Rangendingen

Stephan Schwenk bewegt mit seinen Stapelsteinen

03.02.2023

Stephan Schwenk bewegt mit seinen Stapelsteinen

© Sarah Walz

Hannah König (26 Jahre, Geschäftsführerin) und Stephan Schenk (28 Jahre, Erfinder und Verantwortungseigentümer von Stapelstein) leben die Idee und das Konzept des Unternehmens mit jeder Faser.

Der 28-jährige Rangendinger hat ein Produkt gestaltet, mit dem Kinder und Jugendliche spielerisch zu mehr Bewegung animiert werden sollen. Das Unternehmen dahinter ist holokratisch organisiert und setzt auf Purpose.

Kinder bewegen sich immer weniger. Wie sehr und welche Auswirkungen das hat, das untersucht unter anderem die Uni Bayreuth in einem Forschungsprojekt. Die Technische Universität München hat Ende vergangenen Jahres zum selben Themenkomplex Ergebnisse geliefert: im Bewegungszeugnis 2022 erhalten Kinder und Jugendliche in Deutschland gerade einmal die Note 4- in der Kategorie „Körperliche Aktivität“; nur rund ein Drittel der Kinder erreicht die Bewegungsempfehlung der Weltgesundheitsorganisation.

Stephan Schenk findet eine Lösung

Wie also die junge Generation zu weniger Sitzen und mehr Bewegung motivieren? Der Rangendinger Stephan Schenk hat eine Antwort auf diese seit Jahrzehnten beobachtete Entwicklung gefunden. Das Produkt, mit dessen Entwicklung er 2015 begonnen hat, nannte er Stapelstein. Vermarktet wird es von der Joboo GmbH im Stuttgarter Raum.

Aus der Sicht von Kindern

„Wir wollten ein nachhaltiges Produkt gestalten, das Kinder dazu animiert intuitiv zu spielen, sich dabei zu bewegen und kreativ zu werden“, sagt Schenk, der die Stapelsteine zusammen mit seiner Partnerin Hannah König entwickelte und produziert. Der 28-Jährige studierte Produktgestaltung und war seit jeher von vielen Pädagogen umgeben. „Da lag es nahe, die vorherrschenden Probleme in diesem Bereich zu analysieren und eine Lösung für das elementare Bewegungsbedürfnis von Kindern zu entwickeln“, so Schenk. Er besuchte zahlreiche Kindertagesstätten und Schulen in denen er beobachtete, dass mobile, multifunktionale Objekte mit Aufforderungscharakter meist fehlten. „Mit den Stapelsteinen bieten wir ein vielseitiges System, das zum bewegten und kreativen Spielen anregt und langfristig Freude bringt – sogar dann, wenn der Raum begrenzt ist.“

Zeitloses Design

Das Design ist schlicht und zeitlos. „Ich habe versucht, wie ein Kind zu sehen und zu denken und durch minimalistisches Design möglichst viel (Spiel-)Raum für die eigene Fantasie zu lassen“, erklärt Schenk, „Kinder entscheiden intuitiv und aus der Situation heraus, was sie als nächstes mit den Stapelsteinen spielen möchten.“ Das leichte, aber dennoch sehr robuste Material eröffnet sogar den Kleinsten viele Optionen: Rollen, stapeln, balancieren, sortieren oder transportieren sind nur einige davon. Auch Rollenspiele erfinden die Kinder meist im Handumdrehen und schaffen sich neue Fantasiewelten: So wird das Zimmer zum Bach, in dem von Stein zu Stein gesprungen werden muss, oder die Stapelsteine fungieren als Hüte, Lenkrad, Hocker, Türme oder Schüsseln.

Qualitätssiegel von der BAG

Der gemeinnützige Verein Bundesarbeitsgemeinschaft für Haltungs- und Bewegungsförderung (BAG) widmet sich seit sechs Jahrzehnten dem Thema, Bewegung in den Alltag von Kindern zu bringen, und setzt sich differenziert mit Bewegung im Kontext von Entwicklung, Gesundheit und Bildung auseinander. 2019 befand der Verein, dass das Konzept der Stapelsteine aufgeht und verlieh sein Qualitätssiegel „besonders entwicklungsfördernd“.

