Meßstetten

Bunker in Wartestellung: Eine fast unendliche Meßstetter Geschichte

15.04.2021

Von Gudrun Stoll

Bunker in Wartestellung: Eine fast unendliche Meßstetter Geschichte

© Gudrun Stoll

Der Bunker Martin hat nach wie vor starke Befürworter in Kreisen des Militärs als ein robuster Ausweichgefechtstand, sollte im Bedarfsfall die Arbeit der Streitkräfte eine gute Abschirmung erfordern. Eingebunden in eine Entscheidung wäre nicht nur die nationale Führung.

Meßstetten schaut in die Zukunft. Diese liegt im Industriepark, der auf einem Teil des ehemaligen Kasernengeländes entsteht. Die Militärs halten den Bunker Martin nach wie vor auf dem Prüfstand.

Wohin geht die Reise? Meßstetten jedenfalls schaut nicht zurück, arbeitet vielmehr mit den Partnern aus dem IIG Zollernalb am Aufbau des Industrie- und Gewerbeparkes, der auf einem Teilbereich des ehemaligen Kasernengeländes entstehen soll. Albstadt, Balingen, Nusplingen und Obernheim sind mit im Boot des gemeinsamen Zweckverbandes, der im Herbst 2020 gegründet wurde. Industrie und Gewerbe sollen sich ansiedeln, 25 Hektar stehen zur Verfügung.

Sportanlagen sollen im Herbst fertig sein

Die früheren Sportanlagen der Bundeswehr hat die Stadt Meßstetten „reserviert“, da der FV Meßstetten dringend eine neue Heimat benötigt. Auch weitere Sportvereine und die Schulen haben Bedarf an Wettkampfanlagen und Trainingsplätzen angemeldet. Ende April wird sich der Gemeinderat mit der Sanierung befassen. Wenn alles nach Plan läuft, ist das neue Sportzentrum bis zum Herbst betriebsbereit.

Ganz still wurde es nie

Um die Luftwaffenkaserne war stets ein schützender Zaun gezogen. Sowohl in der Zeit, als bis zu 2000 Soldaten und zivile Mitarbeiter auf dem Geißbühl stationiert waren, als auch in der Nachnutzung als Landeserstaufnahmestelle für Asylbewerber in der Zeit von Oktober 2014 bis September 2017. Einige Firmen haben alte Lagerhallen angemietet, übende Einheiten auf dem Truppenübungsplatz Heuberg nutzen ab und an Unterkünfte.

Kreis saniert Gebäude

Der Landkreis saniert für 3,5 Millionen Euro das außerhalb des Kasernenzauns liegende Gebäude 48. Entstehen sollen rund 40 Büros, unter anderem für die Forstverwaltung, auch das Kreisarchiv findet Platz. Im Januar 2021 nahm das Kreisimpfzentrum (KIZ) im ehemaligen Wirtschaftsgebäude den Betrieb auf. Das Gebäude befindet sich auf jenem Teil des Geländes, welches unter der Verwaltung der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) steht.

Bunker in Wartestellung: Eine fast unendliche Meßstetter Geschichte

© Gudrun Stoll

Hinter der Schranke zur ehemalingen Kaserne schlummert viel Kapazität.

Für Organisation und Personal im Kreisimpfzentrum gibt es Lob zuhauf von den Bürgern, die sich ihre Impftermine auf dem Meßstetter Geißbühl reserviert haben. Nicht wenige haben dabei zum ersten Mal im Leben eine Kaserne von innen gesehen. Nicht wenige bedauern aber auch, wie der Bund eine solche Anlage aufgeben konnte. Dass in früheren Zeiten an nichts gespart wurde, sieht man den Gebäuden und Anlagen bis heute an.

Gespart wurde an nichts

Gerüchte um eine Rückkehr der Bundeswehr machten vor gut vier Jahren die Runde. Sie sind mittlerweile nahezu verstummt, flammen aber immer wieder auf. Denn nach wie vor lässt das Verteidigungsministerium offen, ob der Bunker Martin endgültig geschlossen oder reaktiviert wird. Die Entscheidung wurde mehrfach vertagt, sollte zunächst Ende 2019 fallen, dann stand ein Termin 2020 im Raum, nun soll die Prüfungsphase bis Ende des 2021 verlängert werden.

Aussagen bleiben vage

Erst Anfang Februar hat Generalinspekteur Eberhard Zorn über den Fortgang der Anpassungen für die Grobstruktur und die Stationierung der Streitkräfte informiert. Der ranghöchste General der Bundeswehr ging dabei auch auf die noch offenen Einzelprüfungen ein. Im Zusammenhang mit Schließungszeitpunkten von Liegenschaften hätten sich neue Sachstände ergeben, hob der General hervor. Im Tagesbefehl vom 5. Februar 2021 heißt es: „Die Rückgabe der Liegenschaft Luftverteidigungsanlage Bunker Martin in Meßstetten wird bis Ende 2021 ausgesetzt, da die Bedarfsprüfung noch nicht abgeschlossen ist.“

Ministerium und Militär lassen sich nicht in die Karten schauen, konkretisieren keine Planungen der nationalen und alliierten Kommandobehörden zur sicherheitspolitischen Lage. Was man zum Bunker wissen muss: Er steht nach wie vor im Eigentum der Bundeswehr und wird vom Bundeswehrdienstleistungszentrum Stetten a. k. M. verwaltet und stillstandsgewartet.

Keine konkreten Absichten

Die Zollernalb-Kaserne hingegen wird von der BImA verwaltet. Diese untersteht dem Bundesfinanzministerium, vermietet Gebäude und ist für den Verkauf von Immobilien und Grundstücken zuständig, die der Staat nicht mehr benötigt.

An die BImA wendet sich auch das Verteidigungsministerium, wenn für die Truppe nach Unterkünften und Liegenschaften gesucht wird. Zur Zollernalb-Kaserne gab es in jüngster Zeit eine Anfrage aus Berlin. Dies hat ein Sprecher des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr bestätigt.

Um im Rahmen der Untersuchung der grundsätzlichen Nutzbarkeit des Bunkers Martin ein möglichst vollständiges Bild zu erhalten, wurde auch die BImA „mit der Bitte um Information zum Zustand der ehemaligen Zollernalb-Kaserne kontaktiert. Konkrete Nutzungsabsichten bestehen derzeit jedoch nicht“, wurde uns auf Anfrage mitgeteilt.

Heimatschutz ist kein Thema

Nun drängt sich ja regelrecht die Frage auf, ob die Bundeswehr in Meßstetten konkret nach Liegenschaften sucht, um die Rekruten aus dem neuen Freiwilligendienst im Heimatschutz nach deren Grundausbildungszeit heimatnah unterzubringen. Dies wird im Presseamt in Berlin verneint: Eine Wiederinbetriebnahme der Zollernalb-Kaserne im Rahmen einer heimatnahen Verwendung der ersten Rekruten des freiwilligen Wehrdienstes Heimatschutz sowie deren dortige Unterbringung sei nach derzeitigem Kenntnisstand nicht geplant. Etwas auskunftsfreudiger zeigt sich die BImA mit Sitz in Bonn. Der südliche Teil der ehemaligen Zollernalb-Kaserne wird bekanntermaßen vom Zweckverband Gewerbe- und Industriepark Zollernalb genutzt.

Der nördliche Teil der Kaserne, dabei handelt es sich insbesondere um den ehemaligen Unterkunftsbereich, stehe nach wie vor zur Nutzung für Zwecke des Bundes zur Verfügung, sagt deren Sprecher. Bestrebungen zur Wiederaufnahme der Nutzung dieses nördlichen Teilbereiches durch die Bundeswehr seien der BImA aber nicht bekannt.

Zu viel aus der Hand gegeben

Sofern die Bundeswehr oder eine andere Bundesverwaltung Interesse an der Nutzung von Teilen der ehemaligen Zollernalb-Kaserne hätte, wäre der ehemalige Unterkunftsbereich aber geeignet. Für eine Nachnutzung würde das zuständige Bundesministerium bei der BImA die jeweils benötigten Flächen im Rahmen des Einheitlichen Liegenschaftsmanagements des Bundes (ELM) anmieten.

Die BImA bestätigt das Alleinstellungsmerkmal des Bunkers, über dessen weitere Nutzung die Bundeswehrverwaltung eigenständig entscheidet.

Es gibt in Kreisen des Militärs Befürworter, die den Bedarf an der Reaktivierung sehen. So hat das Forum Militärische Luftfahrt vor gut einem Jahr in einem Newsletter beklagt, dass der Bund zu viele Reservekapazitäten im Bereich von Zivil- und Katastrophenschutz aus der Hand gegeben habe. Wie jedes Unternehmen würden aber auch die Streitkräfte Betriebskontinuität benötigen, um bei Bedarf in Schutzräumen abgeschirmt arbeiten zu können.

Bundesforst benötigt eine Werkstatt

Übrigens: Eine konkrete Anfrage liegt bei der BImA vor: Der Bundesforst benötigt eine Werkstatt. Diese soll auf dem Gelände des künftigen Industrieparks untergebracht werden.

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