Hechingen

„Buttersäure-Attacke“ vor Demokratie-Demo: Wer zahlt den Feuerwehreinsatz in Hechingen?

30.01.2024

Von Michael Würz, Von Julia Siedler

„Buttersäure-Attacke“ vor Demokratie-Demo: Wer zahlt den Feuerwehreinsatz in Hechingen?

© Feuerwehr Hechingen

Feuerwehrleute haben nach der Demo nicht nur mit 10.000 Litern Wasser den Obertorplatz gereinigt, sondern sicherheitshalber auch eine Wasserprobe in der Kläranlage entnommen.

Hechingens Bürgermeister Philipp Hahn erstattet Anzeige wegen der „Buttersäure-Attacke“ im Vorfeld der Demo am Samstag. Unterdessen hat man in der Stadtverwaltung die Kosten des Feuerwehreinsatzes berechnet, den die Aktion ausgelöst hatte.

Die Hechinger Stadtverwaltung erstattet Strafanzeige: Bislang Unbekannte hatten im Vorfeld der Demo gegen Extremismus am Samstag Buttersäure auf dem Obertorplatz verteilt (wir berichteten). Rathaussprecher Thomas Jauch spricht wörtlich von der „Einbringung von Buttersäure in das Kanalsystem des Obertorplatzes“. Dies hatte nicht nur zur Folge, dass es dort ziemlich gestunken hat, sondern auch, dass nach der Demo die Feuerwehr angerückt ist.

Reinigungsaktion der Feuerwehr kostet knapp 1000 Euro

Die Kosten für den Einsatz seien inzwischen genau berechnet worden. Sie belaufen sich auf „knapp unter 1000 Euro“, wie Rathaussprecher Jauch auf Anfrage unserer Zeitung mitteilte. Auch deshalb ist der Stadt daran gelegen, den oder die Täter zu ermitteln – andernfalls müsste die Allgemeinheit für die Kosten aufkommen. Der Strafantrag jedenfalls ist bereits fertig. „Bürgermeister Philipp Hahn hat das entsprechende Schriftstück am Dienstag unterzeichnet“, informierte Rathaussprecher Jauch auf Anfrage. Bereits ermittelt wird derweil, wie berichtet, gegen einen 56-jährigen Traktorfahrer. Er war gegen 12 Uhr laut hupend an der Demo vorbeigefahren und hatte Teilnehmern wie Rednern den Mittelfinger gezeigt. Die Polizei hat Zeugen aufgerufen, sich zu melden – die es mutmaßlich ja zuhauf geben dürfte.

„Stinkefinger“ des Traktorfahrers: Polizei ermittelt wegen Beleidigung

Aber was droht dem Mann, dem die Demokratie-Demo ganz offenkundig missfiel? Konkret werde wegen Beleidigung ermittelt, teilte die Staatsanwaltschaft am Dienstag auf Anfrage des ZOLLERN-ALB-KURIER mit. Die beleidigende Geste, also der „Stinkefinger“, falle unter Paragraf 185 des Strafgesetzbuchs und stelle demnach eine Straftat dar. Sie sei „strafbewehrt mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr“, lassen die Ermittler unsere Zeitung wissen. Dabei spiele freilich auch eine Rolle, ob jemand bereits vorbestraft ist oder nicht.

„Buttersäure-Attacke“ vor Demokratie-Demo: Wer zahlt den Feuerwehreinsatz in Hechingen?

© Michael Würz

Die Polizei war am Samstag vor Ort, leitete direkt Ermittlungen gegen einen 56-jährigen Traktorfahrer ein, der laut hupend an der Demokratie-Demo vorbeifuhr und Teilnehmern wie Rednern den Mittelfinger zeigte.

Was dem gestikulierenden Traktorfahrer nun also potenziell blüht – dies lasse sich gegenwärtig noch nicht sagen. Viele Faktoren würden bei der konkreten Strafzumessung eine Rolle spielen, betont man bei der Staatsanwaltschaft. Unter anderem gehe es um die Frage, wie viele Menschen beleidigt wurden. Und sollten die Ermittler auch herausfinden, wer die Buttersäure auf dem Obertorplatz verteilt hat, dürfte auch dies nicht ohne juristische Konsequenzen bleiben.

Wer eine Demo stört oder zu verhindern versucht, kann sich strafbar machen

Generell, so die Strafverfolger, könnte es sich hierbei um einen Verstoß gegen Paragraf 21 des Versammlungsgesetzes handeln. Darin steht: „Wer in der Absicht, nicht verbotene Versammlungen oder Aufzüge zu verhindern oder zu sprengen oder sonst ihre Durchführung zu vereiteln, Gewalttätigkeiten vornimmt oder androht oder grobe Störungen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Erfolg hatte die mutmaßliche Buttersäure-Attacke aus Sicht der Verursacher im Übrigen nicht: Offenkundig hatte am Samstag kein einziger Teilnehmer der Demo diese wegen des beißenden Geruchs verlassen. Reichlich Arbeit hatte ebendieser aber dann der Feuerwehr beschert: 12 Einsatzkräfte waren 2,5 Stunden im Einsatz, informierte Hechingens Gesamtkommandant Frank Brecht am Dienstag.

10.000 Liter Wasser gegen den Gestank auf dem Obertorplatz

Die Feuerwehr sei am Samstag von der Polizei gerufen worden. „Zuerst einmal haben wir dann die Kanalabläufe mit dem C-Rohr durchgespült“, berichtet Brecht. Daraufhin habe die Feuerwehr den kompletten Obertorplatz, sprich: „die ganzen Granitplatten plus die Bänke ringsherum“ abgespritzt. 10.000 Liter Wasser benötigten die Einsatzkräfte dafür, sagt Brecht. „Wir hatten auch einen Chemie-Fachberater dabei.“ Der habe dann auch bestätigt, dass es sich in der Tat um frei verkäufliche Butansäure, also Buttersäure, gehandelt habe. Sicherheitshalber habe die Feuerwehr im Übrigen auch noch eine Wasserprobe in der Kläranlage entnommen, dort aber „nichts mehr festgestellt“.

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