Albstadt

ZAK-Redaktionsgespräch: Botschafter Igor Cesar zeigt die Stärken Ruandas auf

16.07.2019

Von Dagmar Stuhrmann

ZAK-Redaktionsgespräch: Botschafter Igor Cesar zeigt die Stärken Ruandas auf

© Gudrun Stoll

Beim Gespräch in der Albstädter ZAK-Redaktion (v.l.): Dr. Stefan Liebing, Botschafter Igor Cesar, Thomas Bareiß.

Igor Cesar, der seit 2015 Botschafter Ruandas in Deutschland ist, nutzte am Dienstag seinen Besuch im Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen für einen Abstecher in die Albstädter ZAK-Redaktion.

Begleitet wurde er von dem Bundestagsabgeordneten Thomas Bareiß, der als Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie für die Außenwirtschaft zuständig ist und den ruandischen Botschafter eingeladen hatte. Außerdem dabei: Dr. Stefan Liebing, der Vorsitzende des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft.

Beziehungen beider Länder stärken

Igor Cesar wurde 1968 in Weimar geboren und kam mit vier Jahren nach Afrika. Seine Mutter ist Deutsche, sein Vater stammt aus Ruanda, deshalb ist Cesar sowohl in der afrikanischen als auch in der deutschen Kultur zuhause. Eine ideale Voraussetzung, um beide Länder einander näher zu bringen.

Gegend hat viel Ähnlichkeit mit Ruanda

Bei seiner Stippvisite in der Albstädter Redaktion hat er bereits einen vollen Tag hinter sich und noch einen weiteren Termin vor sich, bevor er wieder Abschied nimmt von einer Gegend, die ihm nach einem Tag bereits ein klein wenig ans Herz gewachsen ist. „Die Landschaft rund um Albstadt hat viel Ähnlichkeit mit Ruanda,“ sagt er.

Land der tausend Hügel

Ruanda grenzt an Burundi, die Demokratische Republik Kongo, Uganda und Tansania. Wegen seiner hügeligen Landschaft wird Ruanda auch „Land der tausend Hügel“ genannt. Das afrikanische Land gilt als Paradebeispiel für ein junges, modernes und digitales Land. 25 Jahre nach dem Völkermord gehört das Land heute zu den aufstrebenden Volkswirtschaften in Afrika.

Dreierpack: Industrie, Bildung, Digitalisierung

Für den ruandischen Botschafter geht es bei seinem Besuch nicht nur um die Investitionsbereitschaft deutscher Firmen, wichtig ist ihm auch das Know-how. „Um den Industrieaufbau in Ruanda zu schaffen, ist Bildung sehr wichtig, um die Grundlagen für Unternehmen zu schaffen, um diese zu unterstützen“, sagt Igor Cesar. Dabei gilt sein Interesse vor allem dem Thema Digitalisierung.

Hier könne Ruanda zwar von Deutschland lernen, andererseits könne Deutschland von den Erfahrungen Ruandas profitieren. „Wir sind in der Digitalisierung“, sagt der Botschafter, „und wir wenden sie an.“

Das Kapital sind die Menschen

Das Kapital Ruandas seien seine Menschen. Es gelte, das Wachstum der Bevölkerung mit dem Wachstum der Entwicklung in Einklang zu bringen. „Hier müssen wir schnell Wege finden.“ Deutschland könne für Ruanda, das denselben Anspruch habe, ein seriöser Partner sein.

Im Gegensatz zu anderen Ländern herrsche in Ruanda ein Gefühl der Dringlichkeit vor. „Wir wollen die Probleme lösen und schnell wieder im Spiel sein, nachdem wir in der Vergangenheit Zeit verloren haben.“

In Deutschland weiß man zu wenig über Afrika

Sein Ziel sei es, die deutsche Wirtschaft, vor allem die Mittelständler, für Afrika – „ein Riesenkontinent mit einem Riesenpotenzial“ – zu interessieren, deren Präsenz dort zu vergrößern, sagt Thomas Bareiß. Ganz allgemein wisse man in Deutschland zu wenig über Afrika. Das Bild sei geprägt von Klischees, erläutert Dr. Stefan Liebing. Dabei spüre man in Ruanda, „dass etwas los geht“.

„Hier wird sehr innovativ gedacht“

„So wie ihr Vorurteile mit Blick auf Afrika habt, haben wir natürlich auch welche,“ meint Igor Cesar schmunzelnd. Er sei beeindruckt von dem, was Albstadt und Umgebung an Bildung und Digitalisierung zu bieten habe. Er habe auch gesehen, dass hier sehr innovativ gedacht werde. Als jemand, der viel reist, weiß der ruandische Botschafter, dass Eindrücke vor Ort wertvoll sind.

Offenheit und Leidenschaft sind beeindruckend

Die Offenheit und die Leidenschaft, mit der die Menschen in Deutschland an Probleme herangehen, gefalle ihm. Das kennt er von Ruanda: „Wenn es nur nach dem ginge, was wir haben, hätten wir längst aufgegeben,“ sagt er. Im Hintergrund sei viel passiert: „Wir haben Dinge angestoßen, die für viele unwahrscheinlich klangen, aber sie sind Wirklichkeit geworden.“

Gute Nachrichten zählen

„Die Großen sind bereits da“, betont Dr. Stefan Liebing. Jetzt gelte es, die Mittelständler nach Afrika mitzunehmen. Dazu müsse auch das Bild Afrikas zurechtgerückt werden. Über Krisen und die Flüchtlingsthematik werde viel berichtet, über die Ansiedlung von Industriebetrieben höre man aber nur wenig.

Gute Nachrichten würden zu wenig wahrgenommen. Dabei sei Afrika ein Kontinent mit vielen Chancen. „Uns geht es nur gut, wenn es Afrika gut geht“, bringt Thomas Bareiß die Herausforderung auf den Punkt. Afrika brauche Perspektiven und faire Partner.

Das Besuchsprogramm

Auf Einladung des Wahlkreisabgeordneten Thomas Bareiß besuchte der Botschafter der Republik Ruanda einen Tag lang den Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen. Am Vormittag machte sich der ruandische Botschafter in der Philipp-Matthäus-Hahn-Schule in Balingen ein Bild vom baden-württembergischen Schulsystem.

Danach ging es weiter zur Hochschule Albstadt-Sigmaringen. Nach einem Gespräch mit Rektorin Dr. Ingeborg Mühldorfer, überzeugte sich der Botschafter bei einem Rundgang durch die Labore von den vielfältigen Möglichkeiten, die die Hochschule den Studenten eröffnet.

Nächste Station war die Brauerei Zoller-Hof in Sigmaringen. Bei der mittelständischen Familienbrauerei mit ihrer 165-jährigen Erfolgsgeschichte stand vor allem das Thema Technologietransfer im Mittelpunkt.

Ein Besuch bei der Firma Groz-Beckert schloss sich an. Abends sprach Cesar bei einer Veranstaltung bei der Firma Mey zum Thema „Partnerschaft mit Afrika stärken am Beispiel Ruanda“.

Diesen Artikel teilen: