Reutlingen

Baustellen in der Region Neckar-Alb: Es gibt viele schwarze Schafe

03.02.2023

von Pressemitteilung

Baustellen in der Region Neckar-Alb: Es gibt viele schwarze Schafe

© Michael Würz

Eitel Sonnenschein hinter den Baustellen-Kulissen in den Landkreisen Zollernalb, Reutlingen, Tübingen? Oftmals nicht – und darunter leiden (auch) saubere Firmen.

Die Gewerkschaft IG Bau fordert mehr Zollkontrollen. Eine öffentliche Kartei soll unseriöse Firmen von der öffentlichen Auftragsvergabe ausschließen.

Schwarze Schafe auf dem Bau: Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) hat kriminelle Praktiken auf Baustellen beklagt. So habe das Hauptzollamt Ulm, das auch für die Region Neckar-Alb zuständig ist, allein im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres in der Region insgesamt 300 Ermittlungsverfahren im Baugewerbe eingeleitet.

Zoll ermittelt Schadenssumme in Höhe von 1,7 Millionen Euro

Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) deckte bei ihren Kontrollen vor allem illegale Beschäftigung, Sozialbetrug und Mindestlohnverstöße auf. Insgesamt habe die vom Ulmer Zoll ermittelte Schadenssumme durch nicht gezahlte Steuern und Sozialabgaben auf dem Bau rund 1,7 Millionen Euro betragen, so die IG Bau Baden-Württemberg. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres leitete das Hauptzollamt Ulm 259 Ermittlungsverfahren auf dem Bau ein. Die Baugewerkschaft beruft sich dabei auf Zahlen, die das Bundesfinanzministerium auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Bernhard Daldrup (SPD) zur Kontroll-Bilanz des Zolls auf dem Bau mitgeteilt hat.

„Lohndumping und illegale Beschäftigung gehören für manche zum Geschäftsmodell“

„Die hohe Zahl der Ermittlungsverfahren zeigt, dass kriminelle Methoden auf dem Bau auch in unserer Region zum Alltag gehören. Die tatsächlich aufgedeckten Verstöße sind nur die Spitze des Eisbergs“, so der Regionalleiter der IG Bau Baden-Württemberg, Andreas Harnack. Neben den vielen „sauber arbeitenden Unternehmen“ gäbe es noch immer unseriöse Firmen, für die Lohndumping und illegale Beschäftigung bei Bauaufträgen zum Geschäftsmodell gehörten.

Der Kostendruck auf dem Bau steigt weiter – mit welchen Folgen?

Und Harnack warnt vor einer weiteren Zunahme illegaler Machenschaften: „Die hohe Inflation, steigende Bauzinsen, hohe Material- und Energiekosten – alles führt zu einem wachsenden Kostendruck auf dem Bau. Unseriöse Chefs werden deshalb jetzt erst recht versuchen, ihre Kosten durch Lohndumping zu senken. Und sie werden sich noch mehr Tricksereien einfallen lassen, um Steuern und Sozialabgaben zu hinterziehen. Dadurch geraten Arbeitgeber, die sich an den Bau-Tarifvertrag halten, weiter unter Druck.“

Gewerkschaft fordert Sündenregister

Vor diesem Hintergrund fordert die IG Bau Baden-Württemberg deutlich mehr Kontrollen und eine stärkere Präsenz des Zolls auf den Baustellen. „Auch in der Region wollen wir saubere Baustellen. Der Staat muss sicherstellen, dass kriminelle Praktiken auf Baustellen keine Chance mehr haben“, so Harnack. Zudem müssten auffällig gewordene Firmen von der öffentlichen Auftragsvergabe ausgeschlossen werden. „Wir brauchen ein Sündenregister für Schwarzarbeit – eine öffentliche Kartei, in der die Betriebe aufgelistet werden, deren Geschäftsmodell auf illegaler Beschäftigung und Lohnprellerei beruht“, fordert Harnack.

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