Balingen

Mehr Raum für Notunterkünfte: Stadt stellt möglichen Containerstandort in Balingen vor

08.05.2024

Von Jasmin Alber

Mehr Raum für Notunterkünfte: Stadt stellt möglichen Containerstandort in Balingen vor

© Jasmin Alber

Bei den kommunalen Notunterkünften in der Heselwanger Straße sieht die Verwaltung Potenzial, kurzfristig Container für weiteren Wohnraum für Menschen in Not aufzustellen.

Alle fünf Fraktionen im Balinger Gemeinderat haben sich für einen gemeinsamen Antrag zusammengetan – mit Aufgaben für die Stadt: Sie wollen den Status quo der kommunalen Notunterkünfte erfahren und neue Räume nebst Sozialbetreuung. Die Stadt hat die Zeit zwischen Einreichung und Ausschusssitzung genutzt, um die ersten Zahlen und Ideen zusammenzustellen.

Der Antrag aller fünf Fraktionen im Balinger Gemeinderat hat Seltenheitswert – und unterstreicht die Bedeutung des Anliegens, wie die Vertreter bei einem Pressegespräch am Montag erklärten (wir haben berichtet). Es geht um den Zustand der kommunalen Notunterkünfte, in denen bisweilen „menschenunwürdige Zustände“ herrschten. Dabei gehen die Räte mit ihrem Vorstoß nicht nur aufs Bauliche, sondern auch auf die soziale Begleitung der Menschen in Not, die in den städtischen Unterkünften untergebracht sind, ein. Den Antrag hat Grünen-Fraktionsvorsitzender Erwin Feucht stellvertretend für SPD, CDU, Freie Wähler und FDP Anfang vergangener Woche eingereicht.

Die Stadt hat bis zur Sitzung des Verwaltungsausschusses am Dienstag – das erste Gremium, bei dem der Antrag auf der Tagesordnung stand – bereits reagiert und erste Daten und Informationen dazu vorgestellt. Denn: „Auch seitens der Stadtverwaltung liegt uns das Thema sehr am Herzen“, wie Oberbürgermeister Dirk Abel erklärte. Auch die Verwaltung sehe hierbei dringenden Handlungsbedarf.

Geld ursprünglich für Flüchtlingsunterbringung vorgesehen

Um im ersten Schritt neuen Wohnraum für Notunterkünfte zu schaffen, könnten 700.000 Euro, wie von den Fraktionen im Antrag vorgeschlagen, verwendet werden. Diese Summe hatte das Gemeinderatsgremium ursprünglich im Haushalt 2024 eingestellt, um auf dem ehemaligen Eppler-Gelände am Rand der Kernstadt ein Containerdorf für Geflüchtete zu erstellen. Da es nun allerdings bei den Flüchtlingszuweisungen „keinen großen Druck gibt“, so Abel, werde diese Unterbringungsmöglichkeit dieses Jahr wohl nicht mehr realisiert werden (müssen).

Baudezernent Michael Wagner erläuterte, an welchen Standorten man kurzfristig Container als Notunterkünfte aufstellen könnte – allesamt Orte, „wo wir bereits Baurecht haben“, also wo nicht erst ein langwieriges Bebauungsplanverfahren auf den Weg gebracht werden müsste: Das ist zum einen in Balingen in der Heselwanger Straße, zum anderen auf städtischen Grundstücken in der Fürstenstraße und in der Ebinger Straße in Frommern.

Mehr Raum für Notunterkünfte: Stadt stellt möglichen Containerstandort in Balingen vor

© Jasmin Alber

Frieder Theurer zeigte in der Sitzung am Dienstag den möglichen Grundriss eines Wohncontainers, der 2,66 Meter breit und 5,66 Meter lang ist. Zehn davon sollen im ersten Schritt als weitere kommunale Notunterkünfte aufgestellt werden.

