Balingen

Hilfe zur Selbsthilfe: Brücke Balingen-Bangladesch unterstützt Start-up-Projekt für Familien

07.10.2021

Von Jasmin Alber

Hilfe zur Selbsthilfe: Brücke Balingen-Bangladesch unterstützt Start-up-Projekt für Familien

© Christof Krackhardt

Die Start-up-Hilfe von MATI in Bangladesch ermöglicht es Familien, sich wieder eine Existenz aufzubauen – beispielsweise mit einem Laden oder Verkaufsstand.

Die Corona-Lage in Bangladesch ist dramatisch. Die Schulen waren seit März 2020 geschlossen und auch jetzt mit der Öffnung dürfen sie nicht alle Kinder wieder besuchen. Hunger und Kinderheirat nehmen zu, viele Familien fürchten um ihre Existenzen. Dr. Gisela Swoboda von der Brücke Balingen-Bangladesch macht auf diesen Notstand aufmerksam und bittet um Unterstützung – gerade jetzt zum Erntedank-Fest.

„Corona und die langandauernden Lockdowns in Bangladesch führten für viele Familien in unserer Projektregion um Huzurikanda zu einer existentiellen Notsituation, die besonders hart die Kinder trifft.“ Das sagt Dr. Gisela Swoboda, Vorsitzende des Stiftungsrats der Gisela-Stiftung Brücke Balingen-Bangladesch und des zugehörigen Fördervereins.

„Die Schulen waren seit März 2020 geschlossen“, informiert die Balingerin. Und dabei fehlen den Kindern nicht nur die immens wichtigen Bildungsinhalte, sondern gerade dort, in den Schulen, erhielten die Kinder wenigstens eine Mahlzeit am Tag. „Jetzt öffnen zwar wieder Schulen, aber nicht alle Kinder dürfen sie wieder besuchen.“

Brandbrief aus Bangladesch

Die Situation zu entschärfen, drängt also. Kürzlich erreichte sie noch ein Brief von Andrea Rahaman von MATI. Die unabhängige Nichtregierungsorganisation ist seit Anfang 1997 im mittleren Norden von Bangladesch in den Distrikten Mymensingh und Sherpur tätig, setzt sich für selbstbestimmte Dorfentwicklung, für die Bekämpfung der Armut und für die Ermöglichung von Schulbildung ein. MATI ist ein Projektpartner des Fördervereins Brücke Balingen-Bangladesch.

„In Bangladesch ist die Lage im zweiten Corona-Jahr mittlerweile dramatisch. Da in vielen Familien die Eltern im Zuge der Lockdowns ihre Jobs verloren haben, haben sie alles verkauft, was sich zu Geld machen lässt, um in Monaten ohne jedes Einkommen, die Familie zu ernähren“, schreiben Andrea Rahaman und Dr. Gisela Swoboda in einem Rundbrief und machen damit neben dem Schul- und Bildungswesen noch einen weiteren coronabedingten Missstand publik.

„In der Stadt leben die Familien in ständiger Angst, weil sie mit den Mietzahlungen massiv im Rückstand sind und immer damit rechnen müssen, dass der Vermieter sie auf die Straße setzt.“ Der Hunger nimmt zu.

Kinderheiratsrat steigt wieder massiv an

Wer noch Angehörige auf dem Dorf habe, verlasse die Stadt, um wenigstens noch etwas selbst anbauen zu können. Viele Familien hätten sich hoch verschuldet, um über die Runden zu kommen. Und das bedeute im Umkehrschluss, dass auch die Kinderheirat wieder extrem stark zunehme, so Dr. Swoboda.

Die Versorgung der Töchter solle durch die Ehe und dem Umzug ins Haus der Schwiegereltern sichergestellt werden.

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Ackerland bewirtschaften, Vieh halten oder Verkaufsstände ermöglichen: Einblicke in die Arbeit von MATI in Bangladesch.

© Christof Krackhardt

Ackerland bewirtschaften, Vieh halten oder Verkaufsstände ermöglichen: Einblicke in die Arbeit von MATI in Bangladesch.

© Christof Krackhardt

Ackerland bewirtschaften, Vieh halten oder Verkaufsstände ermöglichen: Einblicke in die Arbeit von MATI in Bangladesch.

