Balingen

Posaunenchor huldigt in der Balinger Stadtkirche dem hartnäckigen Reformer Martin Luther

02.11.2021

Von Barbara Szymanski

Posaunenchor huldigt in der Balinger Stadtkirche dem hartnäckigen Reformer Martin Luther

© Barbara Szymanski

Der Posaunenchor unter Dirigent Jürgen Stengel brachte am Reformationstag eine stimmige Musikauswahl zu Gehör.

Der Reformationstag ist für den Posaunenchor Balingen und Heselwangen der Höhepunkt der musikalischen Tätigkeiten im Jahresablauf, sagt dessen Dirigent Jürgen Stengel. Die große Bedeutung wurde am Sonntag einmal mehr deutlich: Die Musikauswahl mit Werken aus der neueren Literatur war komplex, aber gefällig.

Feierlich und dennoch von farbiger Intonation entfaltet sich die Bläsermusik zum Reformationstag in der Balinger Stadtkirche. Der Posaunenchor Balingen und Heselwangen feiert auch in diesem Jahr das hohe evangelische Fest mit Werken aus der neueren Musikliteratur.

Diese sind zwar komplex, aber so zeitgemäß und transparent aufbereitet, dass sie die zahlreich erschienenen Zuhörer erreichen. Denn wohlbekannte Kirchenlieder scheinen auf wie bei „Lobe den Herrn“ aus dem Barock, das der Posaunist und Komponist Christian Sprenger 1976 neu arrangierte. Bei diesem Stück lässt sich die Melodie zunächst nicht erkennen. Die Trompetenstimmen, eingebettet in die der Bass-Instrumente, umkreisen das Thema variantenreich mit jubelndem Kolorit.

Einige Ensemble-Mitglieder steigen jeden Sonntag auf den Turm

Dass der Klangkörper so elegant und leichtfüßig auf die Zuhörer einwirkt, mag dem großen Engagement der 20 Musikanten, darunter acht Frauen, und nicht zuletzt dem ambitionierten Dirigenten Jürgen Stengel geschuldet sein. Dazu bei trägt auch das regelmäßige Üben und die musikalische Begleitung bei vielen – auch ökumenischen – Gottesdiensten sowie dem Kurrendeblasen.

Einige Ensemblemitglieder steigen jeden Sonntag 188 Stufen des Turms der Stadtkirche hinauf, um die Balinger in allen vier Himmelsrichtungen mit Liedern des Kirchenjahres zu wecken.

Posaunenchor huldigt in der Balinger Stadtkirche dem hartnäckigen Reformer Martin Luther

© Barbara Szymanski

Volle Ränge: Zahlreiche Gläubige waren zur Feierstunde in die Stadtkirche gekommen.

Der Chorleiter zu dem Konzert zum Reformationstag: „Es ist der Höhepunkt unserer musikalischen Tätigkeiten im Jahresablauf.“ Neben den üblichen Blasinstrumenten für Posaunenchöre wie Trompete, Posaune oder Tuba bereichern das musikalische Gesamtbild auch Waldhorn, Flügelhorn sowie das Euphonium, das tief und weich tönt.

Dieses Instrument leistet bei der Bearbeitung von „Lobe den Herrn“ wertvolle Dienste, denn hier treten die befriedenden Bass-Passagen besonders in den Vordergrund.

Melodiebögen kreisen um „Großer Gott wir loben dich“

„Sonne der Gerechtigkeit, gehe auf zu unserer Zeit“: Auch dieses Lied aus dem evangelischen Gesangbuch (EG) ist gut gewählt in aufgewühlten Zeiten wie diesen. Hier erzeugen die feine Tongebung und die geschlossene saubere Einstimmung eine ganz besondere Klangfülle und -dichte.

Mit klassischen, aber modern aufbereiteten Tonfolgen können die Zuhörer der „Paraphrase“ von Anne Weckeßer aus dem Jahr 1973 folgen. Hier kreisen die Melodienbögen um eines der wichtigsten Kirchenlieder „Großer Gott wir loben dich“. Der Posaunenchor schmückt diese Melodie mit virtuosem und frischem Sound aus.

Organist setzt Schwellwerk beherzt ein

Bezirkskantor und Organist Wolfgang Ehni hingegen wählte einen Klassiker und das wohl mit am meisten gespielte Orgelstück aus: das Präludium in G-Dur (BWV 541) mit seinem vertrackten Rhythmus der rechten und linken Hand. Solche Herausforderungen meistert der spielfreudige und vielseitige Organist ohne erkennbare Mühe.

Er artikuliert trotz hohem Tempo deutlich und vor allem mit dem – typisch für Ehni – recht beherzten Gebrauch des Schwellwerks ohne von der Bach’schen Komposition abzuweichen. Ob diesem Orgelbrausen geht ein Ruck durch die Reihen der Zuhörer, die dieser feierlichen Stunde mit musikalischen Feinschmeckereien gebannt folgen.

Pfarrerin erinnert an den hartnäckigen Mönch

Pfarrerin Sara Stäbler, die auch bekannt ist für ihre klare, strahlende Sopranstimme, liest aus Galater 5, Vers 1 – 5: Freiheit in Christus. Sie erinnert an die Geschichte des hartnäckigen Mönchs Martin Luther und zeigt dabei auf ein Porträt, das rechts neben dem Altar im Chorraum hängt.

Mit seinen 95 Thesen habe er ganz Europa in Aufruhr versetzt. Der Reformationstag rufe zum freien und furchtlosen Bekenntnis auf. „Doch dieses fragt auch nach gegenwärtigen Missständen und nach der Kirche, die sich immer wieder reformieren muss“, so Stäbler.

Posaunenchor huldigt in der Balinger Stadtkirche dem hartnäckigen Reformer Martin Luther

© Barbara Szymanski

Farbig illuminiert war der Altarraum der Stadtkirche.

Dazu passend hat der Posaunenchor ein zeitgenössisches Werk der christlichen Singer-Songwriterin Twila Paris ausgesucht, das zwar forsch und temporeich, aber nicht poppig daherkommt. Ebenso frisch aufpoliert das Stück „Ach bleib mit deiner Gnade“ (EG 347). Die Melodie stammt zwar aus dem Barock vom Meister des homophonen Choralsatzes Melchior Vulpius.

Doch die Bearbeitung von Thomas Albus, Komponist und Organist, wirkt spritzig und frisch. Hier strahlen die Trompeten, die sich auf einen Dialog mit den tieferen Instrumenten einlassen und sich so die Phrasierungen fein gegliedert präsentieren können.

Konzert bietet Rahmen für Ehrungen

Dieses Bläserkonzert mit weiteren Werken wie der Suite 1 von Michael Praetorius bildet auch den geeigneten Rahmen für Ehrungen. Diese übernimmt Bezirksposaunenwart Martin Benzing. Ausgezeichnet wurden Helmut Geiger für 70 Jahre Mitwirkung, Dieter Klaiber für 50, Ulrich Steimle für 40 und Agnes Stengel für 25 Jahre. Dazu passt das zeitgenössische, aber klassisch anmutende Werk „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ – farbig, freudig und feierlich zugleich.

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