Die Stadt schlägt erstgenannten Standort vor, dieser liegt genau zwischen den bereits bestehenden kommunalen Notunterkunfthäusern (in der Sackgasse zwischen der unteren Kurve der Heselwanger Straße und B27). Ein Vorteil auch bei der angedachten Sozialbetreuung, so Wagner, wenn der neue Standort sich an bestehende Notunterkünfte anschließt.

Im ersten Schritt zehn Container

Dort könnte man, wie Hochbauamtsleiter Frieder Theurer erklärte, für die 700.000 Euro Container aufstellen – mit zehn beginnen, sodass der Wohnraumblock auf höchstens zwei Geschossen mit Laubengang auch noch erweitert werden kann. Theurer zeigte einen exemplarischen Grundriss einer solchen eigenständigen Wohneinheit – jeweils circa 5,70 Meter lang und 2,70 Meter breit und mit eigener Nasszelle und Mini-Küchenzeile.

Denn obwohl der Hochbauamtschef klarstellte, „dass unsere Häuser alle funktionstüchtig sind“, wies er auf den dort oftmals vorherrschenden WG-Effekt hin. Denn bei seinen Besuchen in den städtischen Notunterkünften stelle er immer wieder fest, dass die bewohnten Zimmer in der Regel sehr sauber seien, aber die Hygiene in gemeinsam genutzten Bereichen wie Küchen und Badezimmern oft zu wünschen übrig lasse. Ein Phänomen, wie es sich auch in studentischen Wohngemeinschaften oft zeige. Deshalb seien eigenständige Wohneinheiten wünschenswert. „Jeder sein Eigenes hat sich bewährt“, ergänzte Nathalie Hahn, und nannte als Beispiel die Aufteilung im Jakobushaus.

Derzeit 157 Menschen in Notunterkünften untergebracht

Frieder Theurer hatte auch aktuelle Zahlen zusammengestellt: In Balingen gibt es derzeit 157 untergebrachte Obdachlose. 19 Plätze sind in den Notunterkünften noch frei.

„Wir wären froh über die Entlastung“, sagte Theurer zu den angedachten Container-Zusatzplätzen. Denn wenn Menschen in Not mangels Platz in den Notunterkünften in städtischen Mietwohnungen untergebracht werden müssen, „blockieren wir günstigen Wohnraum“, erklärte er.

Für langfristige Lösungen werde das Hochbauamt wie ohnehin schon Überlegungen anstrengen. Möglich und denkbar wäre beispielsweise eine Erweiterung in der Äublesstraße.

Erwin Feucht bedankte sich namens der Antragssteller für die schnelle erste Reaktion der Verwaltung, mahnte aber an: „Der zweite Schritt mit der Sozialbetreuung wird sicherlich noch kommen.“

Schwabenthan sieht darin Aufgabe für neuen Gemeinderat

Etwas anders als seine Fraktions- und Gremiumskollegen sieht übrigens Klaus-Dieter Schwabenthan (Freie Wähler) die ganze Thematik, wie er in der Sitzung des Verwaltungsausschusses kundtat. Er sei grundsätzlich dabei, dass der Bedarf an guten Notunterkunftsplätzen da ist. Er sehe aber auch „den riesigen Sanierungsbedarf“ in vielen weiteren Bereichen – Kindergärten, Schulen und viele mehr. „Wir haben um jeden Euro gekämpft“, blickte er auch die Haushaltsberatungen in Zeiten klammer Kassen zurück.

„Und wir sprechen von Millionenbeträgen für die Notunterkünfte.“ Denn mit dem Aufstellen von Containern sei es nicht getan, es kommen Folgekosten zu den 700.000 Euro hinzu, ist sich Schwabenthan sicher. Deshalb „müssen wir diskutieren und priorisieren“, konstatierte er und merkte an, dass dies seiner Ansicht nach ein Thema für den neuen Gemeinderat nach der Wahl sein sollte.

Im Technischen Ausschuss am Mittwoch, in dem der Antrag ebenfalls Thema war, herrschte hingegen Einigkeit. Die Räte äußerten sich erfreut, dass man als komplettes Gremium „mit einer Stimme spricht“ (Ulrich Teufel).

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