Balingen

Weiter kein Veranstaltungsverbot wegen Corona in Balingen: OB Reitemann erklärt Entscheidung

10.03.2020

Von Nicole Leukhardt

Weiter kein Veranstaltungsverbot wegen Corona in Balingen: OB Reitemann erklärt Entscheidung

© Pascal Tonnemacher

Ein sogenannter Vorfluter soll Corona-Verdachtsfälle in Balingen aufnehmen. Noch sieht die Stadt keine erhöhte Gefahr und spricht kein Versammlungsverbot aus.

„Sind wir mutig?“ wollte Marlies Kempka (SPD) in der Sitzung des Verwaltungsausschusses am Dienstagabend wissen. Mutig, weil die Stadt nach wie vor kein Versammlungsverbot ausspricht, trotz steigender Zahl der Corona-Infizierten.

„Wir sind nicht mutig“, antwortete Oberbürgermeister Helmut Reitemann auf die Frage, die unter dem Punkt Verschiedenes gestellt wurde. Und das mit Nachdruck: „Ich möchte da jetzt schon etwas von Ihnen hören“, hatte Marlies Kempka klargestellt. Mit Mut habe die Entscheidung der Verwaltung nichts zu tun. „Wir halten uns an die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts“, betonte der OB.

Balinger Sportlerehrung wird verschoben

Denn für eine Absage der Veranstaltungen in der Stadt fehle momentan jegliche Rechtsgrundlage. „Wenn es sich um keine rein städtischen Veranstaltungen handelt, können wir nur weitergeben, was die Fachleute empfehlen“, so Reitemann.

Die Sportlerehrung der Stadt hingegen werde verschoben. Nach deren Termin hatte bereits zuvor Grünen-Rätin Sevgi Turan-Rosteck gefragt. Neues Datum: 22. Juni – „voraussichtlich, wenn bis dahin wieder alles normal läuft“, wie der OB einräumte.

Stadt rechnet mit Schadensersatzansprüchen bei Absagen

Was die Durchführung privater oder kommerzieller Veranstaltungen angehe, gebe man die Empfehlung an die Verantwortlichen weiter. „Die vordringlichste Aufgabe des Gesundheitsamtes ist, es, die Kontaktpersonen eines möglicherweise Infizierten zu finden“, erklärte Reitemann.

Dies habe man bei der Premiere von Orpheus in der Stadthalle mithilfe von Zetteln auf den Plätzen gelöst. „Die Besucher hatten großes Verständnis dafür und die Aktion ist sehr gut angenommen worden“, zog er Bilanz. Nicht zuletzt müsse man auch bedenken, dass bei einer Absage seitens der Stadt Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden könnten.

Übertrieben oder vorsichtig?

Dennoch wisse er, dass die Handhabung dieser Empfehlung unterschiedlich gesehen wird. „Ich hatte ein Gespräch mit Vertretern des Städte-, des Gemeinde- und des Landkreistags, manche machen es genau so wie wir, manche halten das für völlig übertrieben“, so Reitemann.

Auch der Hauptgeschäftsführer des Landkreistags, Alexis von Komorowski, äußerte laut „Stuttgarter Zeitung“ Kritik an einem möglichen Veranstaltungsverbot. Die Übertragung von Corona lasse sich auch durch einen „Überbietungswettbewerb von Einschränkungen“ kaum aufhalten, so Komorowski.

Denn nun will auch Baden-Württemberg Veranstaltungen mit über 1000 Menschen wegen des Coronavirus untersagen. Eine verpflichtende Verordnung auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes soll kommen, kündigte Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) am Dienstag in Stuttgart an. Von dieser dann auch für die Kommunen verbindlichen Leitlinie sind vor allem Sport- und Kulturveranstaltungen wie auch Messen betroffen.

Die Messe am Wochenende wäre betroffen

In Balingen könnte es die Messe Neckar-Alb-Regenerativ treffen, die am Wochenende in der Volksbankmesse stattfindet. Die Veranstalter werben auf der eigenen Internetseite mit mehr als viertausend Besuchern an den beiden Tagen.

„Wenn ein Verbot von oben kommt, sieht die Sache natürlich anders aus“, urteilte OB Reitemann. Doch bis Dienstagabend jedenfalls waren sich Stadt und Veranstalter einig, an der Durchführung der Messe festhalten zu wollen.

Schützenhilfe bekam Helmut Reitemann von FDP-Rat Dr. Dietmar Foth. „Ich halte das behutsame Vorgehen der Verwaltung für richtig, wenn man bedenkt, dass die Disko, dass Züge, Busse und Bäder trotzdem voll sind.“

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