Balingen

Kulinarisches Kabarett vor Balinger Stadthalle: Wenn deftig wirklich was mit Kochen zu tun hat

10.07.2022

Von Barbara Szymanski

Kulinarisches Kabarett vor Balinger Stadthalle: Wenn deftig wirklich was mit Kochen zu tun hat

© Barbara Szymanski

Nicht nur das Programm war interessant – auch die Illumination vor der Stadthalle.

Beim Stadthallen-Open-Air stand am Samstag eine ganz besondere Gourmetshow auf dem Programm. Mit „Rosa kocht und Herr Dünnbier zaubert“, hatten die Veranstalter den Nerv der Kabarett-Fans getroffen.

Wenn Rosa kocht, dann lässt sie nichts anbrennen. Kein noch so abgedroschenes Sprüchlein und keine viel diskutierten Wahrheiten rund ums Essen und kochen, die nicht als Zutaten für ihre Art von Küchen-Kabarett herhalten müssen. Ihr Markenzeichen: Eine rotgepunktete große Schleife im Haar – warum auch immer. Vielleicht als Blitzableiter für das Überkochen im Allgemeinen und Besonderen.

Wenn Ida Ott alias Rosa Pfefferle nämlich proklamiert „Die Kunscht der einfachen Küche“, dann amüsieren sich die fast 150 Zuschauer und sparen nicht mit Beifall bei der Open-Air-Vorstellung auf dem Royan-Platz vor der Balinger Stadthalle. Und sie müssen ihr einfach zustimmen, dass der Schwabe – ob Mann oder Frau am Kochtopf – eben halt Spätzle mag, saure Rädle, Pfitzauf, Rostbraten und selbstredend Maultäschle, und diese Spezialitäten allemal einem schön klingenden mediterranen Gericht vorzieht.

Schleife im Haar

An der Seite der schleifenbewehrten deftig schwäbisch redenden Dirndl-Trägerin, ihr Bühnenpartner Peter Leonhard als Karlheinz Dünnbier. Mal im grauen Hausmeister-Kittel, mal als Kreishausmeister im Anzug mit Weste und Krawatte. Er zaubert ein wenig vor sich hin und zeigt, was so ein Zollstock alles kann außer vermessen. Nämlich sich durch rasches verschieben der einzelnen Elemente zum Beispiel in einen Hund verwandeln. Das sieht einfach aus ist darob jedoch einfach bezaubernd.

„Leut, Leut!“, mahnt derweil die Rosa. Gut 500.000 Tonnen Brot wandere in die Tonne. Oder sie stellt fest, dass ein Mensch in seinem Leben 100.000 Stunden bei Mahlzeiten verbringe also 15 Jahre seines Lebens mit essen. Ein bissl Fakten müssen schon sein bei all der Küchen-Gaudi und hübschen Seitengeschichten wie die von der Neugeborenen-Station. Zwei Butzele fragen einander: Bub oder Mädle? Er brabbelt, dass er es zeige, wenn die Hebamme draußen sei. Als sie alleine sind, hebt er die seine Decke hoch: „Do guck, blaue Socken.“ Also geht doch, keimfreie Witze, die herzliches Lachen machen.

Schwäbische Anekdötchen

Das wäre so Alleinstellungs-Merkmal für die Bühnenfigur Rosa, die sich aber immer wieder weit verbreiteter Anekdötchen bedient wie das Fünf-Gänge-Menü der Schwaben: vier Viertele und ein Sauerbraten. Doch auch der Zauberer und Bauchredner Dünnbier, lässt kabarettistisches hören wie die Geschichte von Adam und Eva und dem Apfel. Noch heute würden alle im Paradies leben, wenn denn Adam ein Schwabe gewesen wäre. Der nämlich würde nicht in den sauren Apfel beißen, sondern ihn vermosten.

Im zweiten Teil nimmt sich Rosa – ohne die infantile Schleife im Haar – den Wein vor, kann ohne zu stocken zig Weine württembergischer und badischer Provenienz aufzählen sowie ihre französischen Entsprechungen. „Im Wein liegt die Wahrheit, der Schwindel liegt im Etikett“, stellt sie fest. Aber auch: Im Schwäbischen trinke man kein Schorle. „Mir trinket abends Wein und morgens den Sprudel.“

Wie man eine Krawatte perfekt bindet

Viel zu sagen gibt es über Wein sowie den Anbau, der im 16. Jahrhundert den Lebensunterhalt vieler darstellte, also noch vor dem „Heiligsblechle“. Viele lachen über diesen Einlass. Nämlich die, die wissen was gemeint ist: Daimler und Co. Und dann der Karlheinz, der in wenigen Sekunden eine Krawatte perfekt binden kann, so mit über die Faust winden, unten-hinten durchwurschteln. Bitte nochmal. Aber dazu ist nun wirklich keine Zeit.

Dünnbier jongliert mit einem typischen Kehrwochen-Besen oder er führt das Zeitlupenkehren von Zen-Buddhisten vor. Das ist genauso unspektakulär aber komisch wie die Bauchredner-Einlage mit der netten Oma. Dankbar sein kann der geneigte Zuhörer auch für das unaufgeregte Agieren, die kleinen Pausen beim Sprechen und die deutliche Aussprache der beiden stetig charmierenden Akteure. Denn trotz konsequentem Schwäbisch verschwindet nichts im Orbit der Nuscheltechnik, die gerne als Stilmittel in Filmen angewandt wird.

Gut gelauntes Publikum

Schnell noch ein Seitenhieb auf die Playback-Spezialistin Helene Fischer, die ohne Make-Up... Da schweigt des Dünnbiers Höflichkeit und er bemerkt lediglich: „Kennen Sie Inge Meisel?“ Hä, hä, goutiert dies das gut gelaunte Publikum. So sind sie halt, die Köchin und Weinkennerin Rosa und ihr zauberischer Partner Dünnbier. Nicht überkochen, überzeichnen – knackig und trocken schwäbisch bleiben.

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