Hechingen

Paukenschlag nach „Refugio“-Debatte in Hechingen: Heneka und Welte nicht mehr CDU-Fraktionssprecher

20.02.2024

Von Michael Würz

Paukenschlag nach „Refugio“-Debatte in Hechingen: Heneka und Welte nicht mehr CDU-Fraktionssprecher

© Michael Würz

Dr. Regina Heneka und Dr. Lorenz Welte (vorne rechts), kurz nachdem sie ihre Posten als CDU-Fraktionssprecher niedergelegt haben.

Die CDU/FDP-Fraktion im Hechinger Gemeinderat zieht ihren Antrag auf eine Sondersitzung des Gemeinderats zur Unterbringung Geflüchteter im ehemaligen Hotel Klaiber zurück. Als Folge der Debatte sind Dr. Lorenz Welte und Dr. Regina Heneka am späten Dienstagabend zudem mit sofortiger Wirkung von ihren Posten als Fraktionssprecher zurückgetreten. Es seien „Grenzen überschritten worden“, begründete Welte den Schritt. Man habe „entwürdigende Äußerungen erfahren“.

Mehrstündige Haushaltsberatungen, trockene Zahlenwerke: Im Ratssaal des Hechinger Rathauses waren bereits deutliche Ermüdungserscheinungen wahrzunehmen, als Lorenz Welte am Ende der ersten Gemeinderatssitzung des neuen Jahres das Wort ergriff. Welte richtete sich – Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ – förmlich an die Räte der Zollernstadt, zog dann zunächst den Antrag der CDU/FDP-Fraktion zurück, die Anfang Januar eine Sondersitzung des Gemeinderats gefordert hatte.

Welte bezeichnet „Refugio“ als Leuchtturmprojekt

Wie berichtet, hatte die Hechingen-CDU die Unterbringung Geflüchteter im ehemaligen Hotel Klaiber scharf kritisiert. Nicht gutgeheißen hatte die größte Fraktion im Gemeinderat auch den Schulterschluss zwischen Landrat Günther-Martin Pauli und Bürgermeister Philipp Hahn – und auch, dass die Entscheidung getroffen worden sei, ohne den Gemeinderat zu informieren. In seiner Stellungnahme am Dienstagabend schlug Welte nun gänzlich andere Töne an, bezeichnete das „Refugio“ gar als Leuchtturmprojekt. Sowohl Landrat Pauli als auch Bürgermeister Hahn sei es längst gelungen, das Projekt so einleuchtend zu erklären, „dass keine Fragen mehr offen sind“.

Eine Debatte wie ein Handballspiel

Bereits Mitte Januar war der Landrat bekanntermaßen ganz und gar freiwillig in Hechingen erschienen, als Gastredner beim Neujahrsbürgertreff, wo er ein flammendes Plädoyer für die Rettung der Demokratie gehalten und das „Refugio“ vehement verteidigt hatte. In Weltes Statement klang am Dienstagabend durch, dass man in den vergangenen Wochen durch eine Art Wechselbad der Gefühle gegangen sein muss. Er verglich die vergangenen Wochen mit einem Handballspiel.

Keine Plattform für rechtspopulistische Äußerungen

Gewissermaßen als fairer Sportler versuchte Welte, so schien es, manche Äußerung, die man Anfang Januar getätigt hatte, wieder einzufangen. Welte: „Zu einem Handballspiel gehört, dass man sich danach wieder die Hand gibt.“ Dass er den Antrag auf eine öffentliche Sondersitzung des Gemeinderats nun zurückzieht, habe aber auch noch einen weiteren Grund, betonte er: Man wolle mit der Sitzung, die wohl in der Stadthalle Museum mit mutmaßlich großem Publikum stattgefunden hätte, „keine Plattform für rechtspopulistische Äußerungen bieten“.

Tätigkeit als Fraktionssprecher „nicht mehr möglich“

Und dann passierte, womit nicht unbedingt zu rechnen war: Lorenz Welte und Regina Heneka traten mit sofortiger Wirkung von ihren Posten als CDU-Fraktionssprecher zurück. Ungeachtet dessen „mache man gern im Gemeinderat mit“, sagte Welte. Allein, die Tätigkeit als Fraktionssprecher sei ihnen „nicht mehr möglich“. Es seien, so Welte, in der Debatte „Grenzen überschritten worden“, ohne diese jedoch näher zu benennen. Nur so viel: „Es sind entwürdigende Äußerungen gefallen, die wir erfahren mussten.“ Auch auf eine Nachfrage von AfD-Stadtrat Kai Rosenstock, der interessiert nachhakte, um welche Art von Angriffen es sich denn dabei gehandelt habe, wiegelte Welte ab. Nein, dazu äußern werde er sich nicht. „Nicht öffentlich.“

Heneka und Welte scheinen ein wohlüberlegtes Zeichen setzen zu wollen

Nicht viel Fantasie braucht es jedoch, um zu ahnen, dass Heneka und Welte mit ihrem Schritt ein wohlüberlegtes Zeichen setzen wollten. Einen Weckruf in nicht näher benannte Richtung – der jedenfalls am späten Dienstagabend im Ratssaal schlagartig alle hellwach gemacht hat.

Bleibt die Frage: Wer steht nun der CDU/FDP-Fraktion im Hechinger Gemeinderat vor? Lorenz Welte kündigte in seinem Statement an, dass man sich für die Zeit bis zu den Kommunalwahlen im Juni um „eine vernünftige Lösung“ bemühen werde. Denn jetzt steht die Fraktion, ausgerechnet im Wahljahr, erst mal ohne Fraktionsspitze da. Unklar ist bislang auch, ob Heneka und Welte ihre Kandidatur für die Wahl am 9. Juni überhaupt aufrecht erhalten werden.

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