Geislingen

Geislingen muss weiterhin auf Sicht fahren: Wenn die Krise zum Dauerzustand wird

24.01.2024

Von Rosalinde Conzelmann

Geislingen muss weiterhin auf Sicht fahren: Wenn die Krise zum Dauerzustand wird

© Rosalinde Conzelmann

Die Komplettsanierung der Beundgasse in Binsdorf mit einem Gesamtvolumen in Höhe von voraussichtlich rund 1,1 Millionen Euro ist die größte Investition im aktuellen Etat der Stadt Geislingen (Archivfoto).

In seiner Haushaltsrede fordert Bürgermeister Oliver Schmid ein Umdenken. Er sieht das gesellschaftliche Miteinander in Gefahr und fordert mit Vehemenz einen Abbau der Bürokratie. Für die kommenden Jahre gibt es wenig finanziellen Spielraum. Die Devise lautet deshalb: „Weiterhin auf Sicht fahren“. Stillstand gibt es 2024 dennoch keinen. Die Stadt investiert 4,6 Millionen Euro, muss dafür aber neue Schulden machen.

Es gelingt der Stadt auch dieses Jahr den Haushalt auszugleichen, allerdings nur, weil sie Rücklagen aus den Vorjahren reinbuttert. Auch die Jahre zuvor war es planerisch nicht möglich, ein ausgeglichenes ordentliches Ergebnis zu erzielen. Dank sparsamen Wirtschaftens, dem Erzielen außerordentlicher Erträge und steuerlicher Mehreinnahmen wurde ein Minus abgewendet und es konnte eine Ergebnisrücklage von nun 2,4 Millionen Euro gebildet werden.

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Darauf weist Bürgermeister Oliver Schmid in seiner Haushaltsrede hin, die er am Mittwochabend in der Sitzung krankheitsbedingt nicht selber vortragen konnte. Sie lag den Räten in gedruckter Form vor. Schmids Stellvertreter Wolfgang Pauli leitete die Sitzung.

Schmid sorgt sich

Wie dem Papier zu entnehmen ist, macht sich der Bürgermeister Sorgen um die Zukunft der Kommunen in Zeiten, in denen Krisen zum Dauerzustand geworden sind. Die Folge: Die Bürgerinnen und Bürger seien zutiefst verunsichert und das gesellschaftliche Miteinander sei in Gefahr.

Belastung nimmt zu

Schmid wiederholt, was er und seine Kollegen des Gemeindetags Baden-Württemberg schon im Herbst 2023 attestiert und an die Landesregierung weitergeleitet haben: „Die Grenze der gesamtstaatlichen Leistungsfähigkeit ist überschritten. Die Belastungsgrenze in den Rathäusern ist erreicht.“

Umdenken ist erforderlich

Was bedeutet dies für die Stadt Geislingen und die Ortsteile Binsdorf und Erlaheim? Schmids Antwort darauf: „Das Fahren auf Sicht wird in den kommenden Jahren in nicht unerheblichem Maß das kommunale Handeln bestimmen.“

Um alle Herausforderungen zu bewältigen, müsse endlich ein Umdenken und eine Änderung der Rahmenbedingungen stattfinden.

Nicht den Kopf in den Sand stecken

Konkret: „Die Kommunen können nicht mehr ständig neue Aufgaben übernehmen, ohne dass die dafür notwendigen finanziellen Ressourcen in entsprechender Höhe gleichzeitig bereitgestellt werden.“ Ebenso fordert der Stadtchef mit Vehemenz einen Abbau der ausufernden Bürokratie.

Der Etat der Infrastruktur werde zur großen Herausforderung werden. Das Gebot der Stunde sei keinesfalls den Kopf in den Sand zu stecken, sondern sich den Herausforderungen und schwierigen Rahmenbedingungen zu stellen, verbreitet Schmid aber auch Optimismus.

Personalkosten steigen

Er richtet den Blick auf die gestiegenen Ausgaben. Die Erhöhung der Kreisumlage bedeutet für Geislingen eine Mehrbelastung in Höhe von gut einer halben Million Euro. Der Anstieg der Personalkosten von 4,49 Millionen Euro auf 5,08 Millionen Euro ist im Wesentlichen Tarif- und Besoldungsanpassungen im öffentlichen Dienst sowie der Inflationsausgleichsprämie geschuldet. Schmid weist in diesem Zusammenhang aber auch darauf hin, dass die Beschäftigten der Stadt täglich mit einem ständig wachsenden Aufgabenfeld konfrontiert werden und bestrebt sind, der Bürgerschaft einen sehr guten Dienst zu leisten.

Beundgasse eines der großen Projekte

Trotz schwieriger Rahmenbedingungen investiert die Stadt 4,66 Millionen Euro. 2023 waren es noch 6,2 Millionen. Für die Anbindung des Binsdorfer und Erlaheimer Kanalnetzes an den Zweckverband Balingen beginnen die ersten baulichen Maßnahmen. Für 1,1 Millionen Euro soll die Beundgasse in Binsdorf saniert werden und in der Geislinger Schmidstraße die laufende Sanierung abgeschlossen werden. In diesem Jahr soll nun endlich auch der Startschuss für die Sanierung der Ortsdurchfahrt und den Umbau der Kreuzung bei der Kirche zum Kreisverkehr als ersten Bauabschnitt fallen. Bis 2026 investiert die Stadt 2,2 Millionen Euro in dieses Straßenprojekt.

Fast eine halbe Million Euro wird für Kanalsanierungen in allen drei Ortsteilen ausgegeben und jeweils 140.000 Euro investiert die Stadt für eine weitere Bestattungsform und die Installation von PV-Anlagen auf der Schule und dem Schlossparkbad.

Stadt muss Schulden machen

Trotz Zuschüssen in Höhe von 2,2 Millionen Euro wird die Stadt dieses Jahr das bereits 2023 genehmigte, aber nicht in Anspruch genommene Darlehen nun in Anspruch nehmen.

Ergänzend zu Schmids schriftlichem Statement stellte Kämmerer Oliver Juriatti die Eckdaten des Entwurfs vor. Gewerbesteuer und Einkommensteuer sind die Haupteinnahmequellen der Stadt. Beim Gemeindeanteil der Einkommensteuer mit 4,3 Millionen Euro sind es 430.000 Euro mehr als 2023, während die Stadt bei der Gewerbesteuer vorsichtig agiert und mit 250.000 Euro weniger rechnet als im Vorjahr, als 2,5 Millionen Euro eingenommen worden sind.

Beratung am 7. Februar

Was die Schulden betrifft, rechnet der Kämmerer mit einem Anstieg, der jedoch unter der Fünf-Millionen-Grenze liegt, weil das Darlehen, so die Prognose, nicht komplett benötigt wird. Der Entwurf soll am 7. Februar beraten und verabschiedet werden.

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