FUSSBALL

Regionalliga Südwest: Im Winter klagende Vereine würden wieder vor Gericht ziehen

23.05.2021

Von Marcel Schlegel

Regionalliga Südwest: Im Winter klagende Vereine würden wieder vor Gericht ziehen

© Herl

Auf die Tribüne der Bizerba-Arena in Balingen darf seit fast einem dreiviertel Jahr kein zahlendes Publikum mehr.

Die Vereine aus der Fußball-Regionalliga Südwest, die sich im Winter juristisch gegen die Saisonfortsetzung wehrten, bereuen diesen Schritt nicht. Auch wenn sich deren schlimmste Befürchtungen nicht bewahrheiteten.

Fast ist in Vergessenheit geraten, dass sich einige Vereine aus der Regionalliga Südwest im Winter ordentlich zofften. Während einer anderthalb Monate langen Lockdown-Pause war es damals um die Frage gegangen, ob es in Ordnung ist, dass die Südweststaffel, in der etwas weniger als die Hälfte der Teams mit Amateurfußballern arbeitet, trotz gesellschaftlichen Stillstands weiterspielen darf und vor allem sollte. Nach einigem Hin und Her und auch auf Drängen einiger Profiklubs hatte die Regierungen der für die Südweststaffel relevanten Bundesländer (BaWü, Hessen, Rhein-Land-Pfalz, Saarland) die vom DFB als höchste Amateurklasse bezeichnete 4. Liga zur Profiliga erklärt bzw. ihren Viertliga-Klubs Ausnahmeregelungen zugestanden und damit das OK für die Saisonfortsetzung gegeben.

Die Ligaführung folgte und setzte sich so selbst unter Druck: Dies, weil kein unerheblicher Teil der Vereine, darunter auch die TSG Balingen, sich gegen die Saisonfortsetzung aussprach und zunächst mit öffentlichen Briefen Stimmung machte. Die von Kickers Offenbach angeführte Gegenseite, ausnahmslos Profivereine, die weitermachen wollten, konterte mit ähnlichen Statements und Klageandrohungen.

Verhandlung vor dem Mannheimer Landgericht

Am Ende traf man sich Mitte Dezember tatsächlich vor dem Mannheimer Landgericht, das der Ligaführung Recht gab und so das „Go“ der Politik bestätigte. Sechs Vereine (TSV Steinbach Haiger, FC Astoria Walldorf, TSV Schott Mainz, FC Gießen, Bahlinger SC, Eintracht Stadtallendorf) waren damals bis zur Klage gegangen. Wie sehen den Prozess nun, ein halbes Jahr später?

„Wir stehen weiter zu dieser gemeinsamen Aktion“, sagt Marco Monetta, Pressesprecher des FC Astoria Walldorf. „Unsere Prämisse ist und war, stets die Gesundheit aller Beteiligten an erster Stelle zu setzen.“ Und wenngleich sich die größten Corona-Befürchtungen nicht bewahrheiteten, die Südweststaffel zwar Corona-Fälle hatte, aber insgesamt solide durchkam und nun anders als die Staffeln Bayern, Nord und Nordost regulär zu Ende gebracht werden kann, glaube er, dass es falsch war, im Winter weiterzumachen. „Nur mit sehr großem Aufwand konnten wir als Amateurverein durch diese Saison kommen“, sagt Monetta.

Die Klubs mussten Testungen organisieren, Amateure mit einem anderen Hauptjob zahlreiche Englische Wochen hinter sich bringen und sich dem doppelten Infektionsrisiko aus Beruf und Sport aussetzen. Monetta erhält Rückendeckung von Roland Kring, dem Vorstandssprecher des TSV Steinbach Haiger – einem Profiverein, der sich in dieser Sache auf die Seite der Amateurklubs schlug. „Wenn man sich nun, kurz vor dem Saisonende die Verletztenliste anschaut, nicht nur bei uns, wird deutlich, dass man die damalige Entscheidung der Liga zumindest kritisch sehen muss“, sagt Kring. „Die körperliche Belastung ist so enorm, dass dies kaum durchzuhalten ist. Am härtesten betroffen sind dann die Vereine, die keine oder nur eine kleine medizinische Abteilung vorhalten konnten.“

Bahlinger SC appelliert an moralische Verantwortung

Darunter fällt etwa die TSG Balingen (vom Verein war kein aktuelles Statement zu bekommen), deren Verletztenliste immer länger und länger wurde, das machte sich in der Rückrunde auch in der Tabelle bemerkbar. Dieter Bühler erinnert nun an die moralischen Fragen, die der Restart vom Dezember aufwarf – und an dessen Bewertung sich nichts geändert habe. „Bei der einstweiligen Verfügung ging es auch darum, ob eine Saisonfortsetzung mit hohen Infektionszahlen vereinbar und ob es zehn Tage vor Weihnachten für Amateurvereine zumutbar war, den Spielbetrieb aufzunehmen, während im Privatleben die Kontakte auf ein Minimum reduziert werden mussten“, sagt der Vorstand des Bahlinger SC. Er bleibt dabei: Das sei nicht zumutbar gewesen. „Wir würden den Weg vors Gericht wieder beschreiten.“

Die sechs Kläger-Klubs wollten im Winter ein weiteres Aussetzen des Spielbetriebs erreichen, den Restart an die Entwicklung der Infektionslage und den Impffortschritt koppeln und die Spielzeit wenn nötig bis Mitte Juli verlängern. Das Gericht wies das mit dem Argument zurück, dass eben nicht moralische Fragestellungen geprüft wurden, sondern die Rechtmäßigkeit der Liga-Entscheidung zum Weitermachen trotz Lockdowns. Da der größere Teil der Südwestvereine Profis beschäftigt und die Spielklasse politisch als Berufsfußball eingestuft wurde, war diese in Ordnung – rechtlich.

Gruppenmodell hätte einiges erleichtert

Jene Vereine, die sich für eine verlängerte Corona-Pause einsetzten, hatten schon vor der Saison größtenteils für Alternativmodelle votiert, etwa für eine Zweiteilung der Staffel nach der Winterpause: für das sogenannte Gruppenmodell. Dann hätte die durch den Saisonabbruch vom vergangenen Jahr ohnehin auf 22 Mannschaften aufgeblähte Südwest-Regionalliga am Ende nur 32 statt 42 Spieltage gehabt. Eine verträgliche Anzahl für berufstätige Amateure; eine Menge an Spielen, die eine verlängerte Spielpause gerechtfertigt und einige Englische Wochen verhindert hätte.

„Damals und auch rückblickend wäre dies die bessere Lösung gewesen“, findet Kring, der bedauert, dass sich Liga und Vereine im Dezember vor Gericht aussprechen mussten. „Das ist immer die allerletzte Option. Aus meiner Sicht sollten alle Beteiligten immer auf einen sachorientierten Dialog setzen – damit meine ich die Vereine, aber auch die Funktionäre aus unseren Verbänden. Leider ist dies nicht immer gegeben.“

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