Balingen

Kirchliche Sozialarbeit im besten Sinn: Frommerner „Evergreens“ sitzen nicht allein daheim

21.05.2019

Von Rosalinde Conzelmann

Kirchliche Sozialarbeit im besten Sinn: Frommerner „Evergreens“ sitzen nicht allein daheim

© Rosalinde Conzelmann

Franziska Schlotter ist 78 Jahre alt und der Kopf der „Evergreens". Unzählige Fotos zeugen von den Aktivitäten der rührigen, kirchlichen Seniorengruppe.

Sie ist Entertainerin, Freundin und Reiseleiterin: Franziska Schlotter, die seit 1995 dafür sorgt, dass bei den „Evergreens“, wie sich die Seniorengruppe der katholischen Frommerner Kirchengemeinde nennt, immer etwas geboten ist.

Die 78-Jährige erinnert sich noch gerne an die Anfänge zurück. Im Oktober 1995 wandte sie sich an den damaligen Frommerner Pfarrer Malinka mit dem Wunsch, eine Seniorengruppe zu gründen. „Weil wir alle allein daheim sitzen.“ Und das war so gar nicht das Lebensziel der aktiven Rentnerin, die in Balingen viele Jahre das Fachgeschäft Textilia geführt hat.

Gemeinsam reden und lachen

Gesagt, getan; die Pfarrgemeinde schrieb 40 ältere Gemeindemitglieder an, die alle zum ersten Treffen gekommen sind. Das ist nun 24 Jahre her, in denen Franziska Schlotter mit ihren Senioren viel Schönes erlebt hat. Jeden Montag treffen sich die Männer und Frauen im Alter zwischen 70 und 85 Jahren um 14 Uhr zum Montagscafé im Gemeindehaus. Café-Wirtin Rosina Feith kümmert sich seit zehn Jahren um das leibliche Wohl ihrer betagten Gäste, die bis 17 Uhr miteinander reden, ihre nächsten Ausflüge besprechen und auch viel miteinander lachen.

Einmal pro Woche schwingen die „Evergreens“ zudem das Tanzbein, immer freitags ab 19 Uhr – auch dieses Angebot geht auf Schlotters Initiative zurück. Auch wenn die Gruppe im Laufe der Zeit kleiner geworden ist — der harte Kern zählt noch 20 Senioren — haben alle Spaß an der Bewegung. „Viele sind im Laufe der Jahre leider gestorben“, bedauert Franziska Schlotter, die sich sehr über neue Gesichter freuen würde. Sie ermuntert alle, einfach vorbeizukommen und erzählt, dass Georg Bartsch die Idee für den Namen hatte: „Wir sind immergrün.“

Wolfgang ist immer dabei

Bei den „Evergreens“ kommt keine Langeweile auf. Regelmäßig treffen sich die lebenslustigen Senioren zu einem Ausflug beziehungsweise einer Busfahrt. Und zweimal im Jahr packen sie ihre Koffer, um für mehrere Tage dem Alltag zu entfliehen. Ihr treuer Begleiter ist dabei Busfahrer Wolfgang Speidel. „Mit Wolfgang werden wir alt“, sagt Franziska Schlotter lachend. Denn der Busfahrer weiß genau, was er seinen treuen Mitfahrern zumuten kann. Er kümmert sich mit seiner Lebensgefährtin sogar um deren leibliches Wohl.

/

Das hält mich jung. Franziska Schlotter

Mit Wolfgang, unserem Busfahrer, werden wir alt. Die „Evergreen"-Chefin

Die aktiven Senioren sind schon gemeinsam auf die Kanaren geflogen. Viele Alben mit unzähligen Fotos zeugen von den Unternehmungen der älteren Menschen, die schon viele Silvester zusammen gefeiert und erst jüngst Rottenburg besucht haben. Alles in allem war jede Veranstaltung besonders, sagt die 78-Jährige. Sie denkt nochmal nach und meint dann: „Ja, die Kanaren, das kann man nicht mehr toppen.“

Wohin die Reise geht, darüber zerbricht sich nicht nur die „Chefin“ den Kopf. „Uns fällt immer was ein“, sagt sie. Dieses Jahr stehen noch eine Spargelfahrt sowie Ausflüge nach Waldburg in eine Gläserne Manufaktur, nach Schapbach in den Bärenpark, zur Burg Gutenberg und zum Jahresende zu einer Krippenausstellung auf dem Programm. Das Highlight findet im Oktober statt, wenn die „Evergreens“ fünf Tage in Südtirol verbringen werden.

Ein Programm gegen Vereinsamung

Für Franziska Schlotter ist der Seniorenkreis eine persönliche Bereicherung, aber auch eine große Aufgabe. „Das hält mich jung“, sagt sie. Ihre ehrenamtliche Arbeit wird von der Kirchengemeinde Frommern und vom Dekanat finanziell unterstützt. Im Grunde genommen sind die „Evergreens“ ein Programm gegen Vereinsamung im Alter. Die 70- bis 85-Jährigen, die aus Tailfingen, Geislingen, Grosselfingen, Weilstetten, Frommern und Balingen kommen, sitzen nicht alleine in ihrer Wohnung, sondern erleben gemeinsam Gemeinschaft und Freude. Sie sind füreinander da, wenn es notwendig wird, und erfahren Lebensfreude.

Es gab auch schon Zeiten, in denen es der humorvollen Katholikin persönlich nicht so gut ging. Dann waren die anderen für sie da, nachdem sie frei heraus gesagt hatte, dass nun auch sie einmal an der Reihe ist. „Man kann nicht immer stark sein“, sagt die 78-Jährige, die mit ihrem bereichernden „Nebenjob“ auf alle Fälle noch weitermachen möchte, bis die „Evergreens“ ihr 25-jähriges Jubiläum feiern.

Franziska Schlotter hat schon eine Idee, wer der Ehrengast sein wird. „Der Bischof muss kommen.“ Dies hat sie Gebhard Fürst schon bei einer früheren Begegnung „angedroht“.

Diesen Artikel teilen: