Albstadt

Albstädter Doppelmord: 53-Jähriger zu lebenslanger Haftstrafe verurteilt

20.10.2023

Von Holger Much

Albstädter Doppelmord: 53-Jähriger zu lebenslanger Haftstrafe verurteilt

© picture alliance/dpa

Mit einer Mappe vor dem Gesicht betrat der Albstädter am ersten Verhandlungstag das Gericht (Archivfoto).

Nach neun Verhandlungstagen fällte die Große Strafkammer des Landgerichtes Hechingen am Freitag ihr Urteil im Doppelmord-Fall aus Albstadt. Der Besucherraum war bis auf den letzten Platz besetzt; das Medieninteresse groß, als der Richter seinen Urteilsspruch verkündete.

Am 21. September begann der Prozess um einen 53-Jährigen Mann aus Albstadt, der im Dezember vergangenen Jahres in Ebingen seine Nichte und einen Freund von ihr getötet hat (wir berichteten). Die Staatsanwaltschaft hatte Anklage wegen Mordes in zwei Fällen erhoben.

Lebenslange Haftstrafe und vorbehaltliche Sicherungsverwahrung

Nun fiel am neunten Verhandlungstag am Freitag das Urteil: Wegen Mordes in zwei Fällen – in einem Fall in Tateinheit mit Geiselnahme – wird der 53-jährige Täter zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Das Gericht sah die besondere schwere der Schuld als gegeben an. Das heißt, der Täter kann nicht, wie in anderen, ähnlichen Fällen, nach frühestens 15 Jahren um Begnadigung bitten. Zudem wurde die vorbehaltliche Sicherheitsverwahrung angeordnet. Das bedeutet, dass der Täter – sollte er doch noch einmal aus der Haft entlassen werden – nicht einfach sofort auf freien Fuß kommt.

Mit den Zügen eines Psychopathen

Denn dann wird zunächst geprüft werden müssen, ob der Mann in die Freiheit entlassen werden kann oder eben nicht, weil er noch als gefährlich gilt. Als solch gefährlicher Mensch müsste die Gesellschaft dann weiterhin vor ihm und den Taten, die er nach fachlicher Einschätzung wohl weiter begehen würde, geschützt werden. Und als gefährlich sei der Täter, so formulierte der Richter am Freitag, mit seiner „auffallenden Persönlichkeitsstruktur“ – ichbezogen, rechthaberisch, ohne Empathie und „mit den Zügen eines Psychopathen“ – nach wie vor einzustufen.

Albstädter Doppelmord: 53-Jähriger zu lebenslanger Haftstrafe verurteilt

© Holger Much

Vor der großen Strafkammer des Hechinger Landgerichts wurde am Freitagnachmittag das Urteil im Albstädter Doppelmord gesprochen.

Während der Verhandlung, skizzierte der Richter bei der Urteilsverkündung das Verhalten des Täters, habe dieser sich entweder gelangweilt gezeigt oder gegrinst über die Taten, habe Zeugen wie auch Nebenkläger beleidigt und bedroht.

Taten aus heimtückischen und niederen Beweggründen

Der 53-Jährige habe seine, so der Richter „unmenschlichen“ Taten aus heimtückischen und niederen Beweggründen begangen, habe aus reiner Rachsucht Selbstjustiz begangen und sich selbst ohne Anflug eines Selbstzweifels zum Ankläger, Richter und Henker in Personalunion ernannt. Dann habe er zwei „bestialische“ Morde begangen.

Er habe seiner 20-jährigen Nichte, die über Jahre seine wesentliche soziale Bezugsperson gewesen sei, frühmorgens in ihrer Wohnung mit geladener Waffe aufgelauert, habe sie gefesselt, stundenlang in der Gewalt gehabt, habe sie dann mit Kabelbindern erstickt, zerstückelt und im Garten vergraben.

Menschenjagd auf Ebingens Straßen

Tags darauf habe er sich mit geladener Pistole in den Straßen von Ebingen auf Menschenjagd begeben, formulierte der Richter, um weitere Mitglieder der Freundesgruppe, die der Täter auf seiner Todesliste hatte, zu töten.

Auch den 23-jährigen Mann habe er heimtückisch auf den Ebinger Ziegelplatz gelockt, dort zweimal aus nächster Nähe auf ihn geschossen. Den entsetzt Flüchtenden habe er verfolgt, wieder geschossen und ihm, als er am Boden lag, noch in den Rücken geschossen, so der Richter. Dann sei er seelenruhig eine Zigarette rauchend nach Hause gelaufen und habe sich der dort bereits wartenden Polizei gestellt. Und warum das alles?

Gericht: Täter hat sein Geld selbst verprasst

Weil der Täter, erläuterte der Richter, überzeugt sei, die Gruppe von Freunden um seine Nichte hätten ihn bestohlen. Auch wenn das Gegenteil, so der Richter, nicht bewiesen werden könne, so gäbe es eben auch keinerlei Hinweise, dass es so gewesen sei. Das Geld, das der Täter aus dem Verkauf seines Hauses gehabt habe, habe er selbst, stellte der Richter klar, durch seinen verschwenderischen Lebensstil verprasst.

„Es ist schwer, in die Gräber der eigenen Kinder zu blicken“, sagte der Richter bewegt. Besonders, wenn der Tod so dermaßen sinnlos gewesen sei wie in diesem Fall.

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