Geislingen

Austausch in der Geislinger Waldhof-Scheune: Stuttgarter Politiker hören der Bürgerinitiative zu

31.05.2022

von Pressemitteilung/roco

Austausch in der Geislinger Waldhof-Scheune: Stuttgarter Politiker hören der Bürgerinitiative zu

© Ernst Schatz

Dr. Brückner (links) und Dr. Schwarz (Zweiter von links) nahmen sich viel Zeit für das Gespräch mit der BI Waldhof.

„Es war ein gutes Gespräch“, sagt Annemarie Schneider, Beirätin in der Bürgerinitiative Waldhof. Dreieinhalb Stunden haben sich BI-Mitglieder und betroffene Landwirte mit Dr. Jesko Schwarz und Dr. Joachim Brückner vom Staatsministerium am Montagabend in einer Scheune auf dem Waldhof-Gelände ausgetauscht. Viele Details hörten die Stuttgarter Politiker zum ersten Mal. Sehr oft mussten sie auf die Fragen passen. Eine Zusammenfassung.

Das Staatsministerium hat sein Versprechen eingelöst und Dr. Joachim Brückner, Referatsleiter Innenpolitik, und Dr. Jesko Schwarz vom Referat Wissenschaft, Forschung und Kunst, für ein persönliches Gespräch mit den Betroffenen nach Geislingen geschickt. Die BI Waldhof hatte sich mit Fragen zur Standortwahl, zum Schutzgut Mensch und menschliche Gesundheit, zum Schutzgut Tiere, Pflanzen, biologische Vielfalt, zum Schutzgut Fläche, Wasser, Luft, Klima, Landschaft und zum Schutzgut Kulturelles Erbe bestens auf das Gespräch vorbereitet. So kam es zu einem ruhigen Informationsaustausch auf sachlich, konstruktiver Ebene, schreibt die BI in einer Pressemitteilung.

Viele Fragen können noch nicht geklärt werden

Dr. Brückner und Dr. Schwarz betonten, man stünde am Anfang des Genehmigungsverfahrens, an dessen Ende, wie schon mehrfach berichtet, die „Umwandlung“ des Geislinger Waldhofs-Gelände in ein Absetzgelände für das Kommando Spezialkräfte (KSK) und die amerikanische Armee stehen soll. Deshalb könne man viele Fragen noch nicht abschließend beantworten. In Auftrag gegeben worden sei bereits vor Ostern ein naturschutzfachliches Gutachten und vom Bundesverteidigungsministerium werde ein luftfahrtrechtliches Verfahren erarbeitet. Erst wenn der genaue Verlauf der Landebahn und die Flugzeugtypen, die zum Einsatz kämen festläge, könne mit dem Lärmschutzgutachten begonnen werden, erklärten die beiden Vertreter des Staatsministeriums.

Auch Spitzenwerte berechnen

Auch eine von der BI geforderte Luftkorridorkarte, die den Bürgern zeigen würde, welche Orte vom Überflug betroffen sein werden, läge aus diesem Grund noch nicht vor, betonten Schwarz und Brückner. An dieser Stelle verwies Ernst Schatz von der BI darauf, dass entsprechend der in der EU-Richtlinie über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm vorgesehenen Berechnungsformel für den Lärm, wohl nur ein Mittelwert weit unter den tatsächlichen Belastungen das Ergebnis vorgesehen sei. Er forderte die Ausweisung auch der Spitzenwerte. Annemarie Schneider verwies noch einmal deutlich auf die bereits durch das Zementwerk und den Schieferabbau in Dormettingen sehr hohe Lärm-und Schmutzbelastung der Bevölkerung auf dem Kleinen Heuberg.

Bio-Landwirt Manfred Kränzler fragte nach, was in diesem Zusammenhang mit dem Waldhof als Naherholungsgebiet sei. Der Waldhof grenze an FFH-Flächen und gehöre zu einem Grünzug. Dies werde sicherlich im naturschutzfachlichen Gutachten Berücksichtigung finden, so die Antwort der Vertreter des Staatsministeriums. Ob Ausgleichsflächen nötig würden, könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden.

Wie sieht es mit der Ernte aus?

Die Sperrung oder möglicherweise Verlegung der Kreisstraßen und die damit verbundene Behinderung der Landwirte wurde von Tobias Vötsch, der den direkt angrenzenden Danneckerhof betreibt, hinterfragt. Es sei zu erwarten, dass sich die Erntetage mit den Fallschirmabsprungtagen überschneiden würden, da für beides schönes Wetter nötig ist. Zeitverzüge bei den Erntefahrzeugen hätten erhebliche finanzielle Belastungen zur Folge, da die Erntemaschinen dann immer wieder Stillstandzeiten hätten, führte Vötsch aus.

Wenn die Ernte an diesem schönen Tag nicht beendet werden kann und danach Regentage kämen, erläuterte Manfred Kränzler, könne dies einen Ernteausfall und damit einen finanziellen Schaden von bis zu 40.000 Euro zur Folge haben. Diese Konsequenzen einer möglichen Ampelregelung waren Dr. Brückner und Dr. Schwarz neu. Die Bundeswehr argumentiere nämlich, dass ein Ampelbetrieb während der Flugtage keine Probleme verursachen werde.

Die Tiere reagieren panisch

Tobias und Matthias Hölle, Betreiber des Steinefurthofs, berichteten vom panischen Fluchtverhalten der Hühner beim Überflug ihres Betriebs mit der A400M am Flugvorführtag. Ob das Tierwohl im Lärmschutzgutachten berücksichtigt werde, könne von ihnen nicht beantwortet werden, ebenso wenig, ob das Land parallel ein Gutachten hierzu in Auftrag geben wird. Brückner meinte aber, dass versucht werde, die Flugrouten so zu legen, dass Mensch und Tier nicht zu stark betroffen sind.

