Zollernalbkreis

Nehmen Sachbeschädigungen und antisemitische Schmierereien zu? Das sagt die Polizei

22.11.2023

Von Milijana Magarewitsch

Nehmen Sachbeschädigungen und antisemitische Schmierereien zu? Das sagt die Polizei

© Pixabay

Die Wahrnehmung, dass öffentliche Schmierereien vermehrt vorgekommen, lässt sich polizeistatistisch nicht belegen (Symbolfoto).

Wie vor einigen Tagen im ZOLLERN-ALB-KURIER berichtet, scheinen vielerorts Schmierereien (so geschehen in Obernheim) im öffentlichen Raum zuzunehmen. Zudem lässt sich auch antisemitisches Gesudel entdecken. Wie häufig kommt die Spraydose aber tatsächlich zum Einsatz? Und deckt sich die subjektive Wahrnehmung mit den realitätsbezogenen Zahlen? Wir sprachen mit Johannes Pfeffer von der Pressestelle der Polizei.

Sachbeschädigungen im öffentlichen Raum lassen sich vielerorts entdecken und damit einhergehend aktuell auch gesprühte, antisemitische Schmierereien. Könnten Sie uns erklären, wie hier in der Strafverfolgung genau oder überhaupt differenziert wird?

Eine Farbschmiererei kann je nach Einzelfall mehrere Straftatbestände verwirklichen. Zum einen kann der Anfangsverdacht einer Sachbeschädigung vorliegen, wenn rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder gar zerstört wurde, oder unbefugt deren Erscheinungsbild nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert wurde. Weiterhin kommt bei den von Ihnen geschilderten antisemitischen Parolen der Straftatbestand der Volksverhetzung in Betracht. Dieser kann bei etwa der Öffentlichkeit zugänglich gemachten Inhalten wie Graffitis vorliegen, die unter anderem gegen eine religiöse Gruppe zum Hass aufstacheln. Beim Straftatbestand der Volksverhetzung steht der Schutz der Menschenwürde einer Gruppe im Vordergrund. Wer demnach einen Inhalt herstellt oder verbreitet, indem die Menschenwürde einer solchen Gruppe durch Beschimpfungen oder Verleumdungen angegriffen wird, kann ebenfalls den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllen. Überdies können weitere Gesetzesüberschneidungen vorliegen, etwa Beleidigungen, das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen oder die öffentliche Aufforderung zu Straftaten gegeben sein.

+++ Lesen Sie auch: „Fuck AfD“ und „Jude“: Schmierereien an Obernheimer Kirche und Hausfassade +++

Ist tatsächlich von einer Zunahme von Sachbeschädigungen zu sprechen oder wird das gesellschaftlich einfach nur vermehrt wahrgenommen?

Die für Straftaten wie die von Ihnen genannte Sachbeschädigung herangezogene Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik werden nicht unterjährig ausgewertet und veröffentlicht. Aus diesem Grund kann daraus zum jetzigen Zeitpunkt kein Trend für der Polizei bekannte Sachbeschädigungen im öffentlichen Raum im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr herausgelesen werden.

Das gleiche gilt für die Anzahl an der Polizei bekannten Volksverhetzungen im Jahr 2023. Da beide Delikte nicht ausnahmslos bei Farbschmierereien, sondern auch anderen Fallkonstellationen (bspw. vorsätzliche Beschädigungen von Pkw durch Zerkratzen oder Veröffentlichung von volksverhetzenden Inhalten im Internet) erfüllt sein können, wird eine solche Auswertung für Ihre Anfrage nicht als zielführend erachtet. Weiterhin wird der Polizei nur ein Bruchteil der in der Öffentlichkeit festgestellten Farbschmierereien gemeldet, sodass diese Zahlen nur die uns bekannten Fälle einschließen (das sogenannte Hellfeld).

Eine händische Auswertung der hier aktenkundigen Farbschmierereien und Graffitis mit mutmaßlich antisemitischen Inhalten seit dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ergab für den gesamten Präsidiumsbereich (Landkreise Reutlingen, Esslingen, Tübingen und Zollernalb) in Summe sechs Vorgänge, bei denen teilweise mehrere Graffitis festgestellt wurden. Unabhängig von der öffentlichen Wahrnehmung kann eine rasante Zunahme der uns gemeldeten Fälle in unserem Präsidiumsbereich aus diesem Grund nicht bestätigt werden.

Wer haftet in solchen Fällen für die Beschädigungen?

Wird ein Täter ermittelt, kann der Geschädigte zivilrechtliche Ansprüche in Form von Schadensersatz gegen diesen erwirken lassen. Die Kosten für die Entfernung des Graffitis übernimmt zunächst der jeweilige Eigentümer.

Wenn sich herausstellt, dass es sich um unter 18-Jährige handelt, die entweder eben „nur“ öffentliches Eigentum beschädigt oder aber antisemitische Parolen oder Abbilder genutzt haben: Wird auch hier in der Strafverfolgung von Alter her unterteilt?

Kinder bis 14 Jahre sind generell strafunmündig. Bei Jugendlichen (bis 18 Jahre) und Heranwachsenden (bis 21 Jahre) wird grundsätzlich das Jugendstrafrecht angewandt, wobei ein Gerichtsverfahren zumeist nicht öffentlich verhandelt wird und entsprechend des im Vordergrund stehenden Erziehungsgedankens eher Verwarnungen und Auflagen als Strafen ausgesprochen werden. Ab 21 Jahren wird in der Regel das Erwachsenenstrafrecht angewandt.

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