassen, waren 20 Bürgerdialoge zum Thema Mobilität im ganzen Zollernalbkreis geplant, doch Corona machte nach einem Viertel einen Strich durch die Rechnung. Dass das Thema zwar ein Dauerbrenner, aber nicht unbedingt sexy ist, zeigte die zumeist sehr verhaltene Resonanz bei diesen Veranstaltungen.

Anspruchsdenken versus Geldbeutel

Dazu kommt: Das Anspruchsdenken beim Thema Mobilität und Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) ist groß, so Pauli. Im ländlichen Raum koste er aber viel Geld, Ideen müssen finanzierbar sein. Ein Puzzleteil ist dabei der Landeszuschuss, der laut Pauli von 2,6 auf 3,7 Millionen Euro jährlich steige. „Das Geld wird nicht ausreichen, um alle Ideen umzusetzen, aber wir strengen uns an“, sagte Pauli.

Deshalb: Mitbestimmung ja, grenzenloses Wunschkonzert nein. Werden neu geschaffene Angebote nicht genutzt, werden sie in der Folge wieder eingestampft.

Werbung für mehr ÖPNV-Nutzung

Deshalb werben Pauli und Hardy Losekamm, Verkehrsamtsleiter beim Landratsamt, nicht nur für den neuen Nahverkehrsplan an sich, sondern auch dafür, den ÖPNV auszuprobieren und zu nutzen. Auch wenn das eigene Verhalten dafür angepasst werden müsse. Klar ist ihnen aber auch, dass beispielsweise Pendeln mit dem Bus attraktiver werden muss.

Was genau geplant ist

Doch wie genau soll das Angebot überhaupt aussehen? Im westlichen Teil des Landkreises habe man die Linien in fünf Bündel eingeteilt, im Osten gebe es noch längerfristige Verträge, sagte Losekamm.

Die Hauptverkehrsachsen sollen intensiver miteinander verknüpft werden. Zwischen den Zentren strebe man einen Stundentakt, in der Fläche einen Zweistundentakt an. Der Schülerverkehr bleibe jedoch das Rückgrat, auf dem alles aufbaue.

Trotzdem sollen insbesondere Pendler noch mehr angesprochen werden und so günstig und pünktlich zur Arbeit kommen können. Ansonsten setze man auch auf Rufbusse und verbesserte Verbindungen – auch in den Abendstunden und am Wochenende. Zwischen Balingen und Rosenfeld soll ein Halbstundentakt künftig insbesondere Arbeitnehmer ansprechen.

Verbindung mit Rad- und Schienenverkehr

Wichtig sei auch, den Busverkehr mit dem Rad- und dem Schienenverkehr zu verknüpfen. So optimiere man das Radwegenetz im Landkreis und schließe weiter Lücken. Zudem sei man im Dialog mit anderen Landkreisen und dem ADFC, einem Verkehrsclub für Fahrradfahrer, in Balingen.

Zudem sollen und müssen alle Bushaltestellen bis 2022 barrierefrei umgestaltet und auch modernisiert werden, so dass man sich dort wohlfühle und gerne warte. Der Landkreis fördere das. Wie modern das werden kann, könne „hoffentlich im Herbst“ beim Zentrum am Fürstengarten in Hechingen präsentiert werden.

Bushaltestellen sind großes Thema

An den neuen Bushaltestellen sollen zudem sichere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder und E-Bikes geschaffen werden. Nicht nur bei diesem Thema, auch auf das Thema WLAN an Bushaltestellen angesprochen, sagen die Verantwortlichen: Hier sind die Gemeinden als Bauherren der 778 Bushaltestellen im Landkreis (mit)gefragt und gefordert.

An den „wichtigen Haltestellen“, so Losekamm, soll es aber zumindest digitale Systeme mit Echtzeitdaten geben. WLAN in Bussen, davon geht Losekamm aus, werde sukzessive ausgebaut.

Wie kommt man in die Nachbarlandkreise?

Ein Problem derzeit: das Pendeln mit dem Bus, beispielsweise in den Landkreis Tuttlingen. Die Verbindung dorthin war zuletzt laut Losekamm „schwach nachgefragt“ und musste schlussendlich nahezu komplett abgeschafft werden. Man sei aber weiter auf der Suche nach einem akzeptablen Angebot.

Die Verknüpfung in die Nachbarlandkreise habe man generell im Blick, sagte Pauli. Mit dem Landkreis Tübingen sei man in guten Gesprächen um verbesserte Verbindungen anzubieten, auch in den Abendstunden und am Wochenende. Wie so etwas funktionieren kann, zeigt der Regiobus zwischen Meßstetten und Ebingen, der im Halbstundentakt fährt.

Streitpunkt Regionalbus

Eine Regionalbus Richtung Rottweil scheiterte zuletzt an den dortigen Gremien. Auch hier bleibe man dran. Und vor allem dort, wo es keine Bahnlinien gibt, aber die Bahnhöfe verbunden werden müssten, soll der Buspendelverkehr optimiert werden. Ein Beispiel: Balingen und Rottweil.

Reaktiviert werden könnten als mögliche Gewinner eines Landeswettbewerbs drei Zugstrecken im Landkreis: Hechingen – Haigerloch, Talgangbahn in Albstadt und Balingen – Schömberg. Die Gewinnerstrecken müssten aber entsprechend genutzt werden und sich lohnen. Eine Entscheidung falle Ende des Jahres.

Der nächste Bürgerdialog live auf Facebook findet am kommenden Dienstag, ab 17.30 Uhr statt. Das Thema: stolze Geschichte und regionaler Genuss.

Diesen Artikel teilen: