Balingen

Gebt den Kindern das Kommando: In Balingen werden Paten mit Zeit und Herz gesucht

14.07.2021

Von Nicole Leukhardt

Gebt den Kindern das Kommando: In Balingen werden Paten mit Zeit und Herz gesucht

© Angie Conscious / Pixelio

Einem Kind die Hand reichen - das ist die Aufgabe der Kinderpaten, die beim Balinger Kinderschutzbund gesucht werden.

Die Welt für eine Stunde mit den Augen eines Kindes zu sehen: Das ist die schönste und zugleich schwierigste Aufgabe der Kinderpaten, die dem Balinger Kinderschutzbund angehören. Dessen Leiterin Heinke Grieshaber und ihre Mitstreiterin Tanja Giese suchen nun wieder Menschen, die sich dieser Aufgabe annehmen wollen.

„Kinder wissen sehr genau, was gut für sie wäre. Und der Welt wäre geholfen, wenn man sie öfter hören würde“, sagt Heinke Grieshaber, die sich seit Jahren beim Balinger Kinderschutzbund für die Kleinsten der Gesellschaft einsetzt und mit ihrem Team dafür sorgt, dass sie gehört werden.

Auch beim Pressegespräch in den historischen Räumen des Kinderschutzbundes in der Filserstraße hört man sie: Nebenan spielt und brabbelt die Kleinkindergruppe mit unter Dreijährigen, die dreimal für fünf Stunden in der Woche betreut wird. Dabei wird auch das Thema Inklusion völlig selbstverständlich abgedeckt. „Wir haben einen Platz für ein Kind mit Defiziten, sei es eine Entwicklungsverzögerung oder eine Seh- oder Hörstörung“, erklärt Heinke Grieshaber. Zusätzlich zu den zwei Erzieherinnen ist eine Integrationskraft für dieses Kind da. Ein Betreuungsschlüssel für die elf Kinder, um den sie beneidet werden.

Corona hat die Schere weiter geöffnet

Doch sie möchten noch mehr tun für Kinder, deren Lebensweg womöglich nicht ganz so unbekümmert ist, wie man es sich wünschen würde. Tanja Giese kümmert sich beim Kinderschutzbund um Familienhilfe und Beratung und hat Einblick in die Geschichte vieler Familien. Corona, da sind sich beide Frauen einig, hat die Situation für viele noch weiter verschärft. „Es gab schon vorher Nöte, aber die Schere klafft nun noch weiter auseinander“, sagt Heinke Grieshaber.

Familien stehen mit dem Rücken zur Wand

Und mit Nöte meint sie tatsächliche, existenzielle Sorgen: „Es gibt Familien, die finanziell an der Wand stehen, wo es um das Essen für die nächsten Tage geht oder ums Pausenbrot für die Kinder“, schildert sie. Die Ohnmacht, die eine solche Lage mit sich bringe, werde schlimmer. „Das Fatalste waren die langen Schließungen von Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen“, sagt sie.

Es gelte nun, als Gesellschaft gemeinsam dafür zu sorgen, dass die Generation der „Corona-Kinder“ nicht weiterhin eine Stigmatisierung erleben. „Wir wollen Lösungen finden und unsere ganze Kraft in die Kinder investieren“, sagt Grieshaber. Ein Baustein dafür sollen die Kinderpaten sein. Die, die der Kinderschutzbund seit einiger Zeit für die Aufgabe bereits gewinnen konnte, seien mit Feuereifer dabei. „Es ist ein tolles Team, wir haben viele positive Rückmeldungen“, erzählt Tanja Giese.

Gebt den Kindern das Kommando

Wer Kinderpate sein möchte, muss eine Stunde in der Woche bereit sein, sich völlig auf die Wünsche und Bedürfnisse „seines“ Patenkinds einzulassen. „Es ist auch ein niederschwellig therapeutisches Angebot“, sagt Giese. Daher werden die Kinderpaten im Vorfeld auf die Aufgabe vorbereitet und geschult. Ein Handbuch zum immer wieder Nachlesen gibt es für jeden obendrein.

Die Kinder selbst sind solche, die durch ihr Verhalten auffallen, die seelische Probleme haben, zum Beispiel stark zurückgezogen sind. Die Stunde soll bewusst nicht dazu genutzt werden, schulische Defizite auszugleichen, „aber natürlich sehen wir es ganzheitlich und fördern auch die sprachliche Entwicklung, wenn es da ein bisschen hapert“, erklärt die Fachfrau. Grundsätzlich gilt: „Das Kind soll gehört und gesehen werden, damit es Vertrauen in die Erwachsenenwelt aufbauen kann“, beschreibt Tanja Giese. Denn die Kinder bräuchten einen roten Faden und Verlässlichkeit. „Die wollen wir bieten und nicht wegschauen“, sagt auch Heinke Grieshaber.

Kinder suchen Paten

Mittlerweile sind 18 Kinderpaten beim Balinger Kinderschutzbund aktiv, „aber der Bedarf ist kreisweit viel höher“, erzählen die Frauen. Ihre Organisation sei im Umkreis die Einzige, die das Projekt Kinderpaten anbiete. Wer sich eine solche Patenschaft vorstellen kann, muss Zeit mitbringen, denn neben der eigentlichen Zeit mit dem Kind gibt es auch Schulungen, Supervisionen und Austauschtreffen. Das Alter der Paten spiele dabei überhaupt keine Rolle, lediglich volljährig müssten sie sein.

Wer Interesse an einer Kinderpatenschaft hat, die in der Regel auf ein Jahr begrenzt ist, kann sich unter der Telefonnummer 07433 21212 an den Kinderschutzbund wenden oder eine E-Mail schicken an info@kinderschutzbund-balingen.de.

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