Haigerloch

Die perfekte Lücke für ein Tiny House – Haigerloch will Baulücken schließen

04.04.2024

Von Olga Haug

Die perfekte Lücke für ein Tiny House – Haigerloch will Baulücken schließen

© Olga Haug

Bürgermeister Heiko Lebherz möchte etwas gegen den Leerstand in Haigerloch unternehmen. Vor allem die Unterstadt benötige mehr Leben, sagt er.

In Haigerloch gibt es etwa 500 Baulücken und leerstehende Gebäude, die wünschenswerterweise alle zur Nachverdichtung und Belebung der Kernstadt genutzt werden sollen. Bürgermeister Heiko Lebherz erklärt, wie er dem Leerstand zu Leibe rücken will.

Eine belebte Innenstadt, kaum Leerstand und wenig versiegelte Fläche – so in etwa sieht die Traumstadt eines jeden Bürgermeisters aus. Davon träumt auch Haigerlochs Bürgermeister Heiko Lebherz. Wie idyllisch sein Städtchen auch sein mag, auch Haigerloch hat sie: brachliegende Bauflächen, leere und zum Teil heruntergekommene Gebäude und eine wenig belebte Kernstadt.

Baulücke für Baulücke, Gebäude für Gebäude

Dagegen soll jetzt gezielt etwas unternommen werden, denn wie Lebherz es schon auf Facebook offiziell gemacht hat, gibt es in Haigerloch rund 500 Baulücken und leere Gebäude. Das sind Zahlen, die vor Jahren digital erhoben wurden, erklärt er im Gespräch mit dem ZOLLERN-ALB-KURIER. Nun soll ein Expertenteam Baulücke für Baulücke, Gebäude für Gebäude vor Ort begehen und beurteilen. Das ist der aktuelle Planungsschritt eines gemeinsamen Projektes der Stadt Haigerloch mit den Städten Burladingen und Trochtelfingen in Zusammenarbeit mit dem Regionalverband Neckar-Alb. Nach der Erhebung soll das direkte Gespräch mit den Eigentümern gesucht werden, um etwaige Möglichkeiten zu erarbeiten.

Viele Grundstücks- oder Gebäudeeigentümer wollen nicht verkaufen

Im Januar gab es erste Gespräche des Städtetrios und dem Regionalverband. Die gemeinsamen auserkorenen Ziele: Leerstände verringern, Flächen aktivieren respektive nachverdichten sowie die Ansiedlung neuer Nutzungen. Ein Unterfangen, das keineswegs so einfach ist, weiß Bürgermeister Lebherz aus Erfahrung. Denn Gespräche mit Eigentümern habe er durchaus schon geführt. Oft, so sagt der Bürgermeister im Gespräch mit unserer Zeitung, stoße sein Ansinnen aber auf wenig Verständnis. Viele Grundstücks- oder Gebäudeeigentümer wollen nicht verkaufen, aus unterschiedlichen Gründen: Manche brauchen das Geld schlicht nicht, andere wollen es für die Enkelkinder „aufbewahren“, wieder andere haben kein Interesse an einer Sanierung oder dergleichen, weil sie beispielsweise nicht in Haigerloch leben und womöglich andere Projekte haben. Ein frustrierender Zustand für das Stadtoberhaupt und sein Gemeindegremium.

Aber auch Einzelhändler, die nach wie vor in der Kernstadt die Stellung halten, wollen eine belebte Stadt und würden sogar gerne leerstehende Objekte erwerben, um beispielsweise ihre eigenen Verkaufsflächen zu vergrößern. Die Verhandlungen erweisen sich jedoch oft als schwierig.

Interesse an belebter Innenstadt ist groß

Folke Weber, Vorsitzender des HGV, betreibt selbst ein Geschäft in der Unterstadt und weiß vor allem aufgrund seiner Funktion im Handels- und Gewerbeverein um die Nöte in der Unterstadt. Es gebe durchaus Interessenten, „aber es ist schwierig mit den Eigentümern“, bedauert Weber, der ebenso Interesse an einer florierenden Kernstadt hat. Das an sein Geschäft direkt angrenzende Gebäude steht seit Jahren leer. Früher war hier ein Schuster tätig, heute türmt sich Müll vor dem Haus. Nicht allzu lange her, hatte die Stadt den Eigentümer darum gebeten, zumindest die Scheiben zu sichern, weil sie einzustürzen drohten, erzählt Lebherz.

Letztlich rückte die Feuerwehr an und übernahm die Sicherung, für die eigentlich der Eigentümer Sorge zu tragen hat. Holzbretter sind es nun, die die Schaufenster zum Teil ersetzen und dem Gesamtbild der Unterstadt freilich zusätzlich schaden.

Die perfekte Lücke für ein Tiny House – Haigerloch will Baulücken schließen

© Olga Haug

Ein typisches Bild in der Unterstadt: leere und nicht sanierte Gebäude.

Eine belebte Innenstadt sei zweifelsohne ein Standortfaktor, sagt Lebherz und denkt dabei an die vielen Unternehmen, die Fachkräfte anwerben wollen. Ein attraktiver Arbeitsplatz ist unweigerlich auch immer mit einem attraktiven Wohnort verbunden. Ein Café in der Nähe der Haigerlocher Museen sei beispielsweise etwas, das die Stadt dringend nötig hätte, ebenso mehr Gastronomie.

Niemand möchte einen Bauplatz in Haigerloch kaufen

Leerstand ist aber nicht das Einzige, das das Bild einer Traumstadt verzerrt. Ebenso sind es die zahlreichen Baulücken, die vor allem in den Teilorten der Stadt zu finden sind. Auch hier wollen viele das eigene Grundstück nicht auf den Markt bringen, sagt Lebherz. Dabei sei solch ein Bauplatz für Häuslebauer durchaus attraktiv, weiß er. Hier herrsche zum Beispiel kein Bauzwang, wie es bei den von der Stadt ausgewiesenen Bauplätzen in den Neubaugebieten durchaus der Fall ist. Drei Jahre gewährt die Stadt in der Regel. 80 Bauplätze hat die Stadt derzeit zur Verfügung. Doch die Resonanz ist erschreckend gering, betont der Bürgermeister. „Genauer gesagt, liegt sie bei Null.“ Aktuell möchte niemand einen Bauplatz in Haigerloch kaufen, teilweise geben Menschen ihr bereits erworbenes Grundstück wieder zurück, sagt Lebherz.

„Wir wollen niemandem Handfesseln anlegen“

Deshalb habe die Stadt auch kein großes Interesse daran, selbst Baulücken zu kaufen und zu vermarkten. „Wir haben unsere eigenen 80 Plätze“, betont Lebherz. Ob es nun Baulücken in privater Hand sind oder die stadteigenen Baugrundstücke, eines soll allen gemeinsam sein: „Wir wollen niemandem Handfesseln anlegen“, sagt Lebherz. Soll heißen: Wenn es nötig ist, sollen auch Bebauungspläne überarbeitet werden. Zum Teil seien die Haigerlocher Bebauungspläne schon weit gefasst, meint Lebherz, aber wenn nötig, sollen sie noch weiter gelockert werden.

Familien wollen kleine Grundstücke und kleine Häuser

Lebherz denkt da beispielsweise an Tiny Houses. Die kleinflächigen Häuser sind derzeit beliebt, ihre Dachformen auf dem Bauamt zuweilen eher nicht. Dabei ist es genau das, was Familien heutzutage wollen: kleine Grundstücke und kleine Häuser, nicht zuletzt aus finanziellen Gründen. „Wir müssen mit der Entwicklung mitgehen“, ist Lebherz überzeugt.

Wer also seinen Wunsch nach einem Tiny House verwirklichen will, der stößt in Haigerloch auf offene Ohren – wünschenswerterweise auch auf offene Bebauungspläne. Thema sei dies im Gemeinderat noch nicht gewesen, sagt Lebherz. Aber wenn es sein muss, dann kommt das auf die Tagesordnung.

Lebherz wünscht sich Investoren, die Mehrfamilienhäuser bauen

Lebherz würde sich auch Investoren wünschen, die Mehrfamilienhäuser bauen. Denn die Nachfrage nach Wohnungen mit durchschnittlich 80 Quadratmetern ist deutlich gestiegen – egal, ob zum Kauf oder zur Miete. Das ist letztlich auch im Interesse der Stadt getreu dem vom Land gesetzten Ziel: wenig verbrauchte Fläche maximal genutzt.

Insgesamt soll das Gemeinschaftsprojekt, unterstützt vom Regionalverband, ein Jahr dauern. Dabei sollen Eigentümer vor allem auch im Hinblick auf ELR-Förderungen (Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum) beraten werden, um das Beste aus ihrem Eigentum herauszuholen.

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