Albstadt

Intensives Erinnern an Zivilcourage: berührende Kunst zum Widerstand im Kunstmuseum in Albstadt

20.05.2019

von Katja Weiger

Intensives Erinnern an Zivilcourage: berührende Kunst zum Widerstand im Kunstmuseum in Albstadt

© Katja Weiger

Zahlreiche Besucher kamen zur Eröffnung mit Werken von Alfred Hrdlicka und Günther Schöllkopf.

Die Aktualität erdrückt und nimmt einem politisch bewegten Zeiten nahezu den Atem: Das Kunstmuseum der Stadt Albstadt zeigt bis 13. Oktober „Zyklisches Erinnern“ – eine Ausstellung, die sich dem Widerstand gegen die Nationalsozialisten widmet.

Im Herzstück der Ausstellung stehen zwei Künstler, die sich im Medium der Radierung mit den Ereignissen um den 20. Juli 1944 befassen, sehr persönlich und jeder auf intensive Art und Weise.

Kunst demonstriert Zivilcourage

So verschieden die Arbeits- und Herangehensweisen von Alfred Hrdlicka und Günter Schöllkopf auch sein mögen: Beide stellen die individuelle Zivilcourage gegen die Gefahr einer kollektiven Staatsmaschinerie. Gleichzeitig machen sie deutlich, was Menschen imstande sind, einander anzutun.

Dr. Mertens führte ins Werk von Günther Schöllkopf ein

Dr. Veronika Mertens, die die zahlreichen Gäste bei der morgendlichen Vernissage willkommen hieß, brachte den Besuchern persönlich das Werk von Günter Schöllkopf näher. Über einen Ehrengast freute sie sich dabei besonders: Heidrun Schöllkopf-Schober, die Schwester des 1979 erst 44-jährig verstorbenen Künstlers.

Sie sei es, die in unermüdlicher Art und Weise das Andenken an ihren Bruder bewahre. Schöllkopf nähere sich in den 14 Radierungen seiner Mappe „Widerstand“ dem Thema fast kammermusikalisch und poetisch verdichtend, so Veronika Mertens.

Stille Begegnung in den Bildern

Auf die Darstellung des missglückten Attentats verzichte er komplett; seine Bildregie konzentriere sich auf Konfrontationen und stille Begegnungen. Die Direktorin des Kunstmuseums erinnerte in diesem Kontext an Martin Walser, der Günter Schöllkopf einmal attestiert hatte, seine Arbeiten zwängen den Betrachter zur „Solidarität mit dem Geist gegen Gewalt“.

Der Künstler beschäftigte sich mit der „Weißen Rose“

Dafür habe sich der Künstler nicht ausschließlich dem Tun des Claus Schenk Graf von Stauffenberg beschäftigt, sondern auch der „Weißen Rose“ um die Geschwister Scholl, Georg Elser oder dem „Kreisauer Kreis“. Heidrun Schöllkopf-Schober lobte indes in herzlichen Worten die Arbeit des Albstädter Kunstmuseums: „Es ist ein Haus von Weltruf, weithin bekannt und geachtet. Veronika Mertens‘ innige Akribie ist unübertroffen.“

Hrdlickas Radierzyklus bezieht sich auf den 20. Juli 1944

Aus Berlin war Dr. Hannes Fernow angereist. Er ging ein auf Alfred Hrdlickas Radieryklus „Wie ein Totentanz – Die Ereignisse des 20. Juli 1944“.

Fotostrecke
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Diese Besucherin betrachtet ein Bild mit einer klaren Aussage.

© Katja Weiger

Nach der Eröffnung widmeten sich die Besucher der abwechslungsreichen Ausstellung.

© Katja Weiger

Hrdlickas 53 großformatige Ätzradierungen befassen sich laut Fernow nicht nur mit den Geschehnissen des 20. Julis 1944, sondern blickten viel weiter in der Geschichte zurück, etwa auf Casanova und Friedrich II. Hannes Fernow erwies sich als wahrer Kenner des Werks Hrdlickas und nahm die Besucher mit auf eine Reise durch die Jahrhunderte.

Der Künstler wollte aufrütteln

Hrdlicka wolle nicht neutral dokumentieren, so zog Fernow sein spannendes Fazit, sondern emotional aufrütteln, Tätern wie auch Opfern Namen geben. „Der Zyklus zum 20. Juli“, so hat es Alfred Hrdlicka 1974 selbst formuliert, „ist bei allem Respekt für jene Männer, die es wagten, sich gegen ein barbarisches Regime zu erheben, nicht als verspätete Heldenehrung gedacht, er ist vielmehr eine Warnung vor falschen Leitbildern.“

Feine Musik erklang zur Vernissage

Nina Assadollahniajami (Violine), Jan Luka Diebold (Klavier) und Paul Hauser (Violoncello) sorgten für den feinen Ton des Vormittags – mit sorgfältig ausgewählten musikalischen Werken, beispielsweise Robert Schumanns Klaviertrio Nr. 2 in F-Dur. Musik, wie sie gern im Hause Stauffenberg gespielt worden war.

Veronika Mertens überreichte den jungen Musikern ein kleines Dankeschön von hoher Symbolkraft: weiße Rosen.

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