Geislingen

Regionalverband informiert Geislinger Räte: Warum der Waldhof raus ist bei der Windkraft

20.03.2024

Von Rosalinde Conzelmann

Regionalverband informiert Geislinger Räte: Warum der Waldhof raus ist bei der Windkraft

© Stadt Geislingen

Auf den Gemarkungen Geislingen, Ostdorf und Owingen hält der Regionalverband die gelb schraffierten Gebiete für geeignete Standorte für Windkraftanlagen. 64 Hektar liegen auf Geislinger Gemarkung.

Das Land und der Bund machen Druck bei der Ausweisung von Flächen für Windkraft- und Solarenergieflächen. Der Regionalverband Neckar-Alb ist der Chefplaner für die drei Landkreise Reutlingen, Tübingen und Zollernalb. Dessen Verbandsdirektor informierte den Geislinger Gemeinderat am Mittwoch darüber, was auf der Geislinger Gemarkung zukünftig passieren könnte. Sicher ist allerdings auch, dass auf dem geplanten KSK-Gelände beim Waldhof nichts passieren wird.

Für Baden-Württemberg hat der Landtag im Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg das Ziel definiert, bis spätestens 2040 Klimaneutralität mit Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Hierfür ist auch ein beschleunigter Ausbau der Wind- und der Solarenergie erforderlich. In Baden-Württemberg sind 1,8 Prozent der Regionsfläche für Windenergieanlagen und 0,2 Prozent der Flächen für Solarenergie planerisch zu sichern.

Die Ziele sind definiert

Planungsraum für den Regionalverband Neckar-Alb sind die Landkreise Reutlingen, Tübingen und der Zollernalbkreis. Das genannte Flächenziel von 1,8 beziehungsweise 0,2 Prozent muss in der Gebietskulisse der Region erfüllt werden.

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Für Geislingen sind in den aktuellen Entwürfen für Freiflächen-Photovoltaikanlagen insgesamt 43 Hektar vorgesehen, die alle auf Erlaheimer Gemarkung liegen, ein Vorranggebiet (Ge01) mit 8 Hektar und zwei Vorbehaltsgebiete (Ge02 und Ge03) mit jeweils 19 und 16 Hektar.

Bei den Entwürfen für Windenergie befinden sich zwei Flächen mit jeweils 20 und 44 Hektar auf Erlaheimer und Geislinger Gemarkung. Weitaus größere Flächen liegen auf den angrenzenden Gemarkungen Ostdorf und Owingen. Nur zwei „Zipfel“ ragen in die Geislinger Gemarkung hinein.

Es soll alles schneller gehen

Der Chef des Regionalverbandes persönlich, Dr. Dirk Seidemann, informierte das Gremium, „was auf der Geislinger Gemarkung die nächsten Jahre passieren könnte“. Wurden früher 7 Jahre für die Ausweisung von Windenergie- und Solarflächen benötigt, sind nun die Verfahren schlanker und schneller. Seidemann sprach von dreieinhalb Jahren bis zu Realisierung. Die Anhörung im Verband läuft, trotzdem drückt der Regionalverband aufs Gas, denn der Satzungsbeschluss muss im September 2025 gefasst werden. So schreibt es das Gesetz vor.

Regionalverband informiert Geislinger Räte: Warum der Waldhof raus ist bei der Windkraft

© Stadt Geislingen

Auf Erlaheimer Gemarkung werden drei Gebiete für Solarfreiflächen favorisiert. Die Geislinger wünschen aber, dass die 19 Hektar große Fläche (Ge02) im Gewann Achdorf aus der Karte herausgenommen wird.

Es soll keine Konzentration von Anlagen geben, stellte Seidemann fest. Es werde eine gerechte Verteilung angestrebt. Und: „Wir wollen nicht viele kleine Anlagen, sondern größere Standorte schaffen.“

Klare Ansage der Bundeswehr

Das Verfahren ist weit vorangeschritten, dennoch muss der Regionalverband noch einige offene Fragen klären. Diese betreffen den Denkmalschutz, den Artenschutz und die Bundeswehr. „Das ist eine der großen Unbekannten“, betonte der Verwaltungsexperte. Allerdings gibt es bezüglich des geplanten KSK-Absetzgeländes beim Waldhof eine klare Aussage aus Berlin an den Regionalverband. Diese lautet: „Da dürft ihr nicht hin.“

Was ist mit dem Kloster Binsdorf?

Den Denkmalschutz hatte Seidemann für Geislingen nicht auf dem Plan. Hier intervenierte Dr. Hans-Jürgen Weger (Aktive Bürger). Er wies darauf hin, dass das Binsdorfer Kloster als „Denkmal von nationaler Bedeutung“ eingestuft ist und damit in dieselbe Kategorie fällt wie die Burg Hohenzollern, die eben aufgrund dieser kulturhistorischen Bedeutung einen „Schutzstreifen“ von 7,5 Kilometern hat. Seidemann antwortete, dass das Kloster nicht auf der Liste des Landesdenkmalamts steht, die der Regionalverband erhalten hat. Dort sind für unsere Region die Zollernburg, das Schloss Hohentübingen sowie die Kloster Zwiefalten und Bebenhausen aufgeführt, informierte er.

In den drei Landkreisen hält der Regionalverband 40 Windenergiegebiete mit einer Gesamtfläche von 9192 Hektar für geeignet. Das ist 3,6 Prozent der Regionsfläche und mehr als vom Land gefordert. Seidemann schließt aber nicht aus, dass sich die Kulisse noch reduzieren könnte. Die vom Verband ausgewählten Standorte auf Gemarkung Geislingen, Ostdorf und Owingen sind insgesamt 275 Hektar groß.

Drei Gebiete in Erlaheim

Was die Freiflächen für Solaranlagen betrifft, hat der Regionalverband für sein Gebiet 88 Standorte mit einer Gesamtfläche von 1278 Hektar ins Auge gefasst. Geislingen hat hier schon Vorarbeit geleistet und im Gewann Hasenbühl in Erlaheim eine rund 10 Hektar große Fläche für Solarenergie ausgewiesen. Zwei weitere sogenannte Vorbehaltsgebiete sind 19 beziehungsweise 16 Hektar groß. Laut Seidemann kann die Gemeinde bei diesen Gebieten auch eine andere Nutzung durchsetzen.

Bürgermeister Oliver Schmid eröffnete die Diskussionsrunde. Er bedauerte, dass das Waldhofgelände aufgrund des Vetos der Bundeswehr ausgeschieden ist: „Das tut uns richtig weh, denn wir hätten dort einen hohen Windertrag erzielen können.“

Wie Wald wird gefällt?

Gerhard Mozer (CDU) hakte nach, wie viel Wald für eine Windkraftanlage abgeholzt werden muss. Seidemann bezeichnete den Eingriff als überschaubar. Zudem gehe man nicht in alte Bestände. „Pro Anlage geht es um einen halben Hektar; die Hälfte davon wird wieder aufgeforstet“, informierte er.

Förster Wolfgang Heitz (Aktive Bürger) erkundigte sich nach den Eigentumsverhältnissen. Seidemanns Antwort: „In der Regionalplanung darf mich Eigentum nicht interessieren.“ Heitz‘ weitere Frage, ob der Knollenmergel als Untergrund eine Rolle spielt, verneinte Seidemann.


Windhöffigkeit ist ausreichend

Frieder Klein (SÖL) interessierte sich für die Windhöffigkeit. Vor 10 Jahren habe es geheißen, dass diese zu gering sei in Geislingen. Der Regionalverband orientiere sich hier am Windatlas. Die sogenannte Windleitungsdichte betrage 190 Watt pro Quadratmeter und sei ausreichend. Hinzukomme, dass sich die Technik verbessert und die Anlagen mit 180 Metern viel höher gebaut würden.

Zwei Bitten an den Verband

Am Ende der Debatte hatten die Geislinger zwei Bitten an den Chefplaner. Dr. Weger bat darum, dass der Regionalverband die Bedeutung des Klosters Binsdorfs erneut prüft. Und Erlaheims Ortsvorsteher Ewald Walter formulierte, was ihm und seinen Mitbürgern auf dem Herzen liegt: Man möge auf der Solarkarte die 19 Hektar große Fläche herausnehmen. „Achdorf ist unser einziges Ackerlandgebiet, die Parzellen sind zwischen 300 und 1200 Quadratmeter groß und liegen nah am Ort“, begründete er den Wunsch.


Verband wird Anliegen prüfen

Dass der Gemeinderat derselben Meinung ist, bekräftigte der Bürgermeister. „Der Regionalverband wird seiner Verpflichtung auch ohne Achdorf nachkommen“, erklärte der Stadtchef, was Seidemann nicht bestätigte. Er versicherte jedoch, dass das Anliegen geprüft werde. „Wir wollen schließlich Flächen, die umgesetzt werden.“ Und bei der Ausweisung der Solarfreiflächen habe die Kommune die Hand drauf.

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