Balingen

Startup Angels Alb-Bodensee fordern Kultur, in der sich inländische Geldgeber wiederfinden

16.01.2023

Von Ralph Conzelmann

Startup Angels Alb-Bodensee fordern Kultur, in der sich inländische Geldgeber wiederfinden

© Jasmin Alber

Thomas Hoffmeister, Vorstandsvorsitzender der "Startup Angels Alb-Bodensee".

Die Startup Angels Alb-Bodensee eint das Interesse an neuen Geschäftsideen. Sie wollen unterstützen – und natürlich auch von ihren Invests profitieren.

Der Vorstandsvorsitzende des seit 2017 etablierten Gremiums, Thomas Hoffmeister, geht auf die Motivation seiner Mitstreiter ein und verlangt nach mehr inländischen Nachahmern.

Herr Hoffmeister, wie sieht die Förderung Ihrer Startup Angels konkret aus?

Wir sind rund 50 Mitglieder, die sich intensiv für Neugründungen interessieren, sich gerne begeistern lassen und, wenn sie es für sinnvoll erachten, investieren. Wir agieren sowohl als Gruppe als auch individuell – je nach Thema auf Aufgabenstellung. Zwischenzeitlich kamen knapp zehn Beteiligungen zustande. Wir betrachten jährlich rund 200 Startups näher, 25 davon präsentieren sich nach engerer Auswahl, wovon wir wiederum ein bis zwei Beteiligungen herausfiltern. Die Zahlen steigen stetig und der Aufwand ist immens. Unser Gremium ist sehr aktiv und, ganz wichtig, gibt den Gründern nicht nur Geld, sondern sorgt auch für einen Wissen- und Netzwerktransfer.

Corona ist kein EinzelfallCorona hat bestimmt einige Pläne durchkreuzt. Bieten sich Ihnen weniger Startupler als vor der Pandemie an?

Nein. Im Gegenteil. Es häufen sich die Anfragen. Corona ist leider kein Einzelfall. Es gab und gibt immer Phasen, in welchen mal mehr, mal weniger Geld zur Verfügung stand und steht. Das ist pandemieunabhängig und unabhängig von der jeweiligen Region der Fall.

In Ihren Kreisen: Ist die Bereitschaft, zu unterstützen, ungebrochen hoch?

Wir brennen für die Themen, die uns interessieren und von denen wir uns etwas versprechen. 2021 wurde insgesamt so viel in Startups investiert wie nie zuvor. Insofern ist es fast logisch, dass dies nicht jedes Jahr der Fall sein kann. Doch das Geld ist weiterhin da. Wer nichts und nirgendwo investiert, ist nicht zukunftsfähig.

Zeiten ändern sich - immer wiederHaben sich im Zuge der Pandemie Branchen hervorgetan?

Zeiten ändern sich immer wieder. Das ist nicht untypisch. Und Neugründungen sind zeitlich eher unkritisch. Wichtiger sind die Idee, die Motivation, ist das Fachwissen, die Überzeugung. Wer vorankommen möchte, muss in Dinge investieren, die morgen klappen. Und daran besteht immer Interesse. Vielleicht wird hier und da etwas genauer hingeschaut und es werden speziell die Prozesse genauer beleuchtet. Doch in der Frühphase einer Gründung ist auch das nicht ganz so entscheidend, eher dann in der Wachstumsphase. Da wird es mitunter schwierig, weil mehr Geld notwendig ist. Bedeutet: Mancher schaut darauf, dass die Unternehmen schneller profitabel werden und den Breakeven schaffen. Aber jeder Investor weiß auch: Konjunkturdellen gab und gibt es immer wieder, fast alle von uns haben welche hinter sich. Was die Branchen anbelangt, so ist natürlich das Energiethema besonders spannend, aber auch Invests in die IT und in viele andere Bereiche sind weiterhin sinnvoll und unbedingt notwendig.

Gibt es aktuell laufende Gründungen oder bevorstehende Gründungen, von welchen Sie besonders angetan sind?

Ich würde hier weniger von einem bestimmten Thema reden als vielmehr von interessanten Prozessen. Zum Beispiel, wenn zwar der Markt erkannt wurde, der Weg aber korrigiert werden muss. Das machen wir dann als Team gemeinsam. Die Gruppe ist die treibende Kraft, die erkennt, wie die Idee weiter projiziert werden kann, um sie möglicherweise in eine andere, bessere Richtung zu lenken. Entscheidend ist bei allen Startups: die Leute müssen nicht nur brennen und kämpfen, sie müssen im Thema sein und viel Marktwissen haben.

Die Idee lebtZiel der „Startup Angels Alb-Bodensee“ war bei der Gründung, die Erfahrung regionaler Mittelstandsunternehmen aufzugreifen, um eine „Business Angels-Kultur“ in der Region Alb-Bodensee zu schaffen. Inwieweit sehen Sie die Vision erreicht?

Die ursprüngliche Idee lebt mehr denn je. Das Projekt hat sich enorm stark etabliert, die Gruppe wächst jedes Jahr und wir befinden uns auf dem richtigen Weg, so wie erhofft und erwartet. Nicht die Sachwerte allein sind für den Mittelstand für morgen entscheidend. Wir müssen künftige Lücken vermeiden. Zumal die Finanzierungen durch Banken quasi weggefallen sind und es ohnehin nicht deren Kernaufgabe sein kann, Gründer zu unterstützen. Vielmehr müssen wir eine Kultur aufbauen, in der sich inländische Investoren wiederfinden, um uns von ausländischen Geldgebern unabhängiger zu machen. Wir müssen Unternehmen und Gründer mit ihren kreativen und innovativen Ideen in der Region halten oder sie in die Region holen. Mit der Förderung der Unternehmen soll ein Beitrag zur geistigen und wirtschaftlichen Zukunft der Region sowie zur Sicherung der Arbeitsplätze geleistet werden.

Wer gehört Ihrem Gremium an?

Wir sind alle Unternehmer, Mittelständler – und zum Beispiel keine Finanzdienstleister. Die Mitglieder verfügen über viel fundierte unternehmerische Erfahrung, die sich gerne in einer sehr frühen Phase an Unternehmen beteiligen und sie eben nicht nur finanziell, sondern auch mit Wissen und Kontakten unterstützen. Dieses Konzept ist sehr erfolgreich.

So geht’s weiterDie nächste Termine?

Die Startup Angels Alb-Bodensee heißen bei ihrem Investmentforum am 15. März gerne interessierte Unternehmer willkommen, die sich dem Gremium anschließen wollen. Am 21. Juni findet in Rottweil wie schon im Vorjahr der „Tower Pitch“ statt – am 20. September und 29. November sind die weiteren Investmentforen in diesem Jahr geplant. Mehr Infos/Termine auf: startupangels.de

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