Marie Holler vom NABU Rosenfeld wollte wissen, ob die Verbundfläche der Biotope durch den Flughafen beeinträchtigt würden. Dr. Brückner verneinte diese Frage. Holler wies darauf hin, dass es auf dem Waldhof-Gelände viele Greifvögel gibt und auch der Schwarzstorch in der Region niste.

Böden haben herausragend Qualität

Ulrich Steimle, der den Lindenhof in Dormettingen betreibt und die 90 Hektar Ackerbauflächen des Waldhofs vom Land gepachtet hat, wies auf die herausragende Qualität der Böden auf dem Waldhof hin, die teilweise einen Humusgehalt von über 9 Prozent hätten. Der Bundesdurchschnitt liege bei 2 bis 3 Prozent. Dr. Brückner konnte nicht sagen, ob die Qualität der Böden Teil der luftfahrtverkehrsrechtlichen Prüfung sein werden, versprach jedoch, die Daten weiterzugeben.

Keine Antwort zum Windthema

Steimle hakte zudem, ob ein Windgutachten erstellt werde. Beim Waldhof herrsche (laut Windatlas von Baden-Württemberg 2019) eine Windgeschwindigkeit von 13,6 Knoten im Jahresdurchschnitt. Die Bundeswehr hatte bei den Demoflügen mitgeteilt, dass die Fallschirmspringer nur bis zu 12 Knoten gefahrlos abspringen dürfen. Auch bei dieser Frage musste Dr. Brückner passen. Er versprach jedoch, dass das Thema Windgeschwindigkeit mit Priorität behandelt werden soll. Er konnte jedoch sicher sagen, dass sich die militärische Nutzung als Absetzgelände und Windenergie gegenseitig ausschließen. Zukünftig müsse bundesweit bei geplanten Windkraftanlagen sogar zuvor die Luftfahrtbehörde gefragt werden.

Austausch in der Geislinger Waldhof-Scheune: Stuttgarter Politiker hören der Bürgerinitiative zu

© Ernst Schatz

In einer der Scheunen auf dem Gelände der Staatsdomäne Waldhof fand das Gespräch statt.

Tobias Hölle fragte nach den vorgesehenen Baumaßnahmen für die Graspiste. Schwarz und Brückner verwiesen auf die Bauingenieure. Wilfried Schübel, ehrenamtlich tätiger Beauftragter des Landesdenkmalamtes, wies auf die Gefährdung und Zerstörung der archäologischen Schätze aus der Zeit von 6500 v. Chr. bis 800 n. Chr. durch die Verdichtung des Bodens hin. Dr. Brückner meinte, dass im Rahmen der geplanten Baumaßnahmen archäologische Sicherungen durchgeführt werden müssten. Es sei doch eher eine Chance, dadurch mehr über die archäologischen Schätze zu erfahren.

Es gibt neue Aspekte

Ulrich Steimle fragte nach, ob dem Staatsministerium bekannt sei, dass das Gelände mit einer großflächigen Drainage aus Tonröhren (seit 1927) in 60 bis 80 Zentimetern Tiefe versehen sei, damit Stauwasser, das sich durch die Ölschieferschicht bei Regen bildet, ablaufen könne. Manfred Kränzler schilderte drastisch die Überschwemmung eines Teils der Flächen nach den durch die Verlegung der Gasleitungen erfolgten Beschädigungen des Systems. Das wäre dann bei der Landebahn in noch größerem Ausmaß zu erwarten. Dr. Brückner und Dr. Schwarz waren überrascht und meinten, dass die Bundeswehr über dieses Detail nicht informiert ist. Daher würden sie diese Information sofort weitergeben.

Ministerrat oder Landtag entscheiden

Zum weiteren Verfahrensweg teilte Dr. Brückner mit, dass das Staatsministerium momentan verschiedene Landtagsinitiativen (Kleine Anfragen) beantworte. Nach dem Durchlaufen des gesamten Verfahrens, das mit dem Scoping-Verfahren zu Umweltfragen starten werde (Termin steht noch nicht fest), werde das Gelände an den Bund gehen und der Bund eine Genehmigung erhalten. Ob letztendlich der Ministerrat oder der Landtag über den Waldhof entscheiden werden, stehe noch nicht fest.

Andreas Koch stellte die Frage nach der Bewertungsmatrix für die Standorte und bat um die Veröffentlichung derselben. Dr. Brückner sagte zu, auf dem Beteiligungsportal des Landes Standortdokumentationen und den Prozess der Umweltverträglichkeiten besser zugänglich zu machen.

Vier Fakten liegen der BI am Herzen

Annemarie Schneider, die den Abend moderiert hatte, bedankte sich für das offene Gespräch und legte den Politikerin vier Fakten ans Herz, die sie weitergeben sollen: Die Waldhofböden sind 200 Prozent besser als im Bundesdurchschnitt; im Jahresmittel bläst der Wind mit einer Geschwindigkeit von 13,6 Knoten über den Waldhof; die Böden des Waldhofs bergen große archäologische Schätze und eine Drainage mit Tonröhren, beider Zerstörung hätte erhebliche negative Folgen.

Standortfrage wieder öffnen

Die BI-Mitglieder legten den beiden Politikern ans Herz, in Stuttgart dafür zu werben, dass die Standortfrage noch einmal geöffnet werden soll und ein besser geeigneter Ort für ein Absetzgelände – auch in Richtung Rheintal –ausgewählt wird. Im besten Falle weise dieser bereits die nötige Infrastruktur aufweise, wie zum Beispiel der Flughafen Rottenburg-Hailfingen, wo die US Streitkräfte bereits springen.

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