Zollernalbkreis

Zurück aus dem Kloster: CDU-Politiker Thomas Bareiß macht seine Erkrankung öffentlich

08.03.2024

von Michael Hescheler, Klaus Irion, Mareike Keiper

Zurück aus dem Kloster: CDU-Politiker Thomas Bareiß macht seine Erkrankung öffentlich

© Mareike Keiper

Nach seiner Auszeit gibt Thomas Bareiß sein erstes Interview. Der CDU-Bundestagsabgeordnete will mit mehr Sachlichkeit in die Politik zurückkehren.

Für mehrere Wochen nahm sich der CDU-Politiker Thomas Bareiß in einem Kloster in Jerusalem eine Auszeit. In seinem ersten Interview nach der Rückkehr sagt er, wie es ihm geht.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Bareiß kehrt nach einer sechswöchigen Auszeit auf die politische Bühne zurück. Nach einem Aufenthalt in einem Benediktinerkloster in Jerusalem spricht er in einem Interview mit unserer Zeitung über seine Erkenntnisse und die Lehren, die er für die Zukunft gezogen hat. Bis zur Bundestagswahl im kommenden Jahr will der 49-Jährige im Amt bleiben. Ob seine 20-jährige Arbeit als Parlamentarier danach weitergeht, will Bareiß nach Pfingsten bekanntgeben.

Die Wahlniederlage nagt an ihm

In einem in persönlichen Worten gehaltenen Brief gab der Politiker nach seiner Abreise Einblicke in seinen Seelenzustand. In dem Gespräch mit unseren Redakteuren vertieft er diese Ausführungen: „Ich persönlich war oft Zielscheibe von Verbänden und Interessengruppen. Das alles ging nicht spurlos an mir vorüber. Mir hat oft die Kraft gefehlt, ich war angespannt und hatte keinen Elan mehr. Für mein enges Umfeld und meine Familie war das nicht immer einfach“, sagt er über die Zeit nach der Bundestagswahl 2021.

Die Wahlniederlage der Union, die auf der Oppositionsbank endete, und die damit verbundene Bedeutungslosigkeit hätten an ihm genagt. Menschen, mit denen vorher in Kontakt gestanden sei, beachteten ihn nach der Wahl nicht mehr.

Kampagne wirkt nach

Hinzu kamen die Spätfolgen der Kampagne des Vereins Campact, der Bareiß im Wahlkampf als Klimakiller stigmatisiert habe und dessen Wiederwahl verhindern wollte.

„Ich hatte ein Gefühl von Hilflosigkeit. Man wurde zum Feindbild erklärt und hatte keine Chance mehr, mit Argumenten oder Inhalten dem entgegenzutreten. Solche professionellen und bezahlten Kampagnen hat es in Deutschland bisher nicht gegeben.“

Er habe eine depressive Phase gehabt, man könnte auch Burn-out dazu sagen. Als ihn Ängste und Sorgen lähmten und es Zeiten gegeben habe, in denen er nichts mit sich anfangen konnte, habe er sich ärztliche Hilfe gesucht.

Seine Probleme seien mit Medikamenten behandelt worden, doch er habe gemerkt, dass dies nicht das Richtige für ihn sei. „Ich wollte bewusst einen anderen Weg für mich finden.“ Der Gedanke der Auszeit reifte in ihm.

Warum Israel und nicht Bayern?

Bareiß dachte einige Wochen darüber nach und fasste trotz des Überfalls der Hamas auf Israel und des folgenden Krieges den Entschluss, nach Jerusalem zu gehen. Er wollte weiter weg von Deutschland sein, um Abstand zu gewinnen. In Gesprächen mit der deutschen Botschaft in Tel Aviv und den Mönchen vor Ort informierte er sich über die Sicherheitslage und gewann den Eindruck, dass er sein Vorhaben angehen könne.

Obwohl ihm das früh aufstehen widerstrebt, nahm der Politiker am Tagesablauf der Mönche teil, der mit dem Morgengebet im 6.15 Uhr beginnt. Da kaum Pilger im Kloster übernachtet haben, sei es vergleichsweise ruhig gewesen.

Die Ruhe habe er genossen und die Reaktionen, die er auf seine Auszeit bekommen hat, bestärkten ihn: „Viele Menschen haben mir geschrieben und mich auf meinem Weg gestärkt. Das große Verständnis für meine Entscheidung und der Rückhalt hat mir gutgetan. Überrascht war ich über die vielen Rückmeldungen von Personen, die eine ähnliche Erfahrung und schwierige Zeit durchleben mussten.“

Keine Nachrichten mehr auf X

Wie es für Bareiß nun weitergeht? Seit einigen Tagen arbeitet er wieder. Der frühere Staatssekretär hat sich vorgenommen, leiser und sachlicher Politik zu machen und den Fokus weniger auf eine medienwirksame Politik im Marktschreierstil zu setzen. Den Account beim Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter), auf dem etliche seiner polarisierenden Beiträge nachzulesen sind, wolle er abschalten. Zudem möchte Bareiß im Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen, wo eine geringere Präsenz wahrgenommen wurde, zulegen.

„In einem politischen Umfeld mit zunehmender Polarisierung und Anfeindungen möchte ich versuchen, durch meine Arbeit wieder mehr Maß und Mitte zu finden. Ich will wieder mehr vor Ort sein, und mich für die Menschen und ihre Alltagssorgen einsetzen. Das war auch der Grund und mein Antrieb, warum ich vor vielen Jahren angefangen habe, mich politisch zu engagieren.“ Welche Themen er genau bespielen möchte, dies lässt er auf Nachfrage offen.

Genauso wie seine Zukunft nach Ablauf der Amtszeit im kommenden Jahr.

Grundsätzlich betrachtet er den Politikerberuf als den richtigen für ihn: „Politik ist und bleibt meine große Leidenschaft und ich kann mir nichts Spannenderes vorstellen, als sich für seine Heimat im Bundestag einzusetzen.“ Ob er 2025 wieder antritt, will Bareiß nun mit seiner Frau Andrea Verpoorten und mit CDU-Funktionären besprechen. Nach Pfingsten will er seine Entscheidung bekanntmachen.

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