Balingen

Schandfleck soll weg: Investor will auf Zillhauser Landerer-Areal ein neues Quartier bauen

12.10.2022

Von Jasmin Alber

Schandfleck soll weg: Investor will auf Zillhauser Landerer-Areal ein neues Quartier bauen

© Nicole Leukhardt

Das Landerer-Areal in Zillhausen ist nach dem einstigen Gastronomiebetrieb benannt, dessen Gebäudebrachen einen großen Teil des innerörtlichen Geländes einnehmen (Archivfoto).

Mitten im Ort an der Durchgangsstraße in Zillhausen liegt das Landerer-Areal. Wo einst ein Tanzlokal und eine Gaststätte ein beliebter Treffpunkt waren, bietet das ehemalige Gastrogebäude und die umliegende Fläche seit vielen Jahren ein trostloses Bild. Das soll sich ändern – ein Investor aus dem Nahen Osten will auf dem Gelände 50 bis 60 Wohnungen sowie eine Gewerbeeinheit bauen. Das Prädikat „ambitioniert“ war in der Sitzung des Technisches Ausschusses angesichts des Vorhabens mehrfach zu hören.

Es gab schon einige Vorstöße, der Brache mitten im Zillhauser Ortskern ein Ende zu setzen. Das ehemalige „Weinhaus Landerer“, das seine Glanzzeiten als familiengeführtes Tanzlokal und Gaststätte ab den 1950ern bis in die 80er-Jahre hatte, hat seit dem Verkauf 1986 eine wechselvolle Geschichte. „Letztmalig war im Jahr 2007 eine Gaststätte angemeldet. Seither ist das Gebäude weitgehend ungenutzt“, schreibt Stadtplanerin Sabine Stengel in den Unterlagen des Technischen Ausschusses. „Wir haben wiederholt versucht, die Fläche zu erwerben“, führte Baudezernent Michael Wagner in der Sitzung am Mittwoch aus. Nicht zuletzt aufgrund „fragwürdiger Anfragen auf Nachnutzung“.

Bereits 2015 wurde vom Gemeinderat ein Bebauungsplan für das Gelände auf den Weg gebracht. Da sich im weiteren Verlauf jedoch keine konkrete Planung herauskristallisiert habe, lag das Bebauungsplanverfahren zunächst auf Eis.

„Funktionaler Missstand im Ortskern“ soll beseitigt werden

Eine erneute Aufstellung des Bebauungsplans, der auch Teile außerhalb des Sanierungsgebiets Ortskern Zillhausen umfasst, soll die Weichen für die Pläne eines neuen Investors schaffen, der seit Anfang 2021 Eigentümer des Landerer-Areals ist. Den Planungen zufolge soll auf dem Gelände, das von der Hochholz-, Auchten- und Eichbühlstraße sowie der Straße Auf dem Hofacker begrenzt wird, ein komplett neues Quartier entstehen.

Schandfleck soll weg: Investor will auf Zillhauser Landerer-Areal ein neues Quartier bauen

© Stadtverwaltung Balingen

Der städtebauliche Entwurf sieht vor, dass entlang der L442 mehrgeschossige Gebäude mit Satteldach gebaut werden, im rückwärtigen Bereich soll eine Terrassenbebauung mit Satteldach entstehen.

Das entspricht auch dem Vorhaben der Verwaltung und des Gemeinderats, denn: „Das untergenutzte beziehungsweise brachliegende Gewerbeareal stellt eine schwerwiegende Störung des Ortsbildes und einen funktionalen Missstand im Ortskern von Zillhausen dar“, beschreibt Stengel in den Unterlagen. Durch den neu aufzustellenden Bebauungsplan sollen die Sanierungsziele für das Landerer-Areal und die frühere Möbelfabrik Schneider, die am Rande des Geländes liegt, konkretisiert werden.

Was aber ist dort geplant?

Zwischen der Hochholzstraße (L442-Ortsdurchfahrt) und Auf dem Hofacker bestehe ein deutlicher Höhenunterschied von 14 bis 15 Metern, der gemäß des Entwurfs sowie „technisch anspruchsvolle Lösungen für eine Neubebauung erfordert“, weiß die Planerin. „Es gibt einen Investor, der dieses sehr ambitionierte Areal angehen möchte“, sagte Baudezernent Wagner. Er erläuterte, was dieser Investor und Bauherr – in den Unterlagen wird der Name Mohammed Ali S Al-Shaba aufgeführt – dort geplant hat. Mit ihm sei ein städtebaulicher Vertrag abgeschlossen worden, in dem sich der Käufer verpflichte, im Konsens mit der Stadt ein städtebauliches Konzept für die Neubebauung zu entwickeln.

Entlang der Hochholzstraße sind gemäß des parallel entwickelten städtebaulichen Entwurfs, der als Grundlage für die weitere Konzeptentwicklung dient, zweigeschossige Mehrfamilienhäuser mit Staffeldach geplant. Einzig das erste Haus auf dem Areal (von Stockenhausen kommend) ist dreigeschossig mit Staffeldach konzipiert – als Übergang der Kubaturen aufgrund der Bestandsbebauung nebenan, erklärte der Baudezernent.

Terrassen gleichen Geländesprung aus

Im rückwärtigen Bereich sollen, durch einen Innenhof mit der vorderen Bebauung verbunden, Mehrfamilienhäuser in einer Terrassenbebauung entstehen. Damit wird der Geländesprung berücksichtigt. Von der Straße Auf dem Hofacker wirken diese laut Wagner optisch eingeschossig und passen sich mit Satteldächern in die Umgebungsbebauung ein. „Der Investor hat den Anspruch, ein grünes Quartier zu schaffen“, führte Wagner weiter aus und stellte die – noch auf Praktikabilität zu prüfende – Grünkonzeption vor.

Unter den Terrassenhäusern ist eine Tiefgarage geplant. Stellplätze und Carports auf dem Areal entlang der beiden längs verlaufenden Straßen sind ebenso als Parkflächen für Bewohner und Besucher geplant. Apropos: Mit den Neubauten würden 100 zusätzliche Bewohner zu den bisher rund 900 Menschen, die in Zillhausen leben, hinzukommen. Diese müssten in die Dorfgemeinschaft integriert werden, das Mehr an Einwohnern könne aber auch eine Chance für Zillhausen sein, so Wagner.

Wunsch-Kreisel in Plänen berücksichtigt

In den Plänen sei außerdem der Wunsch-Kreisverkehr der Zillhausener vor der Kirche berücksichtigt, obwohl dieser Wagners Einschätzung nach aufgrund der Topografie wohl eher ein Wunsch bleiben wird. An diesem Ende des zu überplanenden Areals ist ein Mehrfamilienhaus mit Gewerbeeinheit im Erdgeschoss vorgesehen. In der Hoffnung, dass sich dort ein Nahversorger ansiedeln wird, so der Baudezernent.

„Es ist ein ambitioniertes Projekt, aber ein praktikabler Weg für das ‚Landerer‘“, lautete Michael Wagners Fazit.

Wochner: „In Zukunft mutiger werden“

Als ambitioniert bezeichnete auch Markus Wochner die Entwürfe. „Mit Erstaunen nimmt man solche Projekte wahr“, kommentierte der Freie-Wähler-Rat und Architekt – insbesondere, wenn man in Fachkreisen unterwegs sei. Man vermisse die regionale Maßstäblichkeit. Er stellte die These auf, „dass wenn wir in der Verantwortung gewesen wären, so etwas nicht herausgekommen wäre“.

„Wir müssen uns mit dem ins Benehmen setzen, der investieren möchte“ und als Verwaltung und Gemeinderat „in Zukunft mutiger werden“, merkte Wochner noch an. Diesen Sätzen könne er nur zustimmen, so Ulrich Teufel (SPD). Bei der Beantwortung dessen Frage zum Wassermanagement auf dem Areal ließ Baudezernent Wagner durchblicken, „dass der Investor aus einer heißen, wüstenähnlichen Gegend kommt“. Weitere Details über den Bauherrn wurden in öffentlicher Sitzung nicht genannt.

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