Zwischen clever und glücklich: TSG Balingen gewinnt in Unterzahl bei Eintracht Trier
29.10.2022
Durch ein frühes Ferdinand-Tor hat die TSG Balingen am Samstag bei Eintracht Trier mit 1:0 gewonnen und dabei eine lange Unterzahl überstanden. Der gastgebende Regionalliga-Aufsteiger hätte einen Zähler verdient gehabt.
Irgendwo zwischen clever und glücklich – dort lässt sich der 1:0-Sieg der TSG Balingen beim Regionalliga-Aufsteiger Eintracht Trier verorten. Für die Schwaben, die sich durch den fünften Saisonsieg auf den nahezu sensationellen sechsten Tabellenplatz verbessert haben, besorgte Torjäger Jan Ferdinand schon in der 7. Minute den Siegtreffer. Das siebte Punktspieltor des Ebingers, der wieder mal zeigte, dass ihm eine Chance genügt, um ein Spiel zu entscheiden.
In der Folge übernahmen die Gastgeber, erneut von fast 2200 Zuschauerinnen und Zuschauern lautstark nach vorne gepeitscht, im Moselstadion die Initiative. Allerdings kamen die Trierer erst dann zu aussichtsreichen Möglichkeiten, als Balingens Pedro Almeida Morais in der 63. Minute mit Gelb-Rot vom Platz musste. Der Eintracht-Brechstange hielt der Balinger Abwehrblock um den überragenden Torhüter Marcel Binanzer bis zum Schluss stand, am Ende über 33 Minuten in Unterzahl.
Braun lobt Einstellung
„Wir hatten heute das Glück, das wir in anderen Spielen nicht hatten, im Saisonverlauf gleicht sich alles aus“, erklärte Balingens Trainer Martin Braun nach dem 14. Saisonspiel. Braun, der seine Startelf gegenüber dem 4:0-Sieg gegen Bahlingen auf vier Positionen verändern musste, attestierte seiner Mannschaft eine blendende Team- und Willensleistung, lobte sie dafür, diszipliniert verteidigt und bis zur letzten Sekunde für den Auswärts-Dreier gekämpft zu haben.
Im Wissen um den späteren Sieg drückte der 53-Jährige sogar bei seiner Bewertung des Platzverweises gegen Morais ein Auge zu, obwohl diese Entscheidung von Schiedsrichter Mika Forster zumindest zweifelhaft war. Nicht die Ampelkarte nach gut einer Stunde, vor der Morais einen aussichtsreichen Eintracht-Konter taktisch unterband, war dabei strittig – sondern der erste gelbe Karton. Dies zum einen, weil beim Foul in der 55. Minute mehr Ferdinand als Morais den Gegner attackiert hatte. Und zum anderen, weil es ein Allerweltsfoul, tief in der gegnerischen Hälfte gewesen war, für Morais zudem das erste.
Cinar ärgert sich
Auch die Profis aus Trier hatten zuvor mit einer Entscheidung des insgesamt soliden Referees gehadert, schon in der 27. Minute einen Strafstoß gefordert – zu Unrecht, wie der spätere Blick auf die Wiederholung zeigte: Triers Stürmer Sven König hatte den Ball im Balinger Strafraum an die Hand von Tim Wöhrle gezirkelt. Ein klares Handspiel, aber eben deshalb nicht regelwidrig, weil der TSG-Verteidiger keine unnatürliche Reaktion zeigte, sondern die Finger aus der Körperbewegung heraus an den Ball bekam.
„Es ist eigentlich eine Schande, dass wir nach einer solchen Leistung ohne Punkte dastehen, wir hätten den Sieg verdient gehabt“, fand Triers Coach Josef Cinar, um die Schuld vor allem in den eigenen Reihen zu suchen. „Wir waren vor dem Tor nicht gefährlich“, so der frühere türkische Erstliga-Profi, der in der Schlussphase alle Offensivspieler in die Partie brachte, die der Eintracht-Kader zu bieten hat.
Trier mit dicken Chancen
Anders die TSG Balingen, die den auf einem Abstiegsplatz liegenden Aufsteiger früh schockte und beim Siegtreffer spielerische Klasse mit Kaltschnäuzigkeit kombinierte: Ein Doppelpass von Moritz Kuhn und Morais, der per No-Look-Pass Ferdinand im Strafraum freispielte – und der blieb aus spitzem Winkel eiskalt. Danach richteten sich die Balinger vor allem defensiv ein. Die Trierer blieben im ersten Durchgang dennoch harmlos; nicht ein einziges Mal musste Balingens Binanzer vor der Pause ernsthaft eingreifen.
Erst nach dem Seitenwechsel kreierte die Eintracht-Elf aussichtsreiche Situationen, aber scheiterte meist an einem Balinger Bein, am finalen Pass oder den eigenen Nerven. In Überzahl hätten die Blau-Schwarzen dann aber den Ausgleich machen müssen, etwa als Gabriel Weiß allein auf Binanzer zulief (61.), der TSG-Torwart aus der Ferne gegen Christopher Spang (65.) sowie aus der Nahdistanz gegen Michael Omosanya parierte und Triers König schließlich den Nachschuss an die Latte setzte (75.). In der Schlussphase brachte die TSG, die nun seit sechs Auswärtspartien ungeschlagen und die vierbeste Auswärtsmannschaft der Südweststaffel ist, den Punkt clever ins Ziel. Clever, aber glücklich.
TSG Balingen: Binanzer; Curda, Vogler, Wöhrle, Müller, Kuhn (90.+4 Foelsch), Morais, Akkaya (87. Awortwie-Grant), Fritschi, Dierberger (67. Meiser), Ferdinand (67. Vochatzer).
Tor: 0:1 Ferdinand (7.).
Gelb-rote Karte: Morais (B./63.).
Schiedsrichter: Mika Forster (Flehingen).
Zuschauende: 2175.
Im Pokal nach Holzhausen – Aalen erneut pleite
Neben den verletzten Spielern Luca Kölsch (Reha nach Kreuzband-OP) und Aron Viventi (muskuläre Probleme) musste die TSG Balingen am Samstag in Trier auf Kapitän Matthias Schmitz und seinen Co-Captain und Abwehrkollegen Sascha Eisele (beide krank) sowie auf den gelbgesperrten Lukas Ramser verzichten. So rückte Neuzugang Constantin Zeyer erstmals in den Regionalliga-Kader. Ein Einsatz war dem 19-jährigen vormaligen Gundelfinger, Sohn vom früheren Bundesliga-Profi Andreas Zeyer, allerdings nicht vergönnt.
Für die Schwaben steht nun am Dienstag (14 Uhr) das Achtelfinale im WFV-Pokal an, es geht zum starken Oberliga-Aufsteiger FC Holzhausen. Das Derby ist nicht zuletzt deswegen brisant, weil über die Hälfte des Holzhauser Kaders eine TSG-Vergangenheit aufweist.
Unterdessen haben die Verantwortlichen des VfR Aalen angekündigt, die Profimannschaft trotz der finanziellen Sorgen am Leben erhalten zu wollen. Der Ostalb-Klub, dessen zweite Insolvenz vor Wochenfrist bekannt wurde, möchte die Saison in der Regionalliga Südwest zu Ende spielen. Noch sind klärende Entscheidungen offen, ein Weiterspielen hätte aber wohl einen Neun-Punkte-Abzug zur Folge. Der VfR, der am Freitag 1:1 in Worms spielte, wäre dann Tabellenletzter. Tabellenerster bleibt der SSV Ulm 1846, der trotz einstündiger Unterzahl gegen Astoria Walldorf mit 1:0 gewann. Verfolger TSV Steinbach bezwang Kickers Offenbach trotz zweimaligem Rückstand mit 3:2, die beiden finalen Treffer fielen in der 86. und 94. Minute. Kurz zuvor hatte der OFC einen Platzverweis kassiert.
