Balingen

Unterbringung der Geflüchteten im Zollernalbkreis: Viel mehr helfende Hände als vor Jahresfrist

05.02.2024

Von Klaus Irion

Unterbringung der Geflüchteten im Zollernalbkreis: Viel mehr helfende Hände als vor Jahresfrist

© Klaus Irion

Im ehemaligen Staatlichen Vermessungsamt in der Balinger Charlottenstraße gehen die Umbaumaßnahmen zu einer Geflüchtetenunterkunft weiter.

Bauernproteste und Demonstrationen gegen Rechtsradikalismus haben auch im Zollernalbkreis das Dauerthema Unterbringung von Geflüchteten in der öffentlichen Wahrnehmung etwas in den Hintergrund gerückt. Dabei gehen Planung und Umsetzung unvermindert weiter, wie der aktuelle Bericht der Landkreisverwaltung zeigt.

Die alte Heizung läuft wieder, die Umbauarbeiten schreiten voran, das Land erlässt dem Landkreis zumindest für dieses Jahr die Miete. Die Unterbringung von 40 Geflüchteten im Erdgeschoss des früheren Staatlichen Vermessungsamts in der Balinger Charlottenstraße soll, wie geplant, Ende Februar beginnen.

Die Heizung läuft wieder

Von außen sieht das große Gebäude an der Ecke Charlottenstraße/Bismarckstraße unverändert aus. Noch deutet auf den ersten Blick nichts darauf hin, dass schon in wenigen Wochen bis zu 40 Geflüchtete ins ehemalige Staatliche Vermessungsamt, das davor auch schon die Druckerei des Verlagshauses Hermann Daniel beheimatet hatte, einziehen werden.

Das verwundert aber auch nicht. Musste doch zuletzt erst noch geklärt werden, ob die alte Heizungsanlage in dem lange Jahre schon leerstehenden Gebäude wieder in Gang gebracht werden könnte. „Dies ist uns aber nun gelungen“, verkündete der Landrat am Montagabend in der Sitzung des Finanz- und Verwaltungsausschusses des Kreistags. So dass der anvisierte Zeitplan eingehalten werden könne.

Fürs Jahr 2024 will das Land keine Miete

Vor etwas über zwei Wochen hatte die Kreisverwaltung die Mitte Dezember informierten direkten Anwohner zu einem Infoabend eingeladen, bei dem die Emotionen teilweise hochgekocht waren. Pauli hatte seinerzeit Verständnis für die Sorgen und Ängste geäußert, aber letztlich auf die Notsituation der eigenen Behörde bei der Pflichtaufgabe, geflüchtete Menschen unterzubringen, verwiesen. In der Sitzung am Montag wiederholte er nun noch einmal seine damalige Zusage, alles dafür zu tun, dass die Belegung des Gebäudes in der Charlottenstraße in der auf 3 Jahre begrenzten Umnutzung „so sorgsam, kreativ und verantwortungsbewusst wie irgend möglich“ vonstatten gehen werde.

Apropos 3 Jahre: „Im Landeshaushalt wurde festgehalten, dass der Landkreis das Gebäude im Jahr 2024 mietfrei nutzen kann, und wir hoffen, dass dies dann auch in den Jahren 2025 und 2026 so sein wird“, so Pauli. Die Investitionskosten werden auf rund 100.000 Euro veranschlagt. „Womit auch klar sein dürfte, dass wir bei der Flüchtlingsunterbringung kein Geld zum Fenster hinauswerfen, wie gern auf Social-Media-Kanälen kolportiert wird“, erklärte der Sozialdezernent des Landkreises, Georg Link.

„Last auf viele Schultern verteilt“

Die Kreisverwaltung, die für die vorübergehende Unterbringung verantwortlich zeichnet, ist laut Landrat Günther-Martin Pauli froh, „dass wir inzwischen an über 20 Standorten im gesamten Zollernalbkreis Geflüchtetenunterkünfte schaffen konnten“. Das sei doch eine große logistische Aufgabe. Ende 2022 waren es noch weniger als die Hälfte. Dies zeige aber auch, dass inzwischen sehr viel mehr helfende Hände bereit seien, diese Aufgabe zu bewältigen.

Albstadts Oberbürgermeister Roland Tralmer zeigte sich stellvertretend für die CDU-Fraktion im Kreistag erfreut, „dass es uns gelungen ist, die Last der Unterbringung nun auf viele Schultern zu verteilen“. „Dies zeigt, dass wir unserer Verpflichtung, die Geflüchteten menschenwürdig unterzubringen, nachkommen.“ Die Kritik an der Flüchtlingspolitik der Ampel und deren Folgen für die Kommunen sei gleichwohl ja schon ausreichend nach Berlin kommuniziert worden.

Mahnendes von Heiko Lebherz

Tralmers Fraktionskollege, Haigerlochs Bürgermeister Heiko Lebherz, wies dennoch zum wiederholten Mal in Kreistagsrunden darauf hin, „dass viele Städte und Gemeinden am Rande des Kollapses stehen“, was die Unterbringung und die weiteren Aufgaben, die damit verbunden sind, betrifft.

Wie aber sieht es denn aktuell im Zollernalbkreis aus? Derzeit kommen nach Angaben der Kreisverwaltung weniger Geflüchtete im Zollernalbkreis an, als dies im selben Zeitraum des Vorjahres der Fall gewesen sei. „Das ist aber auch nur eine Momentaufnahme“, so Sozialdezernent Link. Entgegen dem Bundestrend stammt die Mehrzahl der im Jahr 2023 im Zollernalbkreis vorläufig untergebrachten 523 Flüchtlinge aus der Türkei, nicht wie bundesweit hochgerechnet aus Syrien. Derzeit sind noch 497 Menschen vorläufig untergebracht, was einem Minus gemessen an der zu leistenden Unterbringungsquote von 145 entspricht. Fürs kommende Jahr rechnet man beim Landkreis mit bis zu 800 zugewiesenen Neuankömmlingen.

Wohlgemerkt, in dieser Zahl nicht enthalten sind die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Von ihnen leben, Stand Montag, 2761 im Zollernalbkreis, davon der Großteil in privatem Wohnraum. „Im Ankunftszentrum in Meßstetten sind es derzeit rund 300 Ukrainer, aufgeteilt auf 2 Gebäude“, so Link.

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