Hechingen

Neues Büro und neue Lagerhalle in Hechingen – Wie Ewimed auf Unternehmenswachstum reagiert

18.04.2024

Von Olga Haug

Neues Büro und neue Lagerhalle in Hechingen – Wie Ewimed auf Unternehmenswachstum reagiert

© Olga Haug

Bald wird sie randvoll sein: Die neue Lagerhalle in Hechingen des Unternehmens Ewimed ist eine Reaktion auf das Wachstum der Firma.

Aus drei Gebäuden in Boll werden ein Büro und eine Lagerhalle im Nasswasen. Das Unternehmen Ewimed reagiert mit dem Neubau auf die Anforderungen des modernen Mitarbeiters und das Unternehmenswachstum.

Während andere Unternehmen Personal einsparen müssen, stehen die Zeichen bei Ewimed in Hechingen auf Wachstum. Das Hechinger Unternehmen Translumina hatte jüngst 25 Mitarbeiter entlassen, weil die Katheterproduktion eingestellt wurde. Die Katheter von Ewimed scheinen hingegen reißenden Absatz zu finden. Darauf deutet allein schon die neue Lagerhalle im Nasswasen, deren Fertigstellung in den letzten Zügen ist.

„In Hechingen macht keine Firma einer anderen Konkurrenz“

Gräbt man sich im Medical Valley die Kunden ab? „Nein“, sagt Ewimed-Geschäftsführer Egon Wiest. „Hier in Hechingen macht keine Firma einer anderen Konkurrenz. Jedes Unternehmen bedient einen anderen Markt“, erklärt Wiest. So gibt es offensichtlich auch im Katheter-Geschäft verschiedene Märkte: Kardiologie, Gefäßchirurgie, Dialyse, Herzchirurgie und Onkologie. Letzteres ist Ewimeds Geschäft. Das Hechinger Unternehmen entwickelt Katheter und Drainage-Zubehör für den Klinik- und den Heimbedarf.

Neues Büro und neue Lagerhalle in Hechingen – Wie Ewimed auf Unternehmenswachstum reagiert

© Olga Haug

"Drainova Reservoir": Eine Drainage, die Ewimed vertreibt.

3000 Quadratmeter misst die 9 Meter hohe Lagerhalle und bietet Platz für rund 2000 Paletten-Stellplätze, erklärt Projektleiter Georg Hähn. Von einem „intelligenten Regalsystem“ ist die Rede. KI im Nasswasen? „Nein, so weit sind wir noch nicht“, erklärt Geschäftsführer Wiest. In der Marketingabteilung wird durchaus schon Künstliche Intelligenz eingesetzt, sagt Content-Mangerin Lena Stauß. Ansonsten müsse man sich erstmal rantasten, sagt Wiest. „Wir sind uns nicht sicher, was eingesetzt werden kann, was für uns passt“, erklärt Wiest im Gespräch mit unserer Zeitung. Bislang habe sich noch nichts ergeben, was für einen signifikanten Nutzen brauchbar wäre.

Medizintechnik wird streng reglementiert und kontrolliert

So wie Ewimed geht es auch anderen Unternehmen im Medical Valley. Vor rund einem Jahr hatte der ZOLLERN-ALB-KURIER eine Umfrage unter neun Firmen in Hechingen gestartet, wie sie KI einsetzen. Geantwortet hatte damals nur ein Unternehmen: Artivion. Dass die Unternehmen, insbesondere jene im Medical Valley, derart zurückhaltend sind, ist weniger Geheimniskrämerei, denn mehr Unsicherheit. Artivion-Geschäftsführer Florian Tyrs sagte damals gegenüber unserer Zeitung, dass es aktuell keine klare Regelung gebe, die den Firmen Rechtssicherheit mit den verwendeten und zusammengetragenen Daten gebe. Die Medizintechnik ist hierbei freilich ein besonderes Metier. Sie wird streng reglementiert und kontrolliert.

