Geislingen

„Mutiger sein“ in schwierigen Zeiten: Geislinger Ortsdurchfahrt wird nicht weiter geschoben

09.02.2024

Von Rosalinde Conzelmann

„Mutiger sein“ in schwierigen Zeiten: Geislinger Ortsdurchfahrt wird nicht weiter geschoben

© Rosalinde Conzelmann

Bei der Umgestaltung der Ortsdurchfahrt soll im ersten Bauabschnitt ein Kreisverkehr bei der Kirche gebaut werden. Die CDU-Fraktion würde wegen der kritischen Finanzlage den Planungs- und Baustart weiter nach hinten schieben. Das wollen die anderen Fraktionen aber nicht.

Während Wolfgang Pauli und Dr. Hans Jürgen Weger in ihren Haushaltsreden zum Einstieg der Sinn nach Reimform stand, wählte Frieder Klein „nüchterne Prosa“, dem Ernst der Lage geschuldet. Wie ernst die (finanzielle) Lage der Stadt aus ihrer Sicht ist und welche Gestaltungsmöglichkeiten der Haushaltsplanentwurf 2024 bietet, führten die Fraktionssprecher am Mittwoch aus. In allen Reden schwang Besorgnis mit, es glimmte aber auch Zuversicht auf.

Der Entwurf war, wie berichtet, in der Januarsitzung eingebracht worden. Der Haushaltsausgleich gelingt der Stadt nur, weil sie ihre Rücklagen angreifen und neue Schulden machen muss.

CDU-Fraktion will streichen

„Das Lächeln friert jedoch rasch ein, schaut man in unseren Haushalt rein“, dichtete Pauli am Vorabend des Schmotzigen Donnerstags zum Auftakt seiner Rede. Das Reimen ließ er dann sein, als es um die Fakten ging. Die CDU-Fraktion (mit der Grünen Daniela Hatzenbühler) betrachtet die Steigerung bei den Personalkosten mit großer Sorge: 2024 ist die Stadt bei 5 Millionen Euro angelangt. „Das entspricht einer faktischen Steigerung von über 60 Prozent in nur sechs Jahren“, stellte Pauli fest. Damit liegen die Personalkosten über den Investitionskosten mit 4,7 Millionen Euro.

Nach einem Seitenhieb auf die Bundesregierung stellte Pauli den eingestellten Gemeindeanteil an der Einkommensteuer mit 4,3 Millionen Euro auf der Einnahmenseite infrage: „Das ist zu hoch angesetzt.“ Das würde in Folge die prognostizierte Finanzlücke auf eine Million Euro ansteigen lassen.

Drei Sparvorschläge

Die CDU-Fraktion will deshalb die Handbremse ziehen und brachte drei Sparvorschläge ein: Das Ratsinfosystem für den neuen Gemeinderat für 10.200 Euro soll geschoben werden; ebenso wie die Planung für den Kreisverkehr (100.000 Euro) und der Teilabbruch des ehemaligen Gasthauses Schützen, dessen Fläche für den Kreisel gebraucht wird. Pauli forderte die Stadt zudem auf, der EnBW beim Bau der Solarfreianlage auf dem Hasenbühl, zu signalisieren, dass die Stadt nicht einverstanden ist, dass die Komponenten aus China bezogen werden. „Wir sollten auf einen deutschen, wenigstens aber auf einen europäischen Hersteller zurückgreifen“, betonte der Fraktionssprecher.

Aktive Bürger fordern mehr Mut

Auch Dr. Hans-Jürgen Weger kritisierte die Kostenexplosion bei den Personalkosten. Er sprach von einem „Haushaltsplan des Möglichen“, der 25 Prozent weniger Investitionen als 2023 und keinen Schnickschnack enthalte. Kein gutes Haar ließ er an der doppischen Haushaltsführung: „Sie schnürt den Kommunen die Luft ab.“

Die Aktiven Bürger blicken sorgenvoll auf das Dahinschmelzen der Rücklagen. „2027 ist nur noch die Mindestliquidität gegeben.“ Die Aktiven Bürger befürchten, dass es einen Investitionsstau geben wird. „Müssen wir die Bürger mehr zur Kasse bitten oder müssen wir unsere Infrastruktur verlottern lassen?“, stellte Weger diese Fragen in den Raum. Was die überbordende Bürokratie betrifft, ist seiner Meinung nach auch die Verwaltung gefordert. „Wir sollten mehr Mut haben, lasst uns mehr kommunale Selbstverwaltung wagen“, lautete sein Appell.