© Christof Krackhardt

Ackerland bewirtschaften, Vieh halten oder Verkaufsstände ermöglichen: Einblicke in die Arbeit von MATI in Bangladesch.

© Christof Krackhardt

Ackerland bewirtschaften, Vieh halten oder Verkaufsstände ermöglichen: Einblicke in die Arbeit von MATI in Bangladesch.

© Christof Krackhardt

Ackerland bewirtschaften, Vieh halten oder Verkaufsstände ermöglichen: Einblicke in die Arbeit von MATI in Bangladesch.

© Christof Krackhardt

Ackerland bewirtschaften, Vieh halten oder Verkaufsstände ermöglichen: Einblicke in die Arbeit von MATI in Bangladesch.

© Christof Krackhardt

Ackerland bewirtschaften, Vieh halten oder Verkaufsstände ermöglichen: Einblicke in die Arbeit von MATI in Bangladesch.

© Christof Krackhardt

Ackerland bewirtschaften, Vieh halten oder Verkaufsstände ermöglichen: Einblicke in die Arbeit von MATI in Bangladesch.

© Christof Krackhardt

Ackerland bewirtschaften, Vieh halten oder Verkaufsstände ermöglichen: Einblicke in die Arbeit von MATI in Bangladesch.

© Christof Krackhardt

In dem Brief wird das anhand aktuell bekannter Fälle verdeutlicht. Eines der Mädchen, deren Schicksal in dem Schreiben von Andrea Rahaman geschildert wird, ist Anona: „Sie ist ein 13-jähriges Mädchen aus allerärmsten Verhältnissen, deren Familie wir schon lange kennen und begleiten. Ihre alleinerziehende Mutter hat in einem anderen Haushalt geholfen und wurde zu Beginn der Pandemie entlassen. Der Großvater, der die Familie noch unterstützt hat, musste aufgrund einer Erkrankung seine Stelle als Nachtwächter aufgeben. Somit hatte die sechsköpfige Familie kein Einkommen mehr. Gerade wurde Anona auf Druck ihres Onkels verheiratet. Sie war das älteste Mädchen.“ Und Anona ist kein Einzelfall.

Anlaufstellen für Familien vor Ort

„MATI und unser medizinisches Kompetenzzentrum in Huzurikanda sind die Anlaufstellen für die Menschen in unserer Projektregion“, verdeutlicht die engagierte Balingerin. „Außer medizinischer Hilfe und Ausbildung sind gerade jetzt einkommensschaffende Maßnahmen zur Existenzsicherung dringend nötig.“

Die Menschen seien bereit, wie schon nach den Flutkatastrophen, auch jetzt wieder ihr Leben in den Griff zu bekommen. Umso wichtiger ist es, sie nachhaltig zu unterstützen, nicht nur mit kurzfristig angelegten Spendenaktionen.

Die Idee, die der Förderverein Balingen-Bangladesh unterstützt und darüber auch seine Mitglieder bereits informiert hat, lautet Hilfe zur Selbsthilfe – mit einer Start-up-Aktion für Familien. MATI habe damit aus früheren Katastrophen viel Erfahrung und sichere die Aufbauarbeit durch kontinuierliche Begleitung der Familien.

Kleine Darlehen helfen, Existenzen aufzubauen

Ihnen wird ein kleines Darlehen gewährt, damit sie sich selbstständig eine Einkommensquelle aufbauen können und ein Geschäft oder einen Straßenstand betreiben, ein Stück Land zur Bewirtschaftung pachten oder Nutzvieh kaufen können. Schon mit kleinen Beträgen zwischen 50 und 250 Euro kann Dr. Gisela Swoboda zufolge solch ein Start-up ermöglicht werden, das die Existenz der ganzen Familie sichern könne.

Hier in Deutschland steht bald das Ernte-Dank-Fest vor der Tür. Für die beiden Frauen ist das ein Anlass zum Aufruf, auch andernorts zu helfen – „dass auch die Familien in Bangladesch sich bald wieder über einen reicher gedeckten Tisch freuen können".

Weitere Informationen zur Brücke Balingen-Bangladesch und zur Spendenaktion für die Start-ups gibt es auf brueckebalingenbangladesch.de (unter dem Menüpunkt Neuigkeiten). Dort sind auch die Kontoverbindungen aufgeführt.

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