Bodelshausen

Tübingens Landrat appelliert: „Bodelshausen ist verpflichtet, den Landkreis zu unterstützen“

27.03.2024

Von Olga Haug

Tübingens Landrat appelliert: „Bodelshausen ist verpflichtet, den Landkreis zu unterstützen“

© Olga Haug

Eine Nutzungsänderung dieses Firmengebäudes in ein Ankunftszentrum ist derzeit nicht möglich. Die Gemeinde Bodelshausen wolle mit ihrer Entscheidung nämlich die Innenentwicklung voranbringen, heißt es. Auf der Schotterfläche stelle sie sich ein Ärztehaus und altersgerechtes Wohnen vor.

Die Gemeinde Bodelshausen (Kreis Tübingen) verhindert mit einem im Februar beschlossenen Bebauungsplan die geplante Unterkunft für Geflüchtete. Tübingens Landrat Joachim Walter hofft auf eine Ausnahmegenehmigung der Baurechtsbehörde und prüft etwaige Rechtswege.

Tübingens Landrat Joachim Walter appelliert an die Gemeinde Bodelshausen, ihrer Verpflichtung nachzukommen. Und zwar jener Pflicht, den Landkreis bei der Unterbringung von Geflüchteten zu unterstützen. Sein Pendant im Zollernalbkreis, Landrat Günther-Martin Pauli, tat Gleiches, als sein Plan, Geflüchtete in Burladingen unterzubringen, zu scheitern drohte. In Burladingen ging der Streit bekanntlich zugunsten des Landrates aus. Wie die Chancen für Walter stehen, ist bis dato fraglich.

+++ Jetzt kostenlos abonnieren: der ZAK-Whatsapp-Kanal +++

Bebauungsplan verhindert Nutzungsänderung

Wie bereits berichtet, zeichnete sich schon vor rund drei Monaten, Ende Dezember, ab, dass die Gemeinde Bodelshausen Mittel prüft, die vom Landkreis Tübingen geplante Unterkunft für Geflüchtete zu verhindern. Nun scheint sie einen gangbaren Weg gefunden zu haben. In seiner Februarsitzung beschloss der Gemeinderat Bodelshausen einen Bebauungsplan mit Veränderungssperre.

In der Beschlussvorlage heißt es wörtlich: „Erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, [...] dürfen nicht vorgenommen werden.“ Und somit verhindert der Bebauungsplan folglich auch eine Nutzungsänderung: Das Firmengebäude in der Grabenstraße, das der Landkreis angemietet hat, darf nicht zu einem Ankunftszentrum umfunktioniert werden.

Bislang wurde aber nur die Aufstellung des Bebauungsplanes beschlossen. Er ist noch nicht in Kraft. „Wir gehen davon aus, dass die Träger öffentlicher Belange in diesem Verfahren wie üblich gehört werden und sich dann auch äußern werden, wenn sie Bedenken an der Rechtmäßigkeit haben“, heißt es aus der Pressestelle des Landkreises Tübingen auf Nachfrage unserer Zeitung.

Kreis fordert Ausnahmegenehmigung

Im Mai sollten eigentlich die ersten geflüchteten Menschen einziehen. Ein Zeitplan, der so wohl kaum noch realisierbar ist, auch wenn der Landkreis Tübingen noch Chancen sieht, sein Vorhaben umzusetzen. Vor der zuständigen Baurechtsbehörde in Mössingen hat der Kreis eine Ausnahme von der Veränderungssperre gestellt und bezieht sich dabei auf das Flüchtlingsaufnahmegesetz.

„Eine Ausnahme mit Blick auf die Regelung im Flüchtlingsaufnahmegesetz, wonach Gemeinden – also auch Bodelshausen – dazu verpflichtet sind, den Landkreis bei der Aufnahme und der Unterbringung von Geflüchteten zu unterstützen“, erklärt Landrat Joachim Walter im Gespräch mit dem ZOLLERN-ALB-KURIER. Für den Moment heißt es aber: Die Veränderungssperre hindert den Landkreis daran, das Gebäude umzubauen und hält den Kreis Tübingen vorerst in Warteposition. Denn aus der Baurechtsbehörde Mössingen gibt es dazu offensichtlich noch keine Entscheidung.

Keine Auskunft von Baurechtsbehörde Mössingen

Die Fragen, ob eine Ausnahme erteilt wird oder wie lange es dauern wird, bis eine Entscheidung getroffen wird und welche Auswirkungen die Veränderungssperre auf das Vorhaben des Landkreises hat und ob diese möglicherweise gar einen Hemmschuh für die Gemeinde und die Innenentwicklung von Bodelshausen selbst darstellt, antwortet die Baurechtsbehörde Mössingen nur:

„Wir befinden uns in einem laufenden und nicht alltäglichen Verfahren. Die rechtliche Situation wird derzeit geprüft. Daher können vor Abschluss der Prüfungen zu den detailliert gestellten Fragen aktuell noch keine Auskünfte erteilt werden.“

Gemeinde muss Ausnahme zustimmen

Selbst wenn aus Mössingen eine positive Entscheidung zugunsten des Landkreises getroffen wird, hat am Ende die Gemeinde das letzte Wort. „Die Entscheidung über Ausnahmen trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde“, das schreibt das Baugesetzbuch vor. Ein vorausschauender Schachzug der Gemeinde, wie es scheint. Denn das Baugesetzbuch schreibt zur Veränderungssperre auch: „Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, [...] werden von der Veränderungssperre nicht berührt.“ Der Landkreis war zu spät dran.

Zahlt der Kreis Tübingen derweil Miete trotz fehlender Bewohner?

Dass der Mietvertrag schon vor Monaten unterschrieben wurde, spielt dabei keine Rolle. Ausschlaggebend ist eine Baugenehmigung, die für die Nutzungsänderung erforderlich ist. Zahlt der Landkreis also Miete, obwohl in absehbarer Zeit keiner einziehen wird? Darauf gibt die Pressestelle keine konkrete Antwort, nur so viel: „Wir gehen weiterhin davon aus, dass eine Ausnahme von der Veränderungssperre erteilt wird“, und bezieht sich erneut auf das Flüchtlingsaufnahmegesetz.

Bekanntlich belaufen sich die monatlichen Mietkosten auf 26.000 Euro. „Wir weisen erneut darauf hin, dass diese Ausgabe für die Unterbringung von rund 200 Menschen wirtschaftlicher ist, als wenn wir Container aufstellen müssen“, betont Landrat Walter abermals. Fraglich nur, wie lange?

Landkreis hält am Vorhaben fest

Der Landkreis will offenkundig an seinem Vorhaben festhalten. Sollte die Ausnahme nicht erteilt werden, „werden wir prüfen, ob wir den sich ergebenden Rechtsweg beschreiten – von dem keiner sagen kann, wie lange es dauert, bis dieser zu einer Entscheidung führt“, sagt Landrat Walter, wohlwissend, dass dieser Weg durchaus problematisch ist: „Geholfen wäre uns im Zweifel damit nicht, da wir unsere Aufgabe erfüllen müssen.“

Tübingens Landrat appelliert: „Bodelshausen ist verpflichtet, den Landkreis zu unterstützen“

© Gemeinde Bodelshausen

Rund 3 Hektar misst das Gebiet, für das im jüngst beschlossenen Bebauungsplan eine Veränderungssperre verhängt wurde.

In seiner Beschlussvorlage begründet der Gemeinderat Bodelshausen die Entscheidung mit einer „konsequenten Innenentwicklung“. Der Bereich eigne sich „ausgezeichnet für eine maßvolle Nachverdichtung im Wohnsektor, eine Neubebauung entlang der Landesstraße und eine Sicherung der vorhandenen gewerblichen Nutzung“, heißt es wörtlich in den Unterlagen. Auf der Grün- und Parkfläche gegenüber des besagten Firmengebäudes sei laut Gemeinde gar ein Ärztehaus kombiniert mit altengerechten Wohnungen denkbar.

Diesen Artikel teilen: