Zollernalbkreis

Zentralklinikum für Zollernalbkreis: Klare Pläne mit finanziellen und zeitlichen Unwägbarkeiten

09.02.2024

Von Klaus Irion

Zentralklinikum für Zollernalbkreis: Klare Pläne mit finanziellen und zeitlichen Unwägbarkeiten

© Klaus Irion

Wo heute noch Streuobstwiesen und Äcker die B463 zwischen Balingen-Dürrwangen und Albstadt-Laufen säumen, soll in einigen Jahren das Zentralklinikum des Zollernalbkreises stehen.

In zehn Tagen soll der Kreistag des Zollernalbkreises den Baubeschluss für das – Stand heute – 400 Millionen Euro teure Zentralklinikum fassen. Am Freitag präsentierten die Verantwortlichen des Landkreises und des Klinikums vorab den aktuellen Stand der Planungen. Was gut läuft, wo es aber auch noch hakt, das lesen Sie hier.

Grünen-Kreisrat Dr. Ulrich Kohaupt aus Albstadt hegt einen Verdacht. Werden Großprojekte des Landkreises zu Planungsbeginn kleingerechnet? „Denn das ist nicht das erste Projekt, bei dem das so läuft.“ Kritisiert hatte er mit diesen Sätzen vor wenigen Tagen die Kostensteigerung für den Erweiterungsbau des Albstädter Berufsschulzentrums um mindestens 2,5 Millionen Euro.

Zentralklinikum für Zollernalbkreis: Klare Pläne mit finanziellen und zeitlichen Unwägbarkeiten

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Im Balinger Landratsamt präsentierten die Verantwortlichen des Landkreises und des Zollernalb-Klinikums die Pläne fürs Zentralklinikum, dessen Baubeschluss der Kreistag am 19. Februar fassen soll.

Nun ist das inzwischen über 10 Millionen Euro teure Projekt in seiner Dimension kein Stuttgart 21, aber ein wesentlich größeres und um ein vielfach teureres Projekt steht nun auch im Zollernalbkreis kurz vor seinem offiziellen Start. Vorgeplant wird das künftige Zentralklinikum zwischen Balingen-Dürrwangen und Albstadt-Laufen zwar schon seit einigen Jahren, nun aber soll der Kreistag in einer Sondersitzung am Montag, 19. Februar (18 Uhr, Sitzungssaal des Landratsamts), den entsprechenden Baubeschluss fassen. Am Freitag erläuterten die Verantwortlichen des Landratsamts und des Zollernalb-Klinikums vorab, was in den anvisierten kommenden 7 Jahren bis zum angepeilten Einzug geschehen soll.

Plus oder minus 20 Prozent einkalkuliert

Auf 400 Millionen Euro wird das Zentralklinikum derzeit taxiert, davon soll das Land Baden-Württemberg noch nicht final ausverhandelte 165 Millionen Euro an Fördermitteln beisteuern. „Gedanklich haben wir hierbei aber schon mit einer Kostensteigerung oder auch einer Kostensenkung um bis zu 20 Prozent kalkuliert“, sagte Markus Riester. Der Bauingenieur hat nach eigenen Angaben in der Vergangenheit schon an mehreren Krankenhaus-Neubauten mitgewirkt und ist nun als Projektmanager fürs Zentralkrankenhaus beim Zollernalb-Klinikum angestellt.

Ganz wichtig ist ihm, aber auch allen anderen Beteiligten, dass beim Errichten des Zentralklinikums ein Fehler, der beim Neubau des Balinger Krankenhauses vor einigen Jahren begangen worden sei, nicht wiederholt wird. „Wir werden von Beginn an alle Mitarbeiter, vor allem auch die Chefärzte und das Pflegepersonal, in die Detailplanungen miteinbeziehen“, erklärte Landrat Günther-Martin Pauli. Schließlich seien sie es, die nach dem Einzug mit den Gegebenheiten im Zentralklinikum zurecht kommen müssen. „Dafür werden schon lange vorab Betriebsorganisationspläne erstellt“, ergänzte die zuständige Kreisdezernentin Catharina Pawlowskij.

Bestmögliche Arbeitsbedingungen

Aber nicht nur das bereits vorhandene Personal soll die bestmöglichen Arbeitsbedingungen bekommen. Laut Pauli geht es darüber hinaus darum, die auch wegen der bisherigen Zwei-Häuser-Realität „schwierige Personalgewinnung“ durch einen zentralen Standort zu erleichtern. Und aus dem Blickwinkel der Patienten ergänzt der Landrat, „dass wir mit diesem Großprojekt, die Krankenversorgung im ländlichen Raum ernst nehmen“. Oder wie es Klinikgeschäftsführer Dr. Gerhard Hinger ausdrückt: „Wir wollen auf unserem künftigen Medizin-Campus eine breite, wohnortnahe Patientenversorgung für alle Altersgruppen und für alle Lebenslagen.“

Die reine Bauzeit fürs Zentralklinikum soll bei 4 Jahren liegen, erklärte Projektleiter Riester. Geplant ist, laut Hinger, das Klinikum im Jahr 2030 fertigzustellen und dann nach einem Testlauf im Jahr 2031 nach und nach einzuziehen. Doch schon mit Blick auf das neue Krankenhausstrukturgesetz, das auf alle Fälle kommen werde, von dem es aber nach wie vor noch nichts Neues gebe, befürchtet der Klinikgeschäftsführer, „dass wir dieses Ziel gar nicht mehr erreichen können“.

Bus ja, Bahn nein

Wenn der Klinikkomplex in den 2030er-Jahren vollendet sein wird, wird er neben den eigentlichen Behandlungsbauten auch ein Gebäude für ein Medizinisches Versorgungszentrum sowie ein Parkhaus beinhalten. Letzteres soll ausreichend dimensioniert werden, „schließlich leben wir auf der Schwäbischen Alb, und da muss immer mit viel Individualverkehr gerechnet werden“, begründet Planer Riester dieses Vorhaben.

Geplant ist aber auch, das Klinikum ans Busnetz anzuschließen. Eine direkte An- oder Abfahrt mit dem Zug wird es dagegen nicht geben. Fußläufig zu weit entfernt sind die beiden Bahnhöfe in Frommern und Laufen. Und eine zusätzliche Haltestelle in Zentralklinikumsnähe ist bei der Regionalstadtbahn, die einige Jahre nach dem Klinikum auch auf der jetzigen Zollernbahn vollendet sein soll, nicht vorgesehen.

Dafür aber werde laut Pauli bei den Klinikumsgebäuden auf eine möglichst ökologische Bauweise geachtet. Zu diesen Gebäuden würden auch ein Personalwohnungstrakt und eine Kindertagesstätte für den Nachwuchs von Krankenhausmitarbeitern zählen. Wenn sie beide denn kommen. Abhängig ist das nicht zuletzt von den Gesamtbaukosten. „Es könnte auch zu einem späteren Zeitpunkt ergänzt werden, Rom wurde auch nicht in einem Tag gebaut“, meinte Landrat Pauli.

Zentralklinikum für Zollernalbkreis: Klare Pläne mit finanziellen und zeitlichen Unwägbarkeiten

© Klaus Irion

Das Unternehmen „Baumschulen Sellner“ grenzt direkt an das künftige Klinikumsgelände an. Eine Umsiedlung hat die Familie Sellner in der Vergangenheit mehrfach ausgeschlossen.

Auf den aktuellen Plänen sind die Gebäude schon einmal skizziert, jedoch durch einen sichtbaren Landschaftsstreifen vom Klinikumskomplex getrennt. „Ja, dieser Streifen ist das Gelände des Baumschulen-Unternehmens Sellner“, bestätigen die Klinikumsverantwortlichen. Die Firmeninhaber sind quasi bis zum heutigen Tag das Gallische Dorf bei der Krankenhausplanung. Sprich, Familie Sellner will ihren Firmensitz unter gar keinen Umständen verlegen, schon des guten Bodens wegen, auf dem ihre Pflanzen gedeihen. „Wir würden unseren potenziellen, direkten Nachbarn aber auch nach dem vollendeten Klinikbau noch einmal ein Kaufangebot unterbreiten – und das meine ich keineswegs boshaft“, erklärte Pauli.

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