SÖL zuversichtlicher

Diesen Aspekt griff auch Frieder Klein von der Sozial-Ökologische Liste auf. Er und sein Ratskollege Benjamin Eha hätten sich mehr mutigere Entscheidungen gewünscht und stören sich an dem Pessimismus, der aus dem Entwurf herauszulesen ist: „Da heißt es Krisen, Grenze der Leistungsfähigkeit, Sorge und Vorsicht.“ Die Stadt sei finanziell noch nie auf Rosen gebettet gewesen, dennoch habe man in der Vergangenheit große und zukunftsweisende Projekte umgesetzt, warnte er vor zu viel Pessimismus.

Keine Kritik an Personalkostensteigerung

Rathaus Klein sprach sich dagegen aus, die Umgestaltung der Ortsdurchfahrt noch weiter zu verschieben. „Der erste Bauabschnitt hätte schon viel früher geschehen sollen“. Im Übrigen werde der Etat-Entwurf garantiert besser abschließen als prognostiziert, zeigte er sich zuversichtlich: „Das war schon immer so.“ Die Steigerung der Personalkosten gefalle seiner Liste nicht, aber, stellte Klein klar: „Das Rathaus ist weder überbesetzt noch sind die Mitarbeiter überbezahlt.“

Daher erübrige sich jegliche Kritik. Klein hakte noch nach, wie der Standbei der Kommunalen Wärmeplanung ist und ob die Steuerung für die Straßenbeleuchtung vorankommt. Er wünschte sich, dass die Projektgruppe Schloss aktiviert und eine kleinere Planungsrate für die zukünftige Nutzung eingestellt wird.

FWV macht sich Sorgen

„Der Gürtel, den wir immer enger schnallen müssen, hat bald kein Loch mehr“, stellte Torsten Acker von der Freien Wählervereinigung nüchtern fest. Auch er kritisierte die Bundespolitik mit ihren ständig neuen Vorschriften. Es sei ein Unding, dass für die Schaffung eines neues Bauplatzes ein 85-seitiges Gutachten notwendig ist. Obwohl fast fünf Millionen investiert würden, werde der gestalterische Spielraum immer enger. Lichtblicke seien die gelungenen Sanierungen der Schmid- und der Broßstraße. Sein Fazit: „Die Hälfte unserer Einnahmen fließt in die Verwaltung, die andere wird buchstäblich vergraben.“ Acker nutzte die Gelegenheit, wie schon seine Vorredner, für einen Wahlappell: „Lassen Sie sich aufstellen und bestimmen Sie mit.“

Stadt gibt Antworten

Bei der Kommunalen Wärmeplanung ist die Stadt seit einem halben Jahr dran; ebenso wie bei der neue intelligenten Steuerung für die Straßenbeleuchtung, beantwortete Bürgermeister Oliver Schmid Kleins Fragen. Was die Tablets für den neuen Gemeinderat betrifft, werde man abwarten, bis das neue Gremium eingesetzt ist, und einer Aktivierung des Arbeitskreises Schloss stehe nichts im Wege, versicherte Schmid.

Ortsdurchfahrt nicht aufschieben

Was die CDU-Anträge betrifft, warnte er davor, die Sanierung der Ortsdurchfahrt weiter aufzuschieben: „Das ganze Projekt sitzt auf dem Gleis, es ist schwierig, jetzt die Bremse reinzuhauen.“ Im Übrigen dränge das RP auf die Belagserneuerung und die alten Kanäle und Wasserleitungen müssten saniert werden: „Wir stehen da unter Druck.“

Wie Stadtbaumeister Markus Buck ergänzte, soll das neue Gremium die Planung im Herbst absegnen. Dann kann die Ausschreibung erfolgen. Er rechnet nicht mit einer Kostensteigerung, hält den Vergabezeitpunkt sogar für günstig. Baustart wäre dann 2025. Kämmerer Oliver Juriatti ergänzte, dass die Planungskosten auf alle Fälle anfallen, weil die Beauftragung des Büros erfolgt ist.

Einstimmige Verabschiedung

Eine Argumentation, die das Gremium überzeugte. Der Antrag der CDU, die Posten mit einem Sperrvermerk zu versehen, wurde mehrheitlich abgelehnt. Der Entwurf wurde einstimmig beschlossen.

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