Haigerloch

Das Storchendorf ohne Storch: Warum ist der Adebar noch nicht nach Weildorf zurückgekehrt?

01.03.2024

Von Julia Siedler

Das Storchendorf ohne Storch: Warum ist der Adebar noch nicht nach Weildorf zurückgekehrt?

© Julia Siedler

Sie sehen, dass Sie (noch immer) nichts sehen: Tobias Lapp vom Narrenverein wartet sehnsüchtig auf den Adebar.

Weildorfer bemühen sich seit 2020 mit einem eigens errichteten Storchennest um die Rückkehr des Weißstorchs. Warum die Mühe bisher aber vergebens war, erklärt Tobias Lapp vom Narrenverein „Weildorfer Storchen“, der seine Idee mithilfe des Ortsvorstehers, dem Nabu und eines Storchenbetreuers in die Tat umsetzte.

Bei der Weildorfer Fasnet sieht man traditionell keine Hexen oder Butzen, sondern flauschige Figuren in weißen Kostümen, mit einer weißen Maske und einem langen orangefarbenen Holzschnabel durch den Umzug ziehen: die „Weildorfer Storchen“. Durch eine „bizarre und letztlich erfolglose Vertreibung von Störchen aus den Weildorfer Feldern“, wie es auf der Website des Vereins heißt, sind sie zum Motiv des Narrenvereins geworden. Der Legende nach endete die Vertreibung damit, dass Feldschütz, Bürgermeister und Gemeinderäte das Feld, um das sie sich sorgten, selbst kaputttrampelten – und die Störche weiterzogen. Umso kurioser daher auch, dass sich nun gerade die Narren federführend um die Rückkehr dieser kümmern.

Trotz aller Mühen: Störche waren bisher nur auf der Durchreise

Ob diese den Weildorfern die Vertreibung wohl verübelt haben? Denn Narrenverein, Obst- und Gartenbauverein, Ortschafsrat und Nabu bemühen sich seit 2020 um Ciconia ciconias Rückkehr; der Weißstorch, der bekanntermaßen in Nordafrika, Europa und Asien verbreitet ist. Tobias Lapp, einer der Hauptorganisatoren innerhalb der Arbeitsgruppe „Weißstorch für Weildorf“ und Ausschussmitglied im Narrenverein, erklärt: „Jetzt gerade ist die Zeit, in der man bibbert, ob wohl ein Storch kommt.“ Schon mehrere Male seien wieder welche in Weildorf gesichtet worden; geblieben sei bis heute allerdings keiner. Einer davon habe sich in nur 2 Kilometern Entfernung zum Nest befunden, war aber wohl nur auf der Durchreise.

Seit sich die Weildorfer wieder vermehrt den Störchen widmen, ist Lapp oft in Kontakt mit Hartmut Polet aus Mühlheim. Dort haben sie seit einigen Jahren wieder Störche auf dem Kirchturm. Polet sei inzwischen Storchenbetreuer und stehe immer gerne mit Rat und Tat zur Seite. Er stellte auch fest, dass das Nest zu wenig bestückt sei. Außerdem fühlten sich Störche mehr zuhause, wenn das Nest „benutzt“ aussieht – „wenn man es also zum Beispiel weiß anmalt“, sprich: „in der Farbe des Storchenkots“, lacht Lapp. Diesen macht er auch für die längere Haltbarkeit von Dächern verantwortlich, „vielleicht durch den vielen Kalk“, mutmaßt er. „Taubenkot ist, glaube ich, nicht gut fürs Dach, aber Storchenkot reinigt eher, soweit ich weiß“. Wegen ihres Daches bräuchten die Menschen also nicht besorgt sein, spannender werde es eher bei der Statik: „So ein Storchennest kann gut und gerne mal eine Tonne wiegen!“

Um einen Storch anzulocken, muss das Nest noch mal neu bestückt werden

Der Obst- und Gartenbauverein habe das Nest für den Masten damals vorgeflochten, doch nachdem es ein wenig stürmischer war, habe es nun auch den letzten Rest heruntergeweht. Die Arbeitsgruppe habe das Nest nun aber auch noch nicht weiter bestückt wie empfohlen, „wir brauchen jetzt natürlich einen Kran“, denn das Nest liegt in etwa 9,5 Metern Höhe. Nicht in 10, „weil man dafür wieder eine andere Genehmigung gebraucht hätte“. Ob man den Aufwand nun noch einmal auf sich nehme, sei ein Thema, das die Gruppe derzeit ein wenig spalte. Auch die Kosten, die dabei entstehen, müssten natürlich berücksichtigt werden. Für dieses Jahr sei es nun ohnehin „fast schon wieder zu spät“, so Lapp. Nabu und Polet wurden mit ins Boot geholt, um den richtigen Standort für das Stahlnest zu finden. Sowohl die Fördermittel, als auch die Spendenaktion liefern über den Nabu. Der geeignetste Standort sei eigentlich immer der höchste Punkt im Dorf, erklärt Lapp, der erkennbar großes Interesse an der Welt der Störche entwickelt hat. Durch die Höhe von Kirchendächern seien Störche natürlich oft genau dort anzutreffen.

Aufgrund der Sage um die Störche in Weildorf setzt sich der Narrenverein für die Rückkehr des Adebars ein. Im Grunde war es Lapps Idee, der sie mit dem heutigen Ortsvorsteher Armin Hipp in die Wege geleitet habe. „Wenn man schon Storchendorf genannt wird, sollte man auch einen richtigen Storch haben!“, befindet Lapp damals wie heute. Der Narrenverein habe zudem keinen gewöhnlichen Narrenbaum, sondern „ein Storchennest mit Attrappen darin“. Diese könnten Polet zufolge das lebende Exemplar aber auch etwas abschrecken. Wenn allerdings dieses Jahr noch ein Storch kommen sollte, müsste die Arbeitsgruppe nun zügig nochmal etwas am Nest machen. „Aber ich denke, der Zug ist jetzt abgefahren. Wäre allerdings schon cool gewesen“. Auch Spendengelder seien noch übrig geblieben, „es wäre also eigentlich schon möglich“.

Trotz teurer Variante wären noch Spendengelder für Arbeiten übrig

Der Strommast für die Konstruktion kam von den Stadtwerken, „der wurde nicht mehr benötigt“. Das Stahlnest hat die Gruppe auf den Mast schweißen lassen, auch die Statik für das Fundament musste man für das übliche Schwergewicht eines Storchennests berechnen lassen. Eine Statikerin aus Weildorf habe das kostenlos gemacht. Den Beton für das Fundament und die Anfahrtskosten habe die Gruppe über die Spendengelder getragen. „Auf dem Konto müssten jetzt noch 4000 bis 5000 Euro zur Verfügung stehen.“ Eine genaue Angabe über die Gesamtkosten sei nur schwer zu machen, da vieles in Eigenregie und kostenlos gestemmt werden konnte und es „auch viele Möglichkeiten gibt, ein solches Storchennest zu errichten“, fasst er zusammen. „In Hechingen-Boll, wurde ein solches als Holzkonstruktion gemacht, glaube ich.“ Dies sei zwar auf den ersten Blick die günstigere Alternative, „aber irgendwann geht der Mast halt auch wieder kaputt“.

Es scheint, als könnte man Lapp keine größere Freude machen, als endlich einen Storch in das kleine Haigerlocher Dorf zu locken. „Wenn man mal im Thema ist, sitzt man wie gefesselt dran, weil es so viel Wisssenswertes über Störche gibt“, sagt der Familienvater. Was viele nicht wüssten: Der Glücksbringer ist ein richtiger „Wunderfitz“. „Die sind so neugierig, die wollen eigentlich immer gucken, was geht. Die wollen richtig im Leben drin sein.“ Um den Kindergarten sei auch schon ein Storch gesichtet worden, „das hat dem halt auch gefallen, weil da die Kinder gespielt haben“, erklärt Lapp.

Ist der Ortsrand möglicherweise zu langweilig für „wunderfitzige“ Störche?

Bei den Ortsbegehungen hätten sich nur zwei Gebäude überhaupt als geeignet herausgestellt, da die Stromleitungen über den Dächern zum Problem für die Flugriesen werden können: „Storchen gleiten auch über die Thermik an ihr Nest hin.“ Da aber weder die Kirche noch Privatpersonen das Nest auf ihrem Dach haben wollten, befindet sich dieses nun am Ortsrand in der Lehgasse in Richtung Wanderparkplatz, auf dem Grundstück von Steuerberater Dietmar Eger, parallel zur K 7177. „Zum Wanderparkplatz laufen schon auch viele Leute“, den Storchen könnte es aber dennoch „einfach zu langweilig sein“, meint Lapp.

Geplant war auch eine Bank an der Kreuzung, wo die Lehgasse wieder auf die Kreisstraße führt. „Dort wollten wir dann auch eine Infotafel aufstellen“; auch die offizielle Einwohnung stehe noch immer an. „Wir haben natürlich gehofft, das dann machen zu können, wenn der Storch da ist“, bedauert Lapp. Aufgegeben hat er deshalb aber noch lange nicht: „2023 war ein gutes Storchenjahr!“ Würde das Nest allerdings bei den derzeit matschigen Wiesen mithilfe eines Krans wieder aufgefüllt werden, würde Weildorf wohl die Fortsetzung der legendären Storchensage blühen.

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