Sigmaringen

Unzufriedenheit steigt: Sigmaringer Bürgermeister drängt weiter auf Verkleinerung der LEA

08.07.2023

von Patrick Laabs

Unzufriedenheit steigt: Sigmaringer Bürgermeister drängt weiter auf Verkleinerung der LEA

© Stadt/Michael Hescheler

Bürgermeister Marcus Ehm lässt nicht locker: „Die LEA muss verkleinert werden“, sagt er. Eine Bürgerinitiative macht derweil Stimmung gegen Flüchtlinge.

In Sigmaringen regt sich Widerstand gegen die hohe Auslastung der LEA. Eine Bürgerinitiative sammelt Stimmen ein. Und auch der Staatsschutz war schon beteiligt. Was Bürgermeister Marcus Ehm dazu sagt.

In der Landeserstaufnahmestelle in Sigmaringen (LEA) leben aktuell rund 1400 Flüchtlinge. Eine Bürgerinitiative mit dem Titel „Für einen sicheren und lebenswerten Kreis Sigmaringen“ hat sich gegründet, die auf Namenslisten Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen Situation einsammeln will. Bürgermeister Marcus Ehm erneuert derweil seine Forderungen an das Land Baden–Württemberg nach einer „deutlichen Verkleinerung der LEA“.

Ehepaar mache sich Sorgen

Bereits Mitte Mai waren die Organisatoren der Bürgerinitiative — ein Ehepaar aus einem Sigmaringer Stadtteil (Namen sind der Redaktion bekannt) — bei Ehm vorstellig geworden, um ihn von den Plänen zu unterrichten, eine Namensliste an Menschen zu füllen, die sich ebenfalls große Sorgen wegen der vielen Flüchtlinge in der Stadt machen.

„Die Straftaten krimineller Migranten nehmen immer mehr zu und wir wollen nicht mehr tatenlos zusehen und warten, bis auch unsere Kinder oder wir selbst zum Opfer werden“, schreiben die Initiatoren in ihrem Flyer, den sie seit Mai im Sigmaringer Stadtgebiet, aber beispielsweise auch in Mengen, verteilt haben.

Symbol ist nicht zu beanstanden

Versehen ist der Flyer mit einem Symbol, das die örtliche Polizei bereits im Mai zur Abklärung an die Staatsschutz–Abteilung in Friedrichshafen weitergeleitet hatte. Die dortige Prüfung hatte ergeben, dass das Symbol „strafrechtlich nicht zu beanstanden“ sei, wie Polizeisprecherin Daniela Baier auf Nachfrage mitteilt.

Laut Ehm hätten die beiden Begründer der Bürgerinitiative ihm gegenüber von konkreten Übergriffen von Flüchtlingen auf Sigmaringer Bürger berichtet.

„Diese Sorgen habe ich ernst genommen“, sagt der Bürgermeister, weshalb er auch angeboten habe, als Mittler zu fungieren — „für den Fall, dass das Ehepaar auf weitere Menschen stößt, denen Unrecht widerfahren ist, die sich dann aber nicht trauen, Kontakt zur Polizei aufzunehmen“, sagt er. Diese Aufgabe würde er dann übernehmen. Bislang habe er diesbezüglich aber nichts mehr von der Bürgerinitiative gehört.

Bürgermeister gegen Aufpeitschung

Den Sigmaringer Bürgermeister treibt die LEA–Thematik bekanntlich selbst um. Ob eine solche Bürgerinitiative allerdings das richtige Mittel sei, etwas an der Situation zu verändern, bezweifelt er: „Viele Menschen nehmen zu dem Flyer kritisch Stellung“, weiß er. Grundsätzlich befürchte er gewisse Tendenzen zur „Aufpeitschung“, die gerade deutschlandweit zu erkennen seien.

Aber: Einen gewissen Effekt könne ein solcher Flyer, eine solche Bürgerinitiative durchaus auslösen, glaubt er: „Unsere gewählten Volksvertreter müssen eine anständige Politik machen. Jetzt stehen viele Wahlen an.“

Wie viele Flüchtlinge verträgt Sigmaringen?

Wie eine solche, anständige Politik aussehen könne, da hat er auf Sigmaringen bezogen klare Vorstellungen: „Eine Stadt wie Sigmaringen mit ihren 13.000 Einwohnern in der Kernstadt braucht ein gesundes Verhältnis zwischen Migranten und Einheimischen“, sagt er. Doch wie viele Flüchtlinge kann Sigmaringen vertragen?

„Aus meiner Sicht wären 500 bis 600 Menschen eine komfortable Größe“, sagt er — auch und gerade für die Mitarbeiter in der LEA selbst. Das Regierungspräsidium Tübingen müsse sich also verstärkt nach weiteren LEA–Standorten im Regierungsbezirk umsehen. Aktuell gibt es hier nur den Standort Sigmaringen. „Wir bräuchten aber fünf, besser noch zehn Standorte“, sagt Ehm.

Auch an die beiden Landtagsabgeordneten für den Landkreis Sigmaringen, Klaus Burger (CDU) und Andrea Bogner–Unden (Grüne), geht sein Appell: „Im Landtag muss ein Antrag gestellt werden, die LEA zu verkleinern“, fordert er. Im Juli noch erwarte er zudem die Justizministerin Marion Gentges (CDU) zu Gesprächen in Sigmaringen: „Die weiß auch genau, was ich will. Ich bleibe da unangenehm“, sagt er.

Bürgerinitiative schweigt auf Anfrage

Aus Reihen der Bürgerinitiative möchte sich weiterhin niemand mit der Redaktion der Schwäbischen Zeitung unterhalten. Man wolle sich erst einmal weiter mit dem Verteilen der Flyer beschäftigen, heißt es auf Nachfrage.

Einer, der seit acht Jahren als Ausländer in Deutschland lebt, ist der Togolese Kossi Themanou. Der selbstständige Filmemacher hatte den Flyer der Bürgerinitiative im Briefkasten seiner Mengener Wohnung — und war „schockiert“. Gegen Migranten zu hetzen, sei „unglaublich“, denn lange nicht jeder Migrant sei „illegal in Deutschland“.

Togolese will Podiumsgespräch

Er hatte Kontakt mit der Sprecherin der Bürgerinitiative, und will sie zu einem öffentlichen Podiumsgespräch einladen. „Dann mieten wir einen Raum in der Stadt und sie soll mal darlegen, welche Probleme sie sieht und welche Ziele sie hat“, sagt er. Auch eine Demonstration in der Stadt wolle er planen.

Die Ausländer würden den „Hass der Menschen spüren“, der von einer solchen Bewegung ausgehe: „Ich will nicht, dass hier irgendwann eine Bombe platzt und wir Verhältnisse wie in Marseille oder Paris haben“, sagt Themanou. Der Togolese fühle sich eigentlich sehr wohl in Deutschland und spricht von der „besten Demokratie der Welt“, doch auch diese Demokratie müsse beschützt werden.

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