Balingen

Kritik nach Pokalfinale: Wenn Balinger Fußballfans vorm Fernseher in die Röhre schauen

05.06.2023

Von Benno Haile

Kritik nach Pokalfinale: Wenn Balinger Fußballfans vorm Fernseher in die Röhre schauen

© Emma Urban

Balinger Fans bejubeln den Pokalsieg der TSG im Stadion. Wer das Spiel zuhause schauen wollte, hatte das Nachsehen.

„Stell dir vor, die TSG wird Pokalsieger und keiner kriegt‘s mit“ – so erging es am Samstag denen, die sich auf die TV-Übertragung der ARD verlassen haben. Das sorgt für gehörigen Unmut bei den Fußballfans.

Wer zu den zahlreichen Fans zählt, die die TSG Balingen am Samstag bei ihrem Pokalsieg in Stuttgart im Fanblock unterstützt haben, kann sich glücklich schätzen – nicht nur aufgrund der tollen Emotionen im Stadion. Denn wer den Balingern von zuhause aus am Fernseher die Daumen drückte, bekam kaum etwas vom Spiel zu sehen – das entscheidende Elfmeterschießen gar nicht.

Dabei hatte die ARD den Finaltag der Amateure, an dem es auch in anderen Fußball-Landespokalen in insgesamt 21 teilweise zeitversetzt angepfiffenen Endspielen um die Entscheidung ging, groß beworben. Fast sieben Stunden lang dauerte die Übertragung. Da bleibt in der Konferenzschalte naturgemäß nicht viel Zeit für die einzelnen Partien.

Als es am spannendsten ist, bricht die Übertragung ab

Jedoch ist es eine Ungleichbehandlung gegenüber dem württembergischen Pokalfinale, die sowohl den neutralen Fußballfan am Fernseher, als auch die Anhänger der beiden Finalisten aus Balingen und Stuttgart massiv aufregt:

Während Elfmeterschießen aus anderen Endspielen in voller Länge im Fernsehen gezeigt wurden – und damit auch dem parallel laufenden Spiel der TSG in Stuttgart Sendezeit genommen wurde – schaltete man, als es im Pokalfinale unter dem Fernsehturm am spannendsten wurde, ins Studio zurück, anstatt zum Elfmeterschießen, das die TSG Balingen für sich entscheiden konnte.

Livestream ist nicht wirklich live

Nach einem Werbeblock und der Zusammenfassung des Champions-League-Finales der Frauen, folgte noch der Hinweis, dass das Elfmeterschießen im Gazi-Stadion nun online im Livestream gezeigt werde – als einziges nicht live im Fernsehen.

Und „live“ war der Livestream keineswegs: Jan Ferdinand hatte Balingen bereits zum Titel geschossen, während der Stream mit rund 5-minütiger Verzögerung lief.

Auf Twitter war die Kritik deutlich: Als „Frechheit“ und „Shitshow der Sportschau“ wurde der Verzicht auf die Übertragung bezeichnet.

In voller Länge gibt‘s das Spiel nirgends

Ein verstärkender Faktor für den Unmut: Im Gegensatz zu vielen anderen Endspielen gab es aus Degerloch keinen gesonderten Livestream über die gesamte Spieldauer. Die Zuhausegebliebenen waren also auf die dürftigen Spielszenen in der Konferenz angewiesen und wurden dann auch noch um das entscheidende Elfmeterschießen, das in allen anderen Fällen gezeigt wurde, betrogen.

Beim Württembergischen Fußballverband – Austräger des WFV-Pokals – sei man selbst enttäuscht über die geringe Sendezeit und die Nicht-Übertragung des Elfmeterschießens: „Wir haben Verständnis für den Unmut und auch für die Kritik“, teilt WFV-Sprecher Arne Bauer mit.

Verband versteht den Unmut

In der Vergangenheit habe man sich immer wieder für eine Übertragung des Einzelspiels durch den SWR eingesetzt. Dieser stoße angesichts von mehrerer Endspiele von mehreren Verbänden in Baden-Württemberg an personelle Grenzen: „So die Aussage uns gegenüber“, erklärt Arne Bauer.

Rein theoretisch hätte der WFV das Endspiel auch selbst online streamen können. „Ja. Rechtlich besteht die Möglichkeit, technisch grundsätzlich auch“, erklärt Bauer auf ZAK-Anfrage. Man habe sich vor dem Hintergrund, dass das Spiel in der ARD-Konferenz zu sehen ist und auch um genug Kapazität im Stadion vor Ort zu haben, jedoch dagegen entschieden.

Eine Lösung für 2024?

Angesichts des Reinfalls vom Samstag wird aber bereits überlegt, wie man es es 2024 anders – besser – machen kann und die Übertragung vielleicht doch in die eigenen Hände zu nehmen, anstatt sich auf andere zu verlassen: „Das war das Thema, über das wir heute als Erstes gesprochen haben“, erklärt Bauer.

Das sagen die Verantwortlichen

Wie die ARD auf ZAK-Anfrage mitteilt, sei der diesjährige Finaltag außergewöhnlich gewesen: 9 Spiele gingen in die Verlängerung; 7 ins Elfmeterschießen. „Das hat die Abwicklung entsprechend erschwert.“

Aus den Erfahrungen der Vorjahre sei eigentlich ausreichend Sendezeit eingeplant gewesen. Im WFV-Pokalfinale sei aber zu Elfmeterschießen und Verlängerung auch noch eine sehr lange Nachspielzeit dazugekommen.

Der Schiri ist schuld

„In Stuttgart wurde insgesamt 17 Minuten länger nachgespielt. Hinzu kommt, dass der Schiedsrichter die Pausen vor der Verlängerung und dem Elfmeterschießen extrem ausgedehnt hat.“

Durch Verschieben von Werbeblöcken und den Wegfall des Wetters um 20 Uhr habe man noch versucht, Sendezeit freizuräumen, doch diese reichte nicht aus: „Das nachfolgende Programm war konfektioniert und nicht live. Deshalb musste die Übertragung um 19 Uhr abgebrochen werden“, teilt die ARD auf Anfrage mit. Nach dem Finaltag lief eine aufgezeichnete Folge vom Quizduell.

Die Kritik habe man selbstverständlich vernommen. „Wir werden die entsprechenden Rückschlüsse in der Planung des kommenden Jahres berücksichtigen.“

Deshalb gab es keinen gesonderten Livestream

Update: Am Dienstagmorgen hat nun auch der SWR unsere Anfrage beantwortet. „Wir haben uns die Entscheidung, keine Streams zusätzlich zu produzieren, wahrlich nicht leicht gemacht“, teilt der SWR mit.

„Wir haben über das Sendegebiet des SWR fünf Fußballverbände – mehr als alle anderen ARD-Anstalten.“ Deshalb gelte es allein für die ARD-Konferenz fünf Finalspiele zu produzieren und zu kommentieren. „Das ist eine riesige Aufgabe für eine nicht allzu große Redaktion wie die unsere.“

Es sei daher nicht möglich, darüber hinaus fünf Livestreams zu produzieren und abzuwickeln. „Wir haben aber den Verbänden unser Signal zur Verfügung gestellt, so dass die Verbände streamen konnten.“

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