Haigerloch

Haigerlocher Brauchtum: 15 Bräutlinge landen ruckzuck im kalten Wasser des Marktplatzbrunnens

24.02.2020

von Wilfried Selinka

Haigerlocher Brauchtum: 15 Bräutlinge landen ruckzuck im kalten Wasser des Marktplatzbrunnens

© Wilfried Selinka

Der neue Zunftmeister der Haigerlocher Narrenzunft, Frank Graf, landete im Martkplatzbrunnen. Er war früher selbst mal ein Bräutelbube.

Unter dem Jubel hunderter Zuschauer wagten alle Frischvermählten, Reigeschmeckten, einige Alte Herren und Prominente einen Ritt auf der Bräutelstange. Für manche von ihnen wurde es am Ende ziemlich nass.

Petrus hatte noch mal ein Einsehen mit der Haigerlocher Bräutelgesellschaft. Das trübe Wetter mit Nieselregen wich am Montag just zum Auftakt des historischen Freiluftspektakels einem trockenen, sonnigen Himmelsblau. So wurde Bräuteln im 160. Jahr seines Bestehens für Hunderte von Zuschauern zu einem tollen Fasnetserlebnis.

Frühmorgens erklingt der Bräutelmarsch

Bereits ab 6 Uhr morgens erklang der Bräutelmarsch in Haigerlochs Straßen, denn traditionsgemäß spielen Stadtkapelle und Bräutelbuben dem Pfarrer, dem Bürgermeister und den Jubelpaaren der vergangenen vier Jahre ein Ständchen.

120 Bräutlinge dieses Jahres ließen sich zu den Klängen des Bräutelmarsches um den Marktplatzbrunnen tragen. Auf die Bräutelstange müssen all diejenigen, die in den vergangenen vier Jahren nach Haigerloch gezogen sind, ein Geschäft gegründet, ein Haus gebaut oder geheiratet haben. Gebräutelt werden auch ledige Mannsleut‘ ab 16 Jahren, die nicht in der Bräutelgesellschaft sind.

Prominente werden nicht geschont

Der Prozedur unterziehen musste sich aber auch die Prominenz: Regierungspräsident Klaus Tappeser, Bürgermeister Heinrich Götz, der neue Kernstadtortsvorsteher Michael Ashcroft, Ringpräsident Roland Wehrle von der Vereinigung Schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte (VSAN), Furtwangen, Landschaftsvertreter Neckar-Alb René Schatz, Obernheim, sowie Haigerlochs ehemaliger Zunftmeister Hartwig Eger.

Einer der urwüchsigsten Bräuche

Roland Wehrle bezeichnete das „Haigerlocher Bräuteln als einer der urwüchsigsten Bräuche im schwäbisch-alemannischen Raum“. Urwüchsig ist der Brauch auch deshalb weil, im Gegensatz zu Sigmaringen, der eine oder andere Bräutling, wenn er sich der Zeremonie zu sehr widersetzt oder auf der Bräutelstange ungebührlich benimmt, ins Sekundenschnelle im Marktplatzbrunnen landet.

Fotostrecke
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Bräutel-Brauch in Haigerloch: Polit- und Narrenprominenz auf einem Haufen mit Regierungspräsident Klaus Tappeser
(links) und Bürgermeister Heinrich Götz (rechts).

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Bräutel-Brauch in Haigerloch: Schwerstarbeit leisteten die Bräutelbuben bei über 150 Runden um den Marktplatzbrunnen.

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Bräutel-Brauch in Haigerloch: Hunderte von Zuschauern erlebten am Montag „160 Jahre Bräuteln“ auf dem Haigerlocher Marktplatz.

© Wilfried Selinka

Der Ruf „Stang dreha“ gibt das Signal und der Bräutling zappelt und prustet im kalten Brunnenwasser. Zirka 15 Bräutlinge mussten diesen Tauchgang sehr zur Freude der Zuschauer über sich ergehen lassen und landeten „kopfüber im Wasser“.

Bunter Umzug s’Städtle nuff

Traditionell ist dieses Machtspiel oft mit allerhand handfesten Auseinandersetzungen und Rangeleien verbunden. Doch alles ging ohne Blessuren ab. Nachdem das Bräuteln Schlag 12 Uhr beendet war, mündete die Haigerlocher Fasnet in einen bunten Umzug. Von der Unterstadt zog der närrische Tross zur Witthauhalle zum Mittagessen: Voraus die Bräutelbuben, die meisten mit einem Mädchen am Arm, die Stadtkapelle, die Haigerlocher Traditionsmasken, sowie die Narrenzünfte aus Neuhausen/Fildern, die Weildorfer Storchen samt Guggenmusik „Notenquäler“ und verschiedene örtliche Fasnetsgruppen.

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