Albstadt

Wenn die Essenz der Streuobstwiesen im Glas perlt: Sensible Zungen erschmecken den Sieger

22.01.2020

Von Horst Schweizer

Wenn die Essenz der Streuobstwiesen im Glas perlt: Sensible Zungen erschmecken den Sieger

© Horst Schweizer

Urgestein Gerhard Schick, links, zusammen mit Organisator Hartmut Merz.

Als 1980 einige Männer im Gasthaus Adler von sich behaupteten, dass jeder die besten Äpfel und damit den leckersten Most im Keller habe, entstand die Idee zu einer Probe. Daraus entwickelte sich das Truchtelfinger Mostfest. Im März geht die Veranstaltung ins 40. Jahr. Bei der Mostkapelle musiziert auch OB Konzelmann mit.

Einer, der von Anfang an dabei war und immer noch dabei ist, ist Gerhard Schick. Das Urgestein erinnert sich an die Anfänge im „Adler“, wo früher auch die Truchtelfinger Mosterei war.

Ein Urgestein erinnert sich

„Man kam auf den Most zu sprechen und jeder der Männer am Stammtisch wollte plötzlich den besten Most im Keller haben“, erinnert er sich. Die Wirtin verfolgte das Gespräch und machte den bekannten Knopf an die Sache. „Dann macht doch eine Mostprobe“, so ihre Aufforderung an ihre Gäste, welche sich das nicht zweimal sagen ließen.

Zehn Truchtelfinger stellten sich zuerst der Probe

1981 fand die erste Probe in geselliger Rund dort statt, zehn gestandene Truchtelfinger brachten ihren Most mit. Berthold Vetter und Willi Bitzer sorgten als neutrale Gäste ohne eigenen Most um den geregelten Ablauf.

Hartmut Merz ist seit 2010 der Organisator

Sieger wurde damals Hermann Blaich. Das Mostfest war geboren, bis heute ohne Unterbrechung. Wenn am 20. März im „Adler“ - zwischendurch war die „Moscht-Runde“ auch im Bahnhof und der „Rose“ - der diesjährige Mostkönig ermittelt wird, geschieht dies im Rahmen eines stolzen 40-jährigen Jubiläums. Organisator ist seit 2010 Hartmut Merz. Nicht von Anfang an, aber schon lange ist er dabei, holte sich bereits fünfmal den Mostsieg. Mehr schaffte bisher nur Gerhard Leins, seine Tropfen war sieben Mal nicht zu übertreffen.

Drei Liter Most zum Verkosten

Am Prozedere selbst hat sich seit vierzig Jahren eigentlich nichts geändert. Jeder, der in Truchtelfingen Most im Keller hat, kann sich dem Vergleich stellen. Dafür liefert er drei Liter Most mit selbsterkorenem Namen beim Wirt ab, welcher diesen in neutrale Flaschen abfüllt und durchnummeriert.

2019 waren es bereits 18 hoffnungsvolle Teilnehmer

Im Vorjahr gaben 18 Truchtelfinger ihre Proben im „Adler“ ab, so viele wie noch nie. Glatte hundert Punkte bekam „Schreiners letzter Trost“ von Thomas Haasis, mit 94 Punