Zollernalbkreis

Zwei Protest-Kolonnen legen die B 27 lahm – Landwirte sind dabei in der Minderheit

10.01.2024

Von Daniel Seeburger, Von Nicole Leukhardt

Zwei Protest-Kolonnen legen die B 27 lahm – Landwirte sind dabei in der Minderheit

© Daniel Seeburger

Wenige Traktoren, dafür viele Unternehmen mit ihren Firmenfahrzeugen schlossen sich dem unangemeldeten Protestzug auf der B27, hier im Fuchsloch bei Schömberg, an.

Auf Telegram war es angekündigt worden: Die Bauern-Proteste sollten am Mittwoch mit einer Blockade der B 27 zwischen Rottweil und Balingen in beiden Fahrtrichtungen fortgeführt werden. Unter den Teilnehmenden waren Traktoren jedoch die Minderheit – Privatautos und branchengemischte Firmenfahrzeuge stellten das Gros der Demonstranten.

Rot-weißes Absperrband markierte die Teilnehmenden des Demonstrationszugs, der sich am Mittwoch um die Mittagszeit im Industriegebiet Rote Länder zwischen Endingen und Weilstetten aufgestellt hatte. An dessen Spitze zwei Hand voll Traktoren, vorneweg die Polizei.

Wenig Landwirte aber viel anderer Protest

Die Firmenlogos auf den zahlreichen Fahrzeugen ließen einen Bezug zur Landwirtschaft oft nur schwer herstellen - Transportunternehmen, Baudienstleister, Container-Laster und Straßenbauer hatten sich zahlreich dem Protest weniger Landwirte angeschlossen. Welche Intention die Mitfahrenden hatten, wurde beim Blick auf die Plakate an den Fahrzeugen deutlich. So wurde die Ampelregierung mit den Worten „Ihr seid Heuchler“ plakativ zu Grabe getragen, ein anderer forderte „Schluss mit der Abzockerei, es reicht, die Ampel muss weg“, ein Dritter fügte an „Deutschland steh auf.“ Die Abschaffung der Maut wurde gefordert, die zu hohen Dieselpreise moniert.

Versammlungen waren nicht angemeldet

Die Autos, Lieferwagen und Laster kamen zum Teil aus dem Zollernalbkreis, einige hatten sich jedoch auch aus den Kreisen Tuttlingen und Villingen-Schwenningen zum Protest gesellt, sogar ein Auto mit Berliner Kennzeichen reihte sich hupend in den Zug ein. Der zumindest aus städtischer Sicht überraschend vonstatten ging: „Uns wurde für heute keine Versammlung angemeldet“, erklärt der Pressesprecher der Balinger Verwaltung, Dr. Dennis Schmidt, auf ZAK-Nachfrage. Man beobachte das Geschehen als Ordnungsamt, stelle derzeit vermehrt fest, dass solche Treffen ohne offizielle Anmeldung stattfänden, ergänzte er.

Unangemeldet aber nicht unorganisiert: Denn auch in der Gegenrichtung hatte sich derweil eine Kolonne formiert. Ein Treffpunkt hierfür war Neukirch, von wo aus sich ein Tross in Richtung Balingen aufmachte. In beiden Richtungen kam es über Stunden zu Staus und Verkehrsbehinderungen.

Organisation über Messengerdienste

Die Polizei, die die Züge begleitete, war ebenso wenig wie die Stadt im Vorfeld informiert worden. „Bei uns gingen über andere Kanäle entsprechende Hinweise auf die Konvois ein“, sagt Pressesprecher Lutz Jaksche vom Reutlinger Polizeipräsidium. Vieles werde im Vorfeld über Messengerdienste verabredet. Streifenwagenbesatzungen hätten die Kolonnen am Mittwoch ausfindig gemacht und sie abgesichert. „Dabei gilt für Demonstrationen unter freiem Himmel, dass sie grundsätzlich angemeldet werden müssen, außerdem muss ein Versammlungsleiter benannt werden.“ Dieser sei oft schwer auszumachen, „meistens handelt es sich bei allen nur um Teilnehmer“, fügt Jaksche an. Man prüfe in einem solchen Fall, ob ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz vorliege.

Berufspendler und Schüler stecken im Stau

Der Zug von Rottweil in Richtung Balingen bremste den Verkehr bis nach Schömberg aus, „die Kollegen vor Ort sind dann mit den Teilnehmenden übereingekommen, dass sie die B27 verlassen und über anderen Wegen weiterfahren“, so Jaksche. Auch Schüler bekamen den Stau zu spüren: Wer mit dem Bus von Rottweil ins Schlichemtal fahren musste, kam über eine Stunde später heim als gewohnt.

In Rottweil selbst hat der Kreisbauernverband für den Freitag um 14 Uhr zu einer Kundgebung neben der Stadthalle aufgerufen. Ein Traktoren-Korso mit Treffpunkt in Zimmern ob Rottweil macht sich ab 12.30 Uhr auf den Weg dorthin. Am Donnerstag rufen Landwirte zur „freien Fahrt“ zwischen Villingendorf und dem Berner Feld auf, am Montag steht eine Veranstaltung gemeinsam mit den Rottweiler „Spaziergängern“ mit offenem Mikrofon zur Debatte. Ebenso im Gespräch: Ob es Teilnehmern und Bevölkerung womöglich zu viel werden könnte.

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