Balingen

Brücke Balingen-Bangladesch: Ein Einblick, wie die Spendengelder verwertet werden

28.02.2022

Von Jelena Marjanov

Brücke Balingen-Bangladesch: Ein Einblick, wie die Spendengelder verwertet werden

© MATI

Im Gemüsebeet: Shapla, bewirtschaftet Ackerland und versorgt damit ihre fünfköpfige Familie.

In Bangladesch leiden viele Familien unter Armut und können sich oftmals nicht einmal eine Mahlzeit am Tag leisten. Der Gisela-Stiftung und der dazugehörige Förderverein unterstützen die Nichtregierungsorganisation MATI bereits seit mehreren Jahren. Immer wieder organisieren Dr. Gisela Swoboda, Vorsitzende des Stiftungsrats, und ihr Team Spendenaktionen. Mit uns hat die Balingerin darüber gesprochen, in welche Projekte das gesammelte Geld fließt.

Im Oktober vergangen Jahres berichteten wir über das Start-up-Projekt der Nichtregierungsorganisation MATI aus Bangladesch. Der Förderverein Brücke Balingen-Bangladesch unterstützt die Organisation von Deutschland aus und startet immer wieder Spendenaktionen oder verkauft Produkte wie Taschen, die in dem südasiatischen Land von Frauen gefertigt werden.

Hilfe zur Selbsthilfe

„Die Frauen sind sehr unterdrückt in Bangladesch“, sagt Dr. Gisela Swoboda. „Sie haben wenig Chancen eigenes Geld zu verdienen, und meist ist der Anbau von Gemüse oder Getreide von Männern dominiert.“ Mit den Projekten von MATI sei es für die Frauen möglich, sich zusammenzuschließen.

Über das Genossenschaftsprogramm können die Frauen einen Kredit bekommen. „Damit können sie dann Felder anmieten oder kaufen und bewirtschaften“, so Gisela Swoboda. „Manche schließen sich auch zusammen und mieten ein Lagerhaus oder kaufen gemeinsam eine Trocknungsanlage.“

Über das Sparprogramm der Organisation können die Frauen Geld für die Ausbildung ihrer Kinder, Unvorhergesehenes oder medizinische Versorgung beiseitelegen.

Erwirtschaftetes Geld fließt wieder in Gemeinschaftsfond zurück

Die Kredite, die für die Start-ups vergeben werden, seien meist verlorene Kredite, meint Gisela Swoboda, da sie meist nicht vollständig zurückgezahlt werden können. Doch das ist nicht ganz so schlimm, denn die Kredite dienen als Hilfe zur Selbsthilfe. Im Gegenzug werden die Frauen verpflichtet, erwirtschaftetes Geld, das sie abgeben können, in den oben genannten Gemeinschaftsfond aus dem Genossenschaftsprogramm einzubringen.

Die Spenden, die Gisela Swoboda und ihr Team hier vor Ort sammeln, finanzieren mitunter diese Start-up-Kredite. Einige Beispiele hat die Balingerin von ihrem Team in Bangladesch zugesendet bekommen.

Geringes Einkommen

Da wäre zum Beispiel Shapla, eine 28 Jahre alte Frau, die nur bis zur 6. Klasse die Schule besuchen konnte. Seit 2004 ist sie mit ihrem Mann Jolil Mia verheiratet und lebte mit ihm in Bangladeschs Hauptstadt Dhaka. Das Paar hat gemeinsam drei Kinder im Alter zwischen 6 und 13 Jahren.

Fotostrecke
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Shapla mit einer ihrer Kühe.

© MATI

Morza, wie sie Gemüse erntet ...

© MATI

... die Hühner füttert ...

© MATI

... und sich um ihre Ziegen sorgt.

© MATI

Jobeda, die ebenfalls Kühe züchtet und sie verkauft.

© MATI

Einige der Taschen, die von den Frauen aus Bangladesch genäht und beim Förderverein Brücke Balingen-Bangladesch verkauft werden.

© Gisela Swoboda

Einige der Taschen, die von den Frauen aus Bangladesch genäht und beim Förderverein Brücke Balingen-Bangladesch verkauft werden.

© Gisela Swoboda

Einige der Taschen, die von den Frauen aus Bangladesch genäht und beim Förderverein Brücke Balingen-Bangladesch verkauft werden.

© Gisela Swoboda

Shaplas Ehemann verdiente umgerechnet rund 104 Euro monatlich, damit musste sie eine fünfköpfige Familie ernähren. Allein die Miete verbrauchte die Hälfte des Einkommens. Mit Beginn der Corona-Pandemie verlor ihr Mann die Anstellung und damit auch den Lohn. Sie kehrten ins Dorfgebiet zurück, wo ihr Mann als Tagelöhner arbeitete. Allerdings lediglich drei bis fünf Tage im Monat.

Kredit ermöglicht Landwirtschaft und Selbstversorgung

Da ihr Mann noch Ackerland besaß, beschloss sie, die Flächen zu bewirtschaften. Über das Genossenschaftsprogramm von MATI eröffnete sie ein Sparkonto und nahm anschließend einen Kredit auf. Damit baute sie auf dem Acker verschiedenes Gemüse an. Durch den Kauf von vier Hühnern konnte sie Küken ausbrüten lassen und aufziehen. Auch diese verkauft sie.

Durch einen weiteren Kredit schaffte sie es, sich Kühe und Ziegen zu kaufen. Ebenso baut sie nun Reis an, den sie sowohl für die Ernährung der Familie verwendet als auch für den Verkauf auf dem Markt. Nach der Reisernte baut sie Senf auf ihrem Acker an, da sie das Feld jährlich bis zu dreimal bebauen kann.

Selbstständigkeit bringt familiären Respekt

Ähnlich wie Shapla ging es auch Morzina und Jobeda. Die Frauen verbinden meist gleichartige Geschichten. Mithilfe von MATI und den Spenden aus Deutschland teilen sie zudem fast die gleichen Erfolge.

Morzina beispielsweise fühlt sich gestärkt und von ihrer Familie respektiert, steht in einem Bericht geschrieben. „Sie ist jetzt die Hauptentscheidungsträgerin im Haushalt. Ihre Entwicklung ist in der Tat beeindruckend und hat Vorbildcharakter für die Gemeinschaft der Frauen, so dass MATIs Außendienstmitarbeiter sie gerne bei der Weiterentwicklung ihrer Ideen unterstützen wollen“, schreibt die Organisation.

Handtaschen aus Bangladesch

„Zu Beginn steht alles unter der Verantwortung von MATI, wenn es dann gut läuft, geht es in die Genossenschaft über, die von der NGO beaufsichtigt wird“, so Gisela Swoboda. Mit dem Übergang in die Genossenschaft müssen sich die Frauen also nach dem Muster der NGO selbst verwalten. „Das Ziel ist es, dass sie mit der Zeit auf eigenen Füßen stehen“, erklärt die Balingerin.

Manche der Frauen beschaffen sich mit dem Kredit beispielsweise eine Nähmaschine und fertigen die anfangs erwähnten Handtaschen an. „Die werden in Bangladesch gefertigt und anschließend verkauft“, erläutert Gisela Swoboda. „Mit den Einnahmen können sie dann den Kredit wieder abbezahlen, sofern nach den notwendigen Ausgaben etwas übrig bleibt.“ Ansonsten nähen die Frauen auch für sich selbst.

Wer das Projekt unterstützen möchte, kann die Taschen beim Förderverein Brücke Balingen-Bangladesch erwerben oder sich auf der Internetseite brueckebalingenbangladesch.de über die Spendenmöglichkeiten informieren.

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