Sigmaringen/Balingen

Eisenbahnfreunde Zollernbahn lassen Dampflock zwischen Balingen und Sigmaringen pendeln

23.05.2024

von Alexander Stoll

Eisenbahnfreunde Zollernbahn lassen Dampflock zwischen Balingen und Sigmaringen pendeln

© Alexander Stoll

Nicht nur wie hier beim Rangieren auf dem Sigmaringer Bahnhof zog die Dampflok 527596 die Blicke auf sich.

Wer am Pfingstwochenende etwas Nostalgie erleben wollte, für den hatten die Eisenbahnfreunde Zollernbahn mit dem Sonderzug zwischen Balingen und Sigmaringen ein Highlight zu bieten.

Schon auf dem Vorplatz des Balinger Bahnhofs, noch nicht in Sichtweite des Sonderzuges, lag der typische Geruch des Kohlefeuers der Dampflok in der Luft und stimmte auf das Erlebnis ein. Zwischen den weiß-gelb-schwarzen SWEG-Zügen fiel der historische Zug auf, nicht nur, weil seine Dampf- und Abgaswolke zwischen den modernen Triebwagen und hoch über den Bahnhof hinausstieg.

Auf den Schienen unterwegs war die 52 7596, ein imposantes Stück Technik Baujahr 1944, 1978 aus Beständen der Österreichischen Bundesbahnen übernommen. Dienstbereit ist die Lok 84 Tonnen schwer. An diesem Wochenende fuhren die Eisenbahnfreunde Zollernbahn den Zug aus seinem Rottweiler Depot, um ihn zwischen Balingen und Sigmaringen pendeln zu lassen.

Etwa eine halbe Stunde vor Abfahrt waren schon viele Interessierte und Fahrgäste am Bahnsteig versammelt und bestaunten Dampflok und angehängte Wagen. Auch von der Überführung herab schauten Eisenbahnbegeisterte beim Rangieren zu.

Ein Pfiff signalisiert die Abfahrt

Wer nicht mitfuhr, konnte das historische Schätzchen vom Bahnsteig und der Überführung aus bestaunen. Nach einem Pfiff und dem Ruf „Vorsicht an der Bahnsteigkante!“ signalisierte der Zugführer, dass sich der Zug in Bewegung setzen wird.

Mit deutlichem Stampfen nahm der Zug langsam Fahrt auf. Etwas, was seine modernen Kollegen ruckfrei und deutlich leiser erledigen.

Eisenbahnfreunde Zollernbahn lassen Dampflock zwischen Balingen und Sigmaringen pendeln

© Alexander Stoll

Der Zugführer gibt am Storzinger Bahnhof das Abfahrtssignal.

Zumeist spielte das Wetter an diesem Wochenende mit, die Maisonne strahlte vom Himmel. So ließ sich die Fahrt durch die erblühende Landschaft in einem etwas gemächlicheren Tempo als sonst erleben. Vorbei an Blumenwiesen, an Gewerbegebieten und Wohnhäusern schlängelte sich der Zug Kilometer um Kilometer zu seinem Ziel. Spaziergänger, Anwohner und Ausflügler staunten nicht schlecht und wunken den Fahrgästen zu.

Leistung an der Lautlinger Steige gefordert

Bei der Lautlinger Steige konnte die Lok zeigen, was sie zu leisten vermag. Dieses Streckenstück weist eine Steigung von 1:45 auf. Da musste die bis zu 1620 PS starke Lok hochwärts, Richtung Albstadt, einiges an Dampf produzieren, wie viel Leistung von der Lok gefordert wurde war akustisch gut wahrnehmbar. Auch später in der Gegenrichtung den Hang hinunter war hörbar Bremsleistung gefordert. Was in modernen Zügen oft ein schnödes von A nach B ist, wurde hier zum miterlebbaren Spiel der Kräfte. Diese viel ursprünglichere Art der Fortbewegung macht vielleicht auch den Charme und Reiz aus, die Sonderfahrten zu genießen.

Rarität Speisewagen

Was es in modernen Zügen ebenfalls nur noch im Fernverkehr gibt: einen Speisewagen. Hier war noch einer vorhanden und man konnte sich mit Getränken und handgerechten Snacks versorgen. Außerdem waren Helfer mit einem Wägelchen in allen Waggons unterwegs, um dort die Fahrgäste mit dem Nötigen fürs leibliche Wohl zu versorgen.

Im Gespräch mit Pressereferent Tobias Grabscheit, der als Aktiver den Zug auch als Schaffner begleitet, erzählte er, dass es auch eine Klientel von Fahrgästen gibt, die jede Sonderfahrt buchen und keine Gelegenheit versäumen in historischen Zügen zu fahren: „Ich erkenne oft vertraute Gesichter.“

600 Kilometer mit rund 1000 Fahrgästen

Vorab lagen bereits 500 Reservierungen vor. Über das Pfingstwochenende wurden auf 600 gefahrenen Kilometern rund 1000 Personen befördert. Das erfordert natürlich auch Ressourcen: zirka 8 bis 9 Tonnen Kohle und 60 Kubikmeter Wasser wurden verbraucht.

Das sorgt mit für den hohen Planungsaufwand für die Sonderfahrten. Auch müssen Trassen bei der Bahn mit mindestens 2 Monaten Vorlauf reserviert und in den normalen Fahrbetrieb eingegliedert werden. Die 52er muss zudem die gleiche Betriebs- und Sicherheitstechnik wie jede andere Lok im Schienennetz aufweisen, was die Eisenbahnfreunde nachgerüstet haben.

Da die Infrastruktur für den Betriebsmittelbedarf einer Dampflok außer in Museen nicht mehr existiert, muss gut geplant werden, wann in den Tender neue Kohlen gebunkert und Wasser aufgenommen werden kann. Im glücklicheren Fall ist ein Feurwehrschlauch und Hydrant verfügbar, manchmal muss auch ein Löschfahrzeug der örtlichen Feuerwehr organisiert werden.

Instandhaltung teuer

Grabscheit erläutert: „Die Sonderfahrten und Beiträge decken den Finanzbedarf zum Unterhalt nicht ab“ , insbesondere Instandhaltung und gesetzlich vorgeschriebene Abnahmen sind ohne Spenden nicht finanzierbar. Auch das unermüdliche Engagement der Aktiven trägt dazu bei, dass solche Gelegenheiten mit historischen Zügen zu reisen überhaupt noch möglich sind.

Erneut im Einsatz

Die 527596 ist in einigen Tagen wieder im Einsatz: Am Donnerstag, 30. Mai, verkehrt sie unter dem Titel „37 Tunnel unter Dampf“ zwischen Rottweil und Hausach auf der Schwarzwaldbahn mit Halt in Triberg, St. Georgen, und Hausach.

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