Meßstetten

Kein emissionsarmes Biogas aus Meßstetten – Warum eigentlich?

26.03.2024

von Renate Stoll

Kein emissionsarmes Biogas aus Meßstetten – Warum eigentlich?

© Klaus Irion

Auf dem ehemaligen Militärgelände lagert zwar Holz, um gehäckselt zu werden, eine Biogasanlage der MVV Energie AG wird es auf dem Areal aber nicht geben.

Vergangene Woche hat der Zweckverband IIGP in einer Pressemitteilung bekannt gemacht, dass die Bioabfallvergärungsanlage auf dem IIGP-Areal auf dem Geißbühl nicht kommt. Das Mannheimer Unternehmen MVV Energie AG hat das Projekt aus „wirtschaftlichen Gründen“ abgesetzt. Wir haben nach den Details gefragt, und was die am IIGP beteiligten Städte und Gemeinden dazu sagen.

Im Dezember 2023 hatten das Mannheimer Energieunternehmen MVV, die Reutlinger FairEnergie sowie die Stadtwerke Tübingen und Balingen eine Absichtserklärung unterzeichnet, eine Projektgesellschaft zu gründen. Damals hieß es in der Mitteilung der MVV: „Ziel der Gesellschaft ist die gemeinsame Errichtung, die Finanzierung und der anschließende Betrieb einer Biogasaufbereitungsanlage in Meßstetten […]. Darüber hinaus beabsichtigen die Unterzeichner den Bezug und die Vermarktung des in der gemeinsamen Anlage produzierten Biomethans.“

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Gegründet werden sollte die Projektgesellschaft im ersten Halbjahr 2025, wie es weiter in der Mitteilung heißt. Anschließend hätte die Anlage mit einer dazugehörigen CO2-Rückgewinnung errichtet werden sollen. Das wird nun nicht geschehen, obwohl es in Meßstetten bereits konkreter geworden ist, als nur Absichten zu erklären. Wie Meßstettens Bürgermeister und Zweckverbandsvorsitzender Frank Schroft telefonisch wissen ließ, wurden schon Teile des Areals gerodet, auf dem die Anlage hätte errichtet werden sollen. „Wir mussten dabei auf die Vegetationsperioden achten, hätten nach dem 1. März diese Rodung nicht mehr durchführen dürfen“, so Schroft. Zu jenem Zeitpunkt sei aber die MVV-Absage noch nicht bekannt gewesen. „Unabhängig davon, wären die Bäume und Sträucher ohnehin in absehbarer Zeit zum Fällen vorgesehen gewesen.“ Man habe nun eben nicht für MVV, aber für potenzielle andere Unternehmen, die ins IIG kommen könnten, Vorarbeit geleistet.

Warum aber jetzt eben doch nicht für MVV? Wir wollten eine genauere Erklärung und haben beim Mannheimer Unternehmen nachgefragt.

Steigende Kosten, sinkende Erlöse

Sebastian Ackermann, Leiter Kommunikation, erläutert darauf: „Im Rahmen unserer Projektentwicklung werden alle unsere Vorhaben regelmäßig auf ihre wesentlichen Parameter hin kritisch überprüft, insbesondere wenn wegweisende Entscheidungen anstehen. In den vergangenen Monaten musste MVV aus einer Hochinflationsphase heraus unter anderem erhöhte Kosten bei Planung und Errichtung/Bau sowie Anstiege der Betriebs-, Personal- und Zinskosten in die wirtschaftliche Bewertung des Projekts aufnehmen.

Gleichzeitig stehen demgegenüber Erlöse, die nicht gleichermaßen steigen beziehungsweise mit Blick auf emissionsarmes Biomethan gegenüber dem Vorjahr in der Tendenz sogar eher sinken.

Diese auf Kosten- und Erlösseite negative wirtschaftliche Entwicklung konnte durch Optimierungen nicht vollständig kompensiert werden. Aufgrund dieser wirtschaftlichen Gründe hat sich MVV nach intensiver Abwägung dazu entschlossen, das Projekt einzustellen und nicht weiter zu verfolgen.“

Anteilseigner zuversichtlich

Auf dem ehemaligen Kasernengelände soll das Interkommunale Industrie- und Gewerbegebiet (IIGP) Zollernalb entstehen. Daran beteiligt sind Albstadt, Balingen, Meßstetten, Nusplingen und Obernheim. Roland Tralmer, Oberbürgermeister Albstadts, gibt dazu folgendes Statement ab: „Dass die Biomethananlage auf dem Grundstück der IIGP in Meßstetten nicht realisiert werden soll, ist für uns als Anteilseigner des Interkommunalen Industriegebietes natürlich betrüblich. Das Vorhaben wäre sicherlich eine sinnvolle Erstbesetzung der Fläche gewesen. Offenkundig haben aktuelle Entwicklungen am Energiemarkt die Umsetzung verhindert. Trotzdem war und ist es richtig, die betreffenden Flächen auf dem Heuberg zu erschließen, um ausreichend Gelände für die Ansiedlung zukunftsträchtiger Industrie und Gewerbe vorzuhalten. Ich bin sicher, dass in Zukunft eine gute Nachfrage auch von anderen Interessenten bestehen wird, so dass das Flächenprojekt nach wie vor eine gute Investition in die Zukunft darstellt.“

Balingens Bürgermeister Ermilio Verrengia gibt sich zuversichtlich: „Wir bedauern, dass mit dem Rückzieher der MVV Energie AG ein vielversprechendes Projekt gescheitert ist. Wir sind aber angesichts verschiedener laufender Gespräche zuversichtlich, innovative und passende Unternehmen für den Interkommunalen Industrie- und Gewerbepark Zollernalb zu gewinnen.“

„Diesen Schritt bedauere ich sehr“, antwortet Obernheims Bürgermeister Alexander Hofer auf unsere Anfrage. Er schließe sich der Mitteilung des Zweckverbandsvorsitzenden und der Geschäftsführerin an.

Sein Nusplinger Amtskollege Jörg Alisch teilt zur Absage mit: „Wir bedauern die Entscheidung sehr, müssen sie aber akzeptieren. Die regionale Abfallverwertung wäre auch abseits rein wirtschaftlicher Interessen sinnvoll gewesen. Der Standort ist sehr attraktiv, wir blicken sehr optimistisch nach vorne.“

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