Balingen

Konzeptvergabe fürs Balinger Strasser-Areal: Guten Ideen soll Tür und Tor geöffnet sein

06.03.2024

Von Nicole Leukhardt

Konzeptvergabe fürs Balinger Strasser-Areal: Guten Ideen soll Tür und Tor geöffnet sein

© Jelena Marjanov

Das Areal aus der Vogelperspektive. Wie der Platz bebaut werden könnte, soll sich aus einer Konzeptvergabe ergeben.

Die Zukunft des Balinger Strasser-Areals entlang der Stingstraße und des Roßnägeles schien in der Vergangenheit schon öfter besiegelt. Nun aber soll endgültig ein Knopf an die Planungen fürs innerstädtische Filetstück gemacht werden: Der Technische Ausschuss hat am Mittwochabend eine Konzeptvergabe auf den Weg gebracht. Nicht alle Räte waren mit deren Vorgaben jedoch einverstanden.

Seit 1993 ist das innerstädtische Grundstück an der Eyach im Besitz der Stadt Balingen, hatte die Verwaltung doch früh das Potenzial des Geländes erkannt. Von der Brache über den Parkplatz mauserte sich das Areal während der Gartenschau zum zentralen Veranstaltungsort mit Schaugärten, Bühne und dem Royan-Strand.

Und nun? Die Verwaltung erhofft sich für die geplante bauliche Gestaltung möglichst unterschiedliche und gute Ideen über den Weg einer Konzeptvergabe.

„Es ist ein recht freies Konzept, das viele Möglichkeiten bietet“, betonte OB Dirk Abel in der Sitzung des Technischen Ausschusses am Mittwochabend. Und: „Wenn am Ende dann trotz allem nichts dabei ist, was uns gefällt, dann bleibt der Platz erst mal so, wie er ist. Wir verbauen uns also nichts.“

Acht Investoren können Ideen einreichen

Das zweistufige Verfahren wird von der Esslinger Firma Projekt GmbH begleitet. „In der ersten Stufe sollen maximal 8 Investoren oder Bewerber anhand ihrer Referenzen zur Teilnahme an der Bearbeitung in Stufe 2 ausgewählt werden“, erklärte Stadtentwicklerin Annette Stiehle.

Ziel sei es, in einem konkurrierenden Verfahren bestmögliche Entwürfe für eine langfristige und nachhaltige Bebauung zu erhalten. Die anschließende Bewertung „beruht auf der städtebaulichen, architektonischen, freiräumlichen und nutzungstechnischen Qualität“, heißt es weiter. Der Kaufpreis sei dabei kein Teil der Ausschreibung, betonte sie. Das Erdgeschoss des zu planenden Gebäudes soll „öffentlichkeitswirksame, bürgerrelevante Gewerbe und Dienstleistungen“ erhalten, für die übrigen Geschosse gibt es keine Vorgaben. „Wenn Wohnungsbau geplant ist, dann muss er besonders sein, bezahlbar, innovativ, anders“, so die Stadtplanerin.

Die Planer sollen sich möglichst frei entfalten können

Auf alle Fälle bedürfe es einer „langfristigen, nachhaltigen Lösung“. Denn das Gelände sei mit der Gartenschau erstmals erlebbar geworden und habe neue Perspektiven – im Wortsinn – eröffnet, hielt Annette Stiehle weiter fest. Um dem Rechnung zu tragen, sei man auch von der ursprünglichen Planung des Büros Lohrer-Hochrein insofern abgerückt, dass man die vorgeschlagene Form der Bebauung noch einmal zur Disposition stelle. Wo die Gebäude stehen und wie groß sie sein sollen, sollen die Teilnehmer des Wettbewerbs selbst entscheiden.

„Wichtig ist eben, dass es nicht nur ums Gebäude geht, sondern auch um den Freiraum“, so die Stadtplanerin, weswegen man von den Investoren den Einsatz von Architekten und Landschaftsarchitekten fordere. Diese sollen in ihren Ideen und Vorschlägen frei sein, allein das Verhältnis zwischen Gebäude und Freifläche sei festgelegt. Außerdem heißt es in der Ausschreibung: „Zur Eyach hin soll eine mögliche Bebauung einen angemessenen, sensiblen Höhenübergang und Abstand wahren.“

Freiheit ja ...

Ein Schritt, den die FDP-Fraktion grundsätzlich begrüßt, denn: „Die von Lohrer-Hochrein im Jahr 2018 konzipierte Bebauung des Plaza-Geländes mit einem L-förmigen Baukörper halten wir für veraltet“, wie es Fraktionsvorsitzender Dr. Dietmar Foth in einem Antrag formuliert. „Schon jetzt stören erheblich die beiden massiven, in vorderer Front stehenden Baukörper der Wohnbaugenossenschaft entlang des Weges“, begründet er. Zudem würden entlang des Weges Richtung Wehr weitere „sechs ähnlich massive Häuserblöcke, drei in vorderer Front, und ein Querbau entstehen“, fügt er an.

Für seine Fraktion komme „allenfalls eine Bebauung entlang Am Roßnägele, gegebenenfalls auch eingeschränkt entlang der Stingstraße infrage, wenn sie gegliedert ist und kein Block“, so Foth. „Ein L mit Bebauung in südlicher Richtung darf es nicht geben, jedenfalls muss der Platz, auf dem sich die Plazabühne befand, leer bleiben.“

Dass die Verwaltung die ursprüngliche Planung bei der Wettbewerbsausschreibung offener lässt, begrüße seine Fraktion. „Dies eröffnet den Teilnehmern zumindest, die Fläche der Plaza-Bühne unbebaut zu lassen“, schreibt Fraktionsvorsitzender Dr. Dietmar Foth in seinem Antrag. Dennoch empfänden er und seine Fraktionskollegen die zu bebauende Fläche als zu groß.

... aber mit Einschränkungen

Der Antrag daher: Es sei ein zwingender Abstand von fünf Metern zum Weg vorzugeben. Um die Größe der Bebauung ebenso einzudämmen, sei die zu verkaufende Fläche dementsprechend zu verkleinern. Doch damit nicht genug. „Wir schlagen vor und beantragen eine Beschränkung der Gesamtfläche auf 1656 Quadratmeter“, heißt es im FDP-Antrag. Die schmale Seite des angedachten „L“ soll nach dem Willen der Fraktion nämlich um gut 540 Quadratmeter verkleinert werden. „Wir haben Angst, dass alles, was verkauft wird, auch bebaut wird. Dem Investor geht es um Wirtschaftlichkeit“, so Foth. Der Gemeinderat müsse den Mut haben, eine geringere Fläche zu verkaufen.

Eine Einschränkung, die seine Ratskollegen am Mittwochabend nur teilweise für notwendig erachteten. Grünen-Fraktionssprecher Erwin Feucht erinnerte an die festgelegte Größe der Freifläche, „ich tendiere in Richtung freier Gedanken, wir sollten die Planer nicht von vornherein weiter einschränken“. Anders sah dies Fraktionskollege Peter Seifert. „An dieser Stelle waren einmal Eyacharkaden geplant, die wären eine Katastrophe geworden“, begann er. Denn: „Diese riesengroßen Kuben sind nicht mehr zeitgemäß.“ Dem Vorschlag von Dr. Dietmar Foth könne er durchaus etwas abgewinnen.

Für mehr Freiraum für die Planer wiederum plädierte CDU-Rat Klaus Hahn. „Wozu so viele Vorgaben machen? Wir haben das Verfahren doch in der Hand“, betonte er. Rückendeckung gab’s von Wolfgang Hallabrin (Freie Wähler), „lassen wir die Planer doch mal machen, wir können ja jederzeit eingreifen“.

Ausschließen, was gar nicht gewollt ist

„Das, was wir ganz bestimmt nicht wollen, können wir doch von vornherein ausschließen“, argumentierte hingegen Ulrich Teufel (SPD). Auch er könne sich eine Verkürzung des Planungsfeldes durchaus vorstellen. „Klar, wir haben noch die Exitstrategie, aber sie ist die Notbremse, nicht das Ziel“, ergänzte Dr. Dietmar Foth, der einmal mehr für seinen Antrag warb.

Dass die Stadt durch die Einschränkung der Verkaufsfläche weniger Geld einnimmt als kalkuliert, sei korrekt. Durch den fünf Meter breiten Abstandsstreifen zum Weg und die Reduzierung der zu verkaufenden Fläche insgesamt entstehe ein rechnerischer Mindererlös in Höhe von 510.000 Euro. „Diese Beträge werden den Haushalt der Stadt nicht retten“, betont Foth. Denn: „Sind die Teilflächen einmal verkauft, sind sie auf alle Zeiten weg.“

„Auch der beste Entwurf ist nicht sakrosankt“

Baudezernent Michael Wagner fasste schließlich die Argumente zusammen. „Der Investor muss sich überlegen, ob er das Grundstück komplett ausmosten will, er will Ihnen ja gefallen“, betonte er. Den besten Entwurf müsse man keineswegs eins zu eins umsetzen, „der ist nicht sakrosankt. Aber darüber jetzt schon zu diskutieren, wäre Kaffeesatzleserei“, betonte er. Und er gab zu bedenken: „Was wir nicht verkaufen, müssen wir am Ende selbst gestalten.“ Wichtigstes Faustpfand der Verwaltung sei, „dass wir Eigentümer der Fläche sind. Sie verkaufen am Ende nur, wenn’s Ihnen wirklich gefällt“, schloss er.

Der FDP-Antrag wurde mit 3 Ja-, 7 Neinstimmen und 2 Enthaltungen abgelehnt. Die Räte brachten die von der Verwaltung vorgeschlagene Konzeptvergabe in zwei Punkten einstimmig, in einem Punkt mehrheitlich auf den Weg. Am 19. März entscheidet der Gemeinderat.

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