Stephan Schwenk bewegt mit seinen Stapelsteinen

© Firma

Die Elemente können von Menschen jeden Alters auf vielfältige Weise genutzt werden.

Sinn und Zweck stehen an erster Stelle

Auf Sinnhaftigkeit setzt Stephan Schenk auch bei der Unternehmensphilosophie und liegt damit ebenfalls im Trend. Purpose, englisch für „Sinn“, „Zweck“, „Grund“ oder auch „Absicht“, steht an erster Stelle. Schenk als Verantwortungseigentümer und Geschäftsführerin Hannah König geht es vor allem darum, Menschen in Bewegung zu bringen.

Werte und Unabhängigkeit in der Unternehmens-DNA verankert

Seit 2022 ist „Stapelstein“ ein Unternehmen in Verantwortungseigentum, eine noch nicht in einer Rechtsform festgehaltene, alternative Eigentümerstruktur, die Unabhängigkeit und Werteorientierung rechtlich bindend in der Unternehmens-DNA verankert hat. So liegen Entscheidungen bei aktiven Unternehmerinnen und Unternehmern, Gewinne bleiben im Unternehmen und können nicht für persönliche Zwecke entnommen werden. Auch kann das Unternehmen weder verkauft noch automatisch einfach vererbt werden. Damit soll Transparenz sicher gestellt werden – im Gegenteil zu teils undurchsichtigen Konzernstrukturen.

Organisiert ist das Unternehmen holokratisch: alle haben die gleich Rechte und Pflichten, es gibt keine Hierarchien, die Struktur ist auf transparente und partizipative Beteiligungsmöglichkeiten ausgerichtet; nicht bestimmte Jobs geben die Teamstruktur vor, sondern die entsprechenden Projekte und Aufgaben.

Ökologischer Fußabdruck

Außerdem will das Paar den ökologischen Fußabdruck der Firma auf Null setzen, diesen sogar rückwirkend eliminieren. Produziert wird konsequent und klimaneutral in Deutschland. Die Elemente bestehen aus dem ressourcenschonenden Material EPP, einem Polypropylen-Schaumstoff. Einfach gesagt: „gepuffte“ Perlen, die mit Luft und Wasserdampf hergestellt werden. Sie sind frei von Weichmachern oder Treibmitteln und zu 100 Prozent recyclebar. Diese Richtung verfolgt das Paar auch im Kleinen: gereist wird mit der Bahn, gefahren mit dem E-Auto, der Versand erfolgt mit DHL Green in Graskartons.

Marketing ohne Kindergesichter

Im Marketing innerhalb der Branche nimmt das Unternehmen eine Vorreiterrolle ein: Kindergesichter kommen nicht in der Werbung vor. Die Werte aus der realen Welt, werden auch online umgesetzt: Auf Kooperationen mit Content-Erstellern wird dann konsequent verzichtet – selbst wenn diese mehrere Millionen Follower haben.

Umsatz und Mitarbeiterzahlen steigen

Trotzdem legen die Stapelsteine ein rasantes Wachstum an den Tag. Seit der Gründung wurden 1,5 Millionen Stapelsteine verkauft. In den nächsten Jahren erwartet das Unternehmen eine Million pro anno abzusetzen. Gleichzeitig ist der Umsatz in die Höhe geschnellt: 2019 lag er bei rund 500.000 Euro, vergangenes Jahr betrug er bereits 12 Millionen. Auch die Zahl der Mitarbeiter hat sich an diese Entwicklung angepasst: begonnen haben Stephan Schenk und Hannah König zu Zweit, zwischenzeitlich hat das Unternehmen rund 25 Mitarbeitende.

Neues Produkt im Mai

Verkauft wird neben Deutschland, Österreich und der Schweiz in weiteren europäischen Ländern, ab nächstem Jahr voraussichtlich in Australien und Japan. Zeitlich noch näher liegt der nächste Meilenstein: im Mai soll ein neues Produkt auf den Markt gebracht werden.

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