Großer Heuberg

„Unsexy“ Investitionen und ein jahrhundertealtes Abkommen: Winterlingen beschließt Haushaltsplan

01.02.2024

Von Janine Lehleiter

„Unsexy“ Investitionen und ein jahrhundertealtes Abkommen:
Winterlingen beschließt Haushaltsplan

© Janine Lehleiter

An der Grundschule Winterlingen muss das Flachdach saniert und die Heizung ausgetauscht werden.

Auch Winterlingen hat jüngst seinen Haushalt für das Jahr 2024 verabschiedet. Bis auf Kleinigkeiten herrschte Einigkeit im Gemeinderat, man könne damit leben. Doch in den kommenden Jahren könnten das schon anders aussehen.

„Das ist ein Haushalt, mit dem man leben kann. Aber man merkt, dass Einschränkungen nötig sind“, kommentierte Bürgermeister Michael Maier in der jüngsten Sitzung des Winterlinger Gemeinderats den Haushaltsplan für 2024.

Er habe mit seinem Team aber trotzdem nicht den Rotstift angesetzt und auch keine Steuern erhöht. Bevor der Bürgermeister den Plan dann Schritt für Schritt erläuterte, kamen die Vertreter der beiden Fraktionen zu Wort.

Zuerst sprach Rainer Pfersich für die „Liste Zukunft“. „In Winterlingen hat man, meiner Meinung nach, die letzten 15 Jahre mit Weitblick gehandelt“, so Rainer Pfersich. Man habe sinnvoll investiert, die Defizite existieren zwar, aber seien nicht so groß wie in den größten Städten im Landkreis.

Kritik an Baufahrzeugen

Kritik übte Rainer Pfersich jedoch am Fahrzeug für den Bauhof, für das schon im letzten Haushalt 250.000 Euro eingestellt worden seien und nun wieder. Das Bauamt habe sich bemüht, einen „Vorführ-Lkw“ zu bekommen. Wenn nun aber ein neues Fahrzeug plus Umbau nach Wünschen geordert werden solle, könne dieses erst Mitte oder Ende 2025 geliefert werden.

„Ich bin der Meinung, dass wir mit unseren Fahrzeugen oder Maschinen zu lange warten, um sie zu ersetzen“, bezog Rainer Pfersich Stellung. Eine frühere Reaktion bedeute auch das Ersparen von teuren Reparaturen und ein besserer Verkauf von Altfahrzeugen.

Relativ viele Baustellen

Alles in allem wolle Rainer Pfersich den Haushalt jedoch nicht schlechtreden, wies aber darauf hin: „Wir dürfen uns nicht blenden lassen vom positiven Stand der liquiden Mittel und [müssen] diese überlegt einsetzen. Es bleibt die nächsten Jahre spannend und die Gemeinde Winterlingen hat doch relativ viele Baustellen.“

Roland Heck übernahm anschließend für die Bürgerliste das Wort. Er sprach von einem „stimmigen Haushalt“, mit dem der Kurs der letzten Jahre konsequent fortgesetzt wird.

„Wichtig war und ist: Wir haben und werden nicht in Vorzeige- oder Prestigeprojekte investieren. Wir investieren da, wo es Sinn macht und notwendig ist, um diese Gemeinde weiterhin zukunftsfähig zu halten“, so Roland Heck. Dass die Gemeinde Winterlingen seit Jahren erstmals „an Rücklagen gehen“ müsse, sei für ihn kein Grund zur Panik, nur eine Mahnung, weitsichtig zu handeln.

Zustand wie in anderen Gemeinden soll verhindert werden

Dabei führte er beispielweise an: „Keine Frage: Investitionen in das Abwasser- und Kanalsystem sind nicht sexy. Aber sie sind enorm wichtig. Wer das vernachlässigt, der bekommt große Probleme. Dieser Tage war das nachzulesen in den Zeitungen“. Roland Heck spielte auf den desolaten Zustand der Kanalisation im Balinger Stadtteil Frommern an.

Bürgermeister Michael Maier widmete sich nachfolgend dem Ergebnishaushalt. Wie in vielen anderen Kommunen erhöhen sich aufgrund einer Tariferhöhung auch in Winterlingen die Personalkosten, nämlich um mehr als 430.000 Euro im Vergleich zum Haushaltsplan 2023.

Der Bürgermeister sei aber einmal „wunderfitzig“ gewesen und habe recherchiert: „Wir haben gleich viel Personal wie vor 14 Jahren.“ Und das, obwohl die Aufgaben immer mehr werden, die Bürokratie immer aufwendiger.

Es wurde kälter im Rathaus

Zum Thema Gebäudeunterhaltung und -bewirtschaftung hingegen konnten sogar geringere Beträge eingeplant werden als im vorigen Jahr, dafür stieg der Betrag für die energetischen Maßnahmen. „Manchmal merken wir im Rathaus den Energiemanager schmerzlich“, plauderte Michael Maier aus dem Nähkästchen und lachte darüber, dass es nun am Arbeitsplatz nicht mehr so kuschelig warm sei.

Die Beschäftigung von Luca Rückauf als Gebäude- und Energiemanager und die damit einhergehenden Umrüstungen seien jedoch sinnvoll. Das habe man spätestens im vergangenen Jahr bemerkt, als im Winterlinger Rathaus die Heizung ausfiel.

Der Bürgermeister habe dann selbst festgestellt, dass die Platzierung des Heizkörpers in seinem Büro – in der Nähe einer Außenwand und mit einer Verkleidung versehen – nicht optimal ist, da so Wärme verloren geht.

Beim Durchgehen der einzelnen Posten, unter denen auch das Budget für den Ortschaftsrat Benzingen mit 4800 Euro und das für Harthausen mit 6000 Euro aufgelistet sind, hakte Gemeinderat Rainer Pfersich beim Punkt „Ablösung Pfarrbesoldungsleistungen“ nach.

„Wir haben uns quasi freigekauft“

Kämmerer Bodo Erath erklärte, dass es ein Abkommen mit der evangelischen Kirche von 1897 gebe, mit der sich die Gemeinde verpflichte, dem Pfarrer Brennholz zu liefern. Da die Kirche noch immer darauf poche, habe man sich darauf geeinigt, stattdessen lieber – auch hinsichtlich der steigenden Holzpreise – 12.000 Euro zu bezahlen. „Wir kaufen uns quasi frei“, so Bodo Erath.

Dann stellte Bürgermeister Michael Maier den wohl spannendsten Teil des Haushaltsplans 2024 vor: Wo wird investiert? Zuallererst stehen zwei Maßnahmen im siebenstelligen Bereich an. Es werden in Summe rund 1,99 Millionen Euro in die Hand genommen, um das Abwassersystem auf Vordermann zu bringen, sowie weitere 1,73 Millionen für den Breitbandausbau.

Großes Thema: Schulen

Beinahe 692.000 fließen in die Schulen. Vor allem das Flachdach der Grundschule Winterlingen „macht zunehmend Probleme“, wie Michael Maier erklärte, weswegen eine Sanierung über die nächsten drei Jahre unumgänglich sei. Außerdem müsse die Heizung ausgetauscht werden.

Weitere Investitionen sind: 320.000 Euro für den Ausbau der Haupt- und Juhestraße, 156.000 Euro für die Feuerwehr, 54.000 Euro für Friedhofsmaßnahmen, 52.000 Euro für den Abbruch und die Neugestaltung des Gebäudes in der Bitzer Straße 18.

Für die Sanierung des Stadiongebäudes, für das 251.500 Euro im Haushalt 2024 eingeplant sind, sprach sich Rainer Pfersich von der „Liste Zukunft“ für einen Sperrvermerk aus, dem sich Roland Heck von der Bürgerliste anschloss.

Keine Kredite nötig

Positiv an diesem Haushaltsplan sei laut Bürgermeister Michael Maier, dass keine Kredite aufgenommen werden müssen, da die liquiden Mittel über der Mindestliquidität liegen. Jedoch werden diese im laufenden Jahr um rund 979.000 Euro schrumpfen, in der mittelfristigen Planung bis 2027 sogar um rund 7 Millionen Euro. „Wir gehen finanziell etwas schwierigen Jahren entgegen und müssen gut überlegen, wo man investiert“, so Michael Maier.

Bevor der Gemeinderat zur Abstimmung kam, gaben die beiden Ortsvorsteher ihr „Go“. Emil Oswald berichtete von sieben Stimmen für den Haushalt sowie vier Enthaltungen aus Harthausen. Ewald Hoffmann schloss sich mit seiner Empfehlung an, denn auch der Benzinger Rat sei mehrheitlich für die Planung. Zu guter Letzt beschloss das Winterlinger Gremium seinen Fahrplan für das laufende Jahr mit nur einer Gegenstimme.

Diesen Artikel teilen: