Fussball

Regionalliga im Rückblick: Verletzungsmisere bremst die TSG Balingen aus

24.05.2024

Von Marcus Arndt

Regionalliga im Rückblick: Verletzungsmisere bremst die TSG Balingen aus

© Moschkon

Im Saisonfinale gegen den KSV Hessen Kassel brachte die TSG Balingen (im Bild Halim Eroglu) noch einmal ihr Potenzial auf den Platz.

Nach sechs Jahren in der Fußball-Regionalliga steigt die TSG Balingen ab. Auch die vorzeitige Trennung von Erfolgstrainer Martin Braun griff nicht – 18 Punkte in der Rückrunde waren einfach zu wenig, um den Klassenerhalt zu schaffen.

Es war eine Saison mit vielen Phasen, welche unglücklich für den Kreisstadt-Klub begonnen hatte: mit dem Pokal-Aus am grünen Tisch gegen die Sportfreunde Gechingen.

Der Viertligist setzte sich zwar ungefährdet mit 11:0 durch, hatte aber Henry Seeger nicht im Spielberichtsbogen vermerkt. Der TSG-Stürmer wurde allerdings in der 53. Minute eingewechselt, erzielte den achten Treffer. Der Fauxpas in der Aufstellung blieb nicht ohne Konsequenzen – die Partie wurde mit 3:0 für den Landesligisten gewertet, der Titelverteidiger war damit schon in der ersten Runde raus.

Enttäuschender Start

Auch in der Liga lief es beim Kreisstadt-Klub nicht rund. Erst am achten Spieltag gelang dem Team um Kapitän Matthias Schmitz der erste Sieg: beim 6:3 über Astoria Walldorf. „In der Startphase sind wir mit den vielen Unentschieden – sechs waren es nach neun Begegnungen – in den Rückstand geraten“, bilanziert TSG-Manager Jonathan Annel, „das schlägt sich nicht nur in der Tabelle nieder. Auch psychologisch gesehen ist es in solch einer Situation ganz schwierig, das Ruder wieder rumzureißen. Rennt man permanent hinterher, wiegt jede Niederlage, egal wie knapp, entsprechend schwer.“

Nur zwei „Dreier“ (7 Unentschieden/8 Niederlagen) verbuchten die Schwaben in der ersten Halbserie – und reihten sich deutlich hinter den Nichtabstiegsplätzen ein. Satte zwölf Punkte Rückstand waren es auf den damaligen Tabellen-14. FSV Frankfurt. Nach der 2:3-Niederlage in Kassel griffen dann auch im beschaulichen Balingen die branchenüblichen Mechanismen: Braun – in der Vorsaison noch WFV-Pokalsieger mit den „Roten“ und starker Sechster in der Liga – musste gehen. Die Trendwende blieb jedoch aus. Im Ba(h)lingen-Duell (Endstand: 0:2), beim FSV Mainz 2 (2:3) und am Bornheimer Hang (2:2) blieben die Kreisstädter weiter sieglos.

Gelegenheiten nicht genutzt

Mit Murat Isik präsentierte die TSG Ende Dezember 2023 einen neuen Coach. Unter der Regie des 49-Jährigen robbten sich die Balinger wieder heran, gewannen zum Start in die Rest-Runde mit 1:0 über den TSV Steinbach Haiger, trotzten Meister VfB Stuttgart 2 einen Zähler ab (2:2) und packten gegen Walldorf (3:0) noch einmal drei Punkte drauf. Die Kreisstädter waren dran, kamen dann aber – auch aufgrund personeller Probleme – nur noch gegen Mitabsteiger VfR Aalen (2:2) in die Punkte.

„Natürlich gab es Gelegenheiten für einen Turnaround, die wir nicht genutzt haben oder nicht nutzen konnten“, blickt Annel zurück, „gerade das Spiel gegen Aalen ist ein sinnhaftes Beispiel dafür. Ein Sieg hätte uns wieder nach vorne gebracht, und genau da hauen sie uns in der Nachspielzeit ein Tor rein und der Abstand bleibt.“

Viele Ausfälle

Nicht nur gegen den Ostalb-Klub fehlte der TSG das Spielglück. Es folgten fünf, teilweise deutliche Niederlagen. Nach dem 0:5 am Bieberer Berg war der Klassenerhalt schließlich nicht mehr zu schaffen. In den finalen vier Begegnungen siegten die Kreisstädter noch drei Mal – und kamen schließlich auf 18 Zähler in der Rückrunde. „Im Januar sind wir mit einem Rückstand von 13 Punkten auf Aalen und 15 auf Walldorf gestartet“, blickt Isik zurück, „jetzt, 14 Spieltage später, stehen wir Aalen nur noch mit drei und Walldorf mit elf Punkten nach.“

Für den A-Lizenzinhaber waren die vielen Ausfälle eine zu große Hypothek. „Wir hätten mehr rausholen können“, ist sich der Braun-Nachfolger sicher, „wären in unserem Kader nicht so viele Spieler zwischendurch ausgefallen. So mussten wir uns zum Teil über mehrere Wochen hinweg damit arrangieren, dass fünf oder sogar sechs unserer Stammspieler gleichzeitig fehlten. Ob es am Ende gereicht hätte, wenn wir vollständig gewesen wären? Wer weiß. . .“

Vollzählig im Saisonfinale

Was er sagen könne, führt der A-Lizenzinhaber weiter aus, „ist, dass wir, wenn wir zumindest beinahe vollständig sind, wirklich guten Fußball spielen. Das haben wir zum Start in die Rest-Runde und im Saisonfinale gezeigt. Am letzten Spieltag gegen Kassel waren wir das erste Mal seit neun Spielen wieder nahezu vollzählig und die Mannschaft konnte entsprechend liefern.“

Mit 4:3 gewannen die Kreisstädter, welche nach sechs Jahren in Liga vier als Vorletzter (7/10/17) absteigen müssen. Ob er rückblickend etwas anders machen würde? „Ich kann nicht sagen, dass es irgendeine konkrete Entscheidung gibt, die ich im Nachhinein anders getroffen hätte“, betont Isik, „im Gegenteil, vieles haben wir sicher richtig gemacht. So sind wir im Januar mit einem neuen Trainerteam in die zweite Hälfte gestartet und konnten dabei unheimlich intensiv arbeiten. Auch unsere Jungs haben die Veränderung gut angenommen und von Anfang an bis zum Schluss super mitgezogen. Ich kann mich nur wiederholen und sagen, dass unser größtes Manko definitiv die hohe Ausfallquote war.“ Unumwunden räumt auch der Balinger Manager ein: „Wir sind mit dieser Kaderzusammensetzung einfach an eine Grenze gestoßen.“

„Wirklich alles miterlebt“

„Es war eine Saison, in der wir wirklich alles miterlebt haben“, findet Annel, „am Anfang der Runde schwebte der DFB-Pokal gegen den VfB Stuttgart über allem und die Liga rückte etwas in den Hintergrund. Dann kam die Welle an Unentschieden. Die hätten wir vielleicht noch verkraftet“, sinniert der 35-Jährige, „hätten wir davon die Hälfte gewonnen, wäre das vermutlich auch zu keinem Problem geworden.“

Aber es sei anders gekommen, so der TSG-Geschäftsführer weiter, „mit dem Trainerwechsel und dem Neustart im Januar – einer komplett neuen Spielidee und neuen Personen.“ Das sei schon eine außergewöhnliche und äußerst bewegte Saison gewesen, urteilt Annel. Er ergänzt: „Ein Umbruch, der zu einem Übergang werden soll. Nicht nur in eine andere Liga, sondern auch in ein neues TSG-Kapitel.“

Bad Boy Wöhrle

Dauerbrenner Marcel Binanzer. Der Balinger Keeper, welcher den Kreisstadt-Klub nach 15 Jahren in Richtung Kreuzeiche verlassen wird, absolvierte alle 34 Regionalliga-Spiele (3060 Minuten). Das schafften neben dem 32-jährigen Hechinger nur seine beiden Torhüterkollegen Felix Dornebusch (Stuttgarter Kickers) und Franz Langehoff (Hessen Kassel) sowie Emilian Lässig (Astoria Walldorf/Mittelfeld).

Die längsten Einsatzzeiten auf dem Feld bei der TSG hatte Sascha Eisele (33/ 2925). Beste Torschützen des Kreisstadt-Klubs sind Routinier Jan Ferdinand und Winter-Neuzugang Halim Eroglu (beide sechs Treffer). Zum Vergleich: Südwest-Torschützenkönig Phil Harres (FC 08 Homburg) netzte 24 Mal. Balinger Bad Boy ist Tim Wöhrle mit sechs gelben, einer gelb-roten und einer roten Karte. Durchschnittlich wollten 879 Zuschauer die Heimspiele der Eyachstädter sehen (14 946).

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