Meßstetten

Upcycling mal anders: Architektenwettbewerb soll Meßstetter Wasserturm neues Leben einhauchen

19.03.2024

Von Jelena Marjanov

Upcycling mal anders: Architektenwettbewerb soll Meßstetter Wasserturm neues Leben einhauchen

© Jelena Marjanov

Der Wasserturm in Meßstetten. In dem Betonring im oberen Teil des Bauwerks befindet sich der marode Wasserbehälter.

Seit Mitte der 1960er-Jahre prägt der Wasserturm das Meßstetter Stadtbild. Mit Inbetriebnahme der neuen Druckerhöhungsanlage „Rauher Bühl“ im Laufe des Jahres 2021 hat der Turm seine Aufgabe für die Wasserversorgung verloren. Auch als Aussichtsplattform, die an schönen Tagen einen Blick auf die Alpen ermöglicht, hat er längst ausgedient. Doch jetzt die Kehrtwende. Ein Architektenwettbewerb soll aus dem Turm zumindest (wieder) ein Touristen-Highlight machen. Davor müsste ihn die Stadt aber noch kaufen.

Schon bei der Bürgerbeteiligung zum Stadtentwicklungskonzept „Agenda Meßstetten 2030“, das Ende 2017 im Gemeinderat beschlossen wurde, war klar: Der Wasserturm ist den Meßstettern wichtig und als Wahrzeichen anerkannt. Damals wurde er als Leitprojekt in die Agenda aufgenommen. Mit dem Ziel, ihn zu kaufen und ein Konzept zur Sanierung und Umnutzung für den Tourismus zu erstellen.

Sanierung und Rückbau könnten teuer werden

Im Juni 2021 hatte sich schließlich eine Arbeitsgruppe aus Mitgliedern des Gemeinderats gebildet, die sich eine Nachnutzung des Turms zur Aufgabe gemacht hat. Es folgte ein betontechnisches Gutachten und eine grobe Kostenschätzung für die Instandsetzung des gut 30 Meter hohen Turms.

Das Ergebnis: Allein die Sanierung der damals bereits vorhandenen Schäden und der Rückbau des Wasserbehälters hätten unterm Strich rund 1,2 Millionen Euro gekostet – Stand Mai 2023. Hätte man ihn für die Öffentlichkeit zugänglich machen wollen, wären vermutlich spürbare Folgekosten hinzugekommen.

Um herauszufinden, was sich die Meßstetter konkret wünschen, hatte die Arbeitsgruppe Wasserturm von Juli bis August 2023 eine Bürgerbefragung durchgeführt. Deren Ergebnis hat AG-Sprecherin Heike Sieber (Freie Wählervereinigung) kürzlich dem Technischen Ausschuss vorgestellt.

Aussichtsturm, Café oder doch Trauzimmer?

Insgesamt seien 66 Antworten zurückgekommen, 51 davon haben sich für eine Sanierung/Umnutzung des Turms ausgesprochen. 13 bevorzugen einen Abbruch. Die meisten derjenigen, die sich Pro Wasserturm ausgesprochen haben, wollen ihn als Aussichtsturm erhalten. Einige können sich dort eine Kletterwand, eine Rutsche, ein Café oder ein Restaurant vorstellen. Wieder andere sehen im Wasserturm ein Museum, ein Trauzimmer oder gar ein Hotel. Damit ist für die Arbeitsgruppe klar: Der Aussichtsturm hat oberste Priorität, so Heike Sieber. „Und die touristische Nutzung ist ganz wichtig“, betont sie.

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Da das betontechnische Gutachten damals ergab, dass es schwierig ist, den oberen Teil des Turms – in dem sich auch der Wasserbehälter befindet – zu sanieren, schlägt die AG einen Teilabbruch vor. „Der Wasserbehälter und die Plattform sollen abgebrochen und der untere Teil erhalten werden“, erklärt die Sprecherin. Letzterer könne laut dem Gutachten nämlich saniert werden. Die Statik gibt das her. „Das haben wir bereits mit der Baurechtsbehörde abgeklärt“, so Sieber in ihrem Vortrag.

Auf der „alten Basis“ soll dann etwas Neues entstehen. Was genau, diese Antwort soll ein Architektenwettbewerb bringen. „Wir möchten auch einen Förderverein gründen“, erläutert Sieber. „Einfach, um der ganzen Sache die entsprechende Wichtigkeit beizumessen.“ Und die Eigentumsverhältnisse müssten geklärt werden. Denn noch gehört der Turm dem Zweckverband Wasserversorgung Hohenberggruppe. Deren Vorsitzender ist Meßstettens Bürgermeister Frank Schroft.

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Der Meßstetter Wasserturm wurde 1966 gebaut. Er ist rund 30 Meter hoch und gehört dem Zweckverband Wasserversorgung Hohenberggruppe. Ursprünglich diente er zur Druckerhöhung in der Wasserversorgung.

In der Arbeitsgruppe Wasserturm sind alle Gemeinderatsfraktionen vertreten. Die Mitglieder der AG sind folgende: Heike Sieber als Sprecherin und Matthias Schwarz (beide Freie Wählervereinigung), Ernst Berger und Jochen Wienke (beide CDU), Alfred Sauter (Bürgerliste) sowie Rebekka Robnig (Frauenliste).

Einen Interessenskonflikt stellt das allerdings nicht dar, wie Meßstettens Pressesprecher Volker Bitzer auf ZAK-Nachfrage erklärt. „Die politischen Entscheidungsträger sind die zuständigen Gremien der Hohenberggruppe einerseits sowie der Meßstetter Gemeinderat andererseits. Nicht Herr Schroft als Verbandsvorsitzender oder Bürgermeister“, heißt es.

Gemeinderat kann Abriss nicht einfach beschließen

Trotzdem könne der Meßstetter Gemeinderat nicht einfach entscheiden, ob das Bauwerk abgerissen werden soll. Das ginge erst, wenn es tatsächlich im Eigentum der Stadt ist. Und die hat bisher noch nicht zugeschlagen. Im Jahr 2021 gab es bereits die Möglichkeit dazu, als der Verwaltungsrat der Hohenberggruppe den Verkauf an die Stadt zu einem Euro beschlossen hatte, wie es Bürgermeister Frank Schroft damals unserer Zeitung bestätigte.

Sollte die Stadt ihn aber jetzt kaufen wollen, müsse „der Verwaltungsrat der Hohenberggruppe, unabhängig von ursprünglich Besprochenem, immer nochmal ein finales OK geben“, so der Pressesprecher. Sollte der Kauf irgendwann spruchreif werden, müsse der Preis mit den Gremien der Hohenberggruppe verhandelt werden. „Ob es dann einen symbolischen 1-Euro-Preis gibt, wird sich zeigen.“

Wann es so weit ist, lasse sich derzeit nicht beantworten. „Den Auftrag zu einem Kauf gibt der Gemeinderat“, erklärt Bitzer. Und bevor kein konkretes Nutzungskonzept vorliegt, werde auch nicht über einen Kauf nachgedacht. Übrigens: Die Frage, wer die Abrisskosten trägt, stelle sich laut Pressesprecher auch erst dann, wenn die Eigentumsverhältnisse geklärt sind.

Fotostrecke
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Im gesamten Wasserturm sieht man noch Spuren von den Untersuchungen zum betontechnischen Gutachten.

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Der Rost am Geländer zeigt bereits, dass im Wasserturm Feuchtigkeit herrscht.

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Und auch auf dem Boden des Treppenhauses steht teilweise das Wasser.

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Die Isolierung des Wasserbehälters weist Schadbelastung auf.

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Auch aus der Decke wurden damals Proben genommen.

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An schönen Tagen hatte man vom Wasserturm aus Ausblick auf die Alpen. Sogar ein Albstone hat es auf die Aussichtsplattform geschafft.

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Moos bildet sich bereits im inneren des Turms.

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150 Kubikmeter fasste der Wasserbehälter des Turms. Bis vor ein paar Jahren war die Aussichtsplattform auch für die Öffentlichkeit zugänglich.

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Zurück zu Heike Siebers Vortrag: Sollte beim Architektenwettbewerb eine gute Idee zustande kommen, müsste die Verwaltung die entsprechenden Kosten dafür ermitteln. „Aber wir sind alle schwäbisch veranlagt, deswegen wollen wir bodenständig bleiben“, so Sieber. „Die Kosten sollen nicht ausarten.“

„Bodenständig, schwäbisch, gut“ ist die Devise

Wenn es nach Bürgermeister Frank Schroft geht, hätte die Beteiligung der Bürger höher ausfallen können, wie er nach Siebers Vortrag festhält. Doch es lasse sich ein Trend ablesen. Da man den Architekten nichts vorwegnehmen wolle, seien die Ideen der AG noch unter Verschluss, sagt er. Klar ist: Man will die Silhouette des Turms erhalten. Mit der Idee „bodenständig, schwäbisch, gut“ könne er sich ebenfalls identifizieren.

Bezüglich der Kosten sprach der Schultes das Tourismusinfrastrukturprogramm des Landes an. Man müsse schauen, ob es möglich ist, den Antrag dafür bis Oktober stellen zu können oder, ob man die nächste Förderperiode abwarten wolle. In jedem Fall sollte man Unterstützungsmöglichkeiten ausschöpfen, so der Bürgermeister. Nach den Kommunalwahlen werde das Vorhaben aber sicher mit einem neuen Gremium priorisiert.

Jürgen Clesle (Freie Wählervereinigung) kann sich eine Erhaltung mit einem Teilabbruch schwer vorstellen. „Da bleibt nicht viel übrig, wenn der Behälter weg ist.“ Seiner Meinung nach solle man erst die Ideen abwarten und dann entscheiden. „Denn es wird nicht billig“, ist sich Clesle sicher.

Notstromanlage müsste noch eingebaut werden

Richard Götz (Freie Wählervereinigung) fragt sich, ob der Behälter tatsächlich so marode sei, dass man ihn abbrechen müsse. Und: „Was ist bei Stromausfall? Gibt es eine Notstromanlage?“ Laut Stadtbauamtsleiter Claus Fecker sei der Behälter komplett kaputt. Außerdem sei in der Isolierung des Betonrings belastetes Material gefunden worden. Würde man den Turm komplett erhalten wollen, müsste man das belastete Material und den Behälter von innen heraus abbrechen und nach oben heraustransportieren. Eine Notstromanlage sei mit Schwerpunkt für die aktuelle Druckerhöhungsanlage geplant.

Schlussendlich beauftragte das Gremium einstimmig die Stadt damit, einen Architektenwettbewerb vorzubereiten und zur Entscheidung vorzulegen. Darin sollen auch die entsprechenden Rahmenbedingungen festgehalten sein.

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