Geislingen

23 Jahre Familie, Lokalpolitik und Betrieb: Geislinger Stadträtin Anneliese Hauser hört auf

26.04.2024

Von Rosalinde Conzelmann

23 Jahre Familie, Lokalpolitik und Betrieb: Geislinger Stadträtin Anneliese Hauser hört auf

© Rosalinde Conzelmann

Endlich hat Anneliese Hauser Zeit für den eigenen Garten, der bisher so nebenher lief.

Es war schwieriger denn je für die Freie Wählervereinigung (FWV), Kandidaten für die Kommunalwahl zu finden. „Frustrierend“, sagt Anneliese Hauser. Die langjährige FWV-Rätin tritt dennoch ab von der politischen Bühne, ließ sich nicht überreden, weiterzumachen. „Nach 23 Jahren ist es Zeit, Platz für Jüngere zu machen“, sagt die 65-Jährige. Im ZAK-Gespräch resümiert sie über ihre kommunalpolitische Zeit, die bald endet und gibt einen Ausblick auf ihre neue Freiheit.

Die Geislingerin kann nicht verstehen, wenn mögliche Bewerber abwinken, weil sie sagen, sie hätten keine Zeit. Denn Anneliese Hauser ist der beste Beweis dafür, dass es möglich ist, eine Familie mit Mann und drei Töchtern, einen Betrieb und die Lokalpolitik unter einen Hut zu bringen. Nicht zu vergessen ihr Engagement im Handel- und Gewerbeverein, wo sie erst im Ausschuss und viele Jahre zweite Vorsitzende war. Ebenso war sie im Gärtnereiverband aktiv. „Deshalb kann ich den Zeitfaktor nicht gelten lassen“, sagt die gebürtige Stuttgarterin, die sich längst als Geislingerin fühlt. Das hat auch mit ihrer Arbeit als Stadträtin zu tun. Und natürlich mit ihrem Blumenfachgeschäft, das die Gärtnergesellin und Floristin vier Jahrzehnte lang bis vor eineinhalb Jahren geführt hat.

Sie ist 2001 nachgerückt

Eher zufällig ist Anneliese Hauser zur Kommunalpolitik gekommen. Die beiden Freien-Wähler-Urgesteine Robert Schmid und Horst Irion haben sie 1999 bei einer HGV-Veranstaltung im damaligen „Rössle“ angesprochen, ob sie nicht auf ihrer Liste kandidieren möchte, erzählt sie. Sie hat zugestimmt und freute sich über ein gutes Wahlergebnis, auch, wenn es nicht gereicht hat. Als 2001 Stadtrat Hans-Jörg Stuck zurücktrat, war sie die direkte Nachrückerin und trat ihr Amt an.

Umgang ist respektvoll

Seither hat sie sich immer wieder aufstellen lassen und wurde auch immer wieder gewählt. Bei den Freien Wählern hat die Geschäftsfrau ihre politische Heimat gefunden. „Die Chemie passt, der Umgang ist fair und respektvoll“, betont sie. Das sei im Übrigen mit allen Fraktionen so: „Wir können uns immer in die Augen schauen.“

Samstags Unterlagen gewälzt

Im Rückblick staunt die Geislingerin, wie sie das gepackt hat. An den Samstagnachmittagen, wenn das Haus ruhig war, wenn sich ihr Mann Albrecht und die Kinder vom Marktbesuch ausgeruht haben, hat sie die Unterlagen gewälzt und sich auf die Sitzung vorbereitet. Die Freien Wähler treffen sich zudem vor jeder Ratssitzung zu einer Abendsitzung – gemeinsam mit den SPD- und jetzt den SÖL-Räten. „Das kann dann durchaus mal elf Uhr werden“, sagt Hauser. Sie hat 5 Jahre mit Bürgermeister Günther-Martin Pauli zusammengearbeitet. Seit 2007 ist Oliver Schmid Vorsitzender des Gremiums.

Aus der Stuttgarterin wird eine Geislingerin

Die ersten Jahre habe sie sich nicht vorstellen können, ihr geliebtes Stuttgart zu verlassen. „Und jetzt will ich nicht mehr von Geislingen weg“, meint sie lachend. Sie hat Geschmack gefunden am Landleben und ist sich sicher, dass auch ihre Arbeit als Stadträtin ihr Respekt bei ihren Mitbürgern verschafft hat. Die Geislinger sind direkt und sagen, was sie denken. Das hat Anneliese Hauser in all den Jahren erfahren dürfen. In ihrem Geschäft wurde deshalb nicht nur über die Farbe des Blumenstraußes, sondern auch über die Entscheidungen des Gemeinderats debattiert. „Was habt ihr denn da wieder für einen Mist gemacht?“, war noch nett formuliert. Die Gärtnerin erinnert sich noch gut daran, dass vor allem beim „Rössle“-Abriss die Wogen hoch gingen.

Im Laden wird diskutiert

Sie habe diese Debatten aber nie als Belastung empfunden. Im Gegenteil: „Wenn man den Leuten erklärt hat, wie es zu den Entscheidungen gekommen ist, haben sie es auch meist verstanden.“ Und diese Zeit des Erklärens hat sie sich immer genommen in ihrem blumigen Reich. Vielfach seien Entscheidungen am Anfang kritisiert, dann aber akzeptiert worden, wenn das Ergebnis gut war. So ein Fall war beispielsweise die von vielen Schwierigkeiten und Unwägbarkeiten begleitete und anfangs umstrittene Sanierung des Bürger- und Vereinshauses: „Während des Umbaus haben die Geislinger von der Harmonie gesprochen, jetzt heißt es, unsere Harmonie.“

Viele gute Entscheidungen getroffen

Sie habe 23 spannende Jahre in der Kommunalpolitik erleben dürfen, in denen das Gremium viele gute Entscheidungen getroffen habe, zieht Anneliese Hauser dieses Fazit und zählt die Schulmodernisierung, den Umbau der Harmonie und den Bau des Kreisels am Ortsausgang auf. An der Vorbereitung zum nächsten großen Projekt, der Umgestaltung der Ortsdurchfahrt, hat sie noch mitgewirkt und ist gespannt auf das Ergebnis. Auch den Kreisel an der Kirche sieht sie als Verbesserung.

Zeit für den Enkel

War die Uhr ihr bislang ein gnadenloser Taktgeber, freut sich die 65-Jährige jetzt auf die Zeit, die sie für sich hat. „Ich kann aufstehen, wenn ich aufwache, in aller Ruhe die Zeitung lesen und unser Paradies mitten in der Natur genießen“, sagt sie. Endlich findet sie auch die Zeit, um ihren eigenen Garten umzugestalten und bei schönem Wetter einfach so für eine kleine Tour aufs Rad zu steigen. Und natürlich nimmt sie sich jetzt alle Zeit der Welt für ihr Enkelkind.

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