Bürogebäude für Anforderungen des modernen Mitarbeiters

Doch zurück in den Nasswasen: Ewimed-Geschäftsführer Wiest hat hier noch mehr vor. Bald schon, so sagt er, wird hier nebst der Lagerhalle ein weiterer Bau entstehen. Ein Bürogebäude, das sich den Anforderungen des modernen Mitarbeiters anpassen soll. Geplant ist der Bau schon seit Jahren, doch durch Corona mussten die Pläne überarbeitet werden. Co-Working-Places und Homeoffice sind nun mitunter die großen Themen. Rund 480 Mitarbeiter zählt das Unternehmen weltweit, allein mehr als 100 in Hechingen. Aktuell verteilen sich die 100 Mitarbeiter auf drei Gebäude in Boll. Künftig sollen alle unter einem Dach Im Nasswasen zusammen arbeiten können. Eine großzügig gestaltete Gastronomie samt Café, die auch von den umliegenden Unternehmen genutzt werden kann, soll das neue Bürogebäude ergänzen. Festgelegte Tage, an denen alle Mitarbeiter zusammenkommen, sind Ewimed, vor allem im Hinblick auf mobiles Arbeiten, besonders wichtig. Etabliert hat sich der sogenannte „Come-together-Wednesday“, an dem man sich zu einer gemeinsamen Mittagspause trifft.

Sich gegen Homeoffice zu wehren, ist sinnlos

„Homeoffice ist nicht mehr wegzudenken“, sagt Geschäftsführer Wiest. Sich vehement dagegen zu wehren, sei sinnlos. Wiests Ansicht nach komme es auf das „richtige Maß“ an. Die Führung müsse angepasst werden – mit Homeoffice müsse zielorientierter gearbeitet werden.

Bei Ewimed gelte die Zweifünftel-Regel, erklärt Talent-Managerin Martina Schöller. Zwei Tage mobiles Arbeiten ist durchaus drin. Die Arbeitsplätze, die im neuen Büro eingerichtet werden, sollen alle auf Remote ausgerichtet sein – also die Möglichkeit, auch außerhalb des Büros arbeiten zu können. Die Flexibilität sei es mitunter, die die Mitarbeiter an das Unternehmen binde. „Wir reagieren auf private Erforderlichkeiten“, meint Schöller, die immer auf der Suche nach guten Mitarbeitern sei. Denn das ist, wie für die meisten Unternehmen derzeit, eine der großen Herausforderungen.

65 Prozent Frauenanteil unter den Führungskräften

In diesem Zusammenhang will Schöller die „gute Frauenquote“ des Unternehmens nicht unerwähnt lassen. Die Quote liegt bei 75 Prozent. In der Führungsriege liege sie national gar bei 65 Prozent. Hierzu zählen nicht allein die Mitarbeiterinnen in Boll, sondern auch jene im Außendienst. Dabei betont Schöller, dass einige Führungspositionen auch in Teilzeit ausgeführt werden. Auch wenn dieser Umstand vielmehr dem geschuldet ist, dass Frauen nach der Elternzeit in Teilzeit zurückgekehrt sind, ändert das Schöllers Ansicht nach nichts an der Tatsache, dass Führungskräfte bei Ewimed auch in Teilzeit arbeiten können. „Wir bauen auch eine Stelle um eine Person herum“, erklärt Schöller. Tatsächlich wurde noch keine Führungskraft neu in Teilzeit eingestellt, „doch wenn wir von einer Person überzeugt sind, dann ist auch das möglich“, appelliert Schöller an alle Frauen, sich zu trauen und sich zu bewerben, auch wenn eine Stelle nur in Vollzeit ausgeschrieben ist.

1991 startete der Ein-Mann-Betrieb in Hechingen

Egon Wiest gegründete 1991 das Unternehmen Ewimed in Hechingen-Boll. Eigenen Angaben zufolge verzeichnet das Unternehmen seit über 30 Jahren ein enormes Wachstum. Im Jahr 2023 konnte der Medizintechnikhersteller ein Mitarbeiterwachstum von 14 Prozent verbuchen und beweise damit seine stabile Position inmitten der wirtschaftlichen Herausforderungen, schreibt das Unternehmen. Ursprünglich als Ein-Mann-Betrieb gestartet, beschäftigt das Unternehmen zum Stand März 2024 rund 480 Mitarbeiter europaweit: Schweden, Norwegen, Dänemark, Deutschland, Österreich, Schweiz, Belgien und Ungarn.

Ewimed entwickelt Drainage-Systeme für Pleuraerguss und Aszites. Das Unternehmen produziert nicht selbst. Es lässt nach seinen Entwicklungen produzieren und verteilt seine Produkte von Hechingen aus.

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