Balingen

„Ihr Kaputtmacher seid nicht die Mehrheit“: Unbekannte zerstören und stehlen Wahlplakat in Ostdorf

15.05.2024

Von Nicole Leukhardt

„Ihr Kaputtmacher seid nicht die Mehrheit“: Unbekannte zerstören und stehlen Wahlplakat in Ostdorf

© Christopher Seng

Da war es beschädigt, aber noch da: Vandalen haben das großformatige Wahlplakat in Ostdorf erst aufgeschnitten, dann gestohlen.

Sein Frust ist groß: Als Grünen-Kandidat Christopher Seng in seinem Heimatdorf Ostdorf am parteieigenen Wahlplakat Schnitte und Beschädigungen bemerkt, repariert er es. Und macht seinem Unverständnis auf Instagram Luft. Kurz danach verschwindet das Plakat über Nacht. Jetzt ermittelt die Polizei.

Auf Instagram macht Christopher Seng, der in Balingen Leiter der städtischen Museen ist, deutlich, wie verwurzelt er in „seinem“ Dorf mittlerweile ist. Er lebe mit seiner Familie seit „vielen, vielen Jahren“ in Ostdorf, fühle sich als echter Teil des Dorfes. Seine Familie und er seien engagiert in Vereinen und derzeit auch in Sachen Wahlkampf gefordert.

+++ Lesen Sie dazu auch den Meinungsbeitrag von Klaus Irion: Symbolische Gewalt ist die Vorstufe zu körperlichen Attacken +++

Denn er und seine Frau kandidieren für Kreis- und Gemeinderat, „weil wir uns für unsere Heimat einsetzen möchten“, wie Seng weiter schreibt. Für die Heimat und „für ein respektvolles und schätzendes Miteinander bei uns vor Ort“.

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An die Vandalen, die das Wahlplakat der Grünen am Ortseingang mutwillig zerstört hatten, richtet er deutliche Worte: „Mit welchem Recht kommst Du jetzt um die Ecke und denkst, Du könntest das einfach alles kaputtschneiden, zerreißen, wegwerfen? Unser ganzer persönlicher Einsatz – nur Müll für Dich?“, fragt Seng, rhetorisch natürlich. Sie seien fassungslos über die Gedankenlosigkeit - „wir sind Bewohner dieses Dorfes und verdienen mindestens Respekt und die Unversehrtheit unserer Leben, Kinder und Eigentum“, betont er.

Mit Klebeband hat Christopher Seng das Plakat repariert, „wir haben noch viel Reparatur-Klebeband und das Gesetz und unsere Demokratie stehen auf unserer Seite – ihr „Kaputtmacher“ seid nicht die Mehrheit und schon gar nicht das Volk“, schreibt er dazu auf Instagram. Doch zwei Tage später die Ernüchterung: Das reparierte, großformatige Plakat mit dem Gruppenfoto von Paul Bossenmaier wurde kurzerhand gestohlen. „Wir werden es ersetzen, weil wir diesem Treiben natürlich nicht nachgeben werden. Gewalt – und dazu gehört zum einen auch Sachbeschädigung und zum anderen Diebstahl – darf nie wieder Teil des politischen Diskurses werden“, schreibt Christopher Seng auf ZAK-Nachfrage.

„Es soll unseren Einsatz unsichtbar machen“

Denn die Gewalt wirke nicht nur oberflächlich gegen das Plakat, „es soll ja auch uns Kandidierende treffen, unseren Einsatz unsichtbar machen, zeigen, dass Macht ausgeübt werden kann über das ungeahndete Verschwindenlassen unseres Plakats. Selbstverständlich habe ich sowohl Beschädigung als auch Diebstahl bei der Polizei angezeigt.“

„Ihr Kaputtmacher seid nicht die Mehrheit“: Unbekannte zerstören und stehlen Wahlplakat in Ostdorf

© Klaus Irion

Auch in der Grünewaldstraße wurden Wahlplakate heruntergerissen.

Selbst wenn die Täter keine „gestandenen Nazis“ seien, sei ihr Handeln ganz bewusst im Sinne derselben, „dass Menschen denken, so etwas als Mittel der Politik tun zu dürfen“, wie Seng argumentiert. „Öffentliche Meinungsbildung muss in unserem Land stets frei im Rahmen des Grundgesetzes sein und das ist stets politisch. Daher ist die Strafanzeige auch als politisch motivierte Tat aufgenommen“, fügt er an. Und: „Andererseits nervt es mich persönlich schon wirklich gewaltig, dass das in meinem Heimatdorf passiert.“

Vermutlich wenig tröstlich dürfte da sein, dass Parteien auch andernorts mit Vandalismus und Diebstahl zu tun haben: Auch in Bitz waren in der Nacht zum ersten Mai Plakate der ÖDP verschwunden, andere, darunter eines in Balingen, waren in Brand gesteckt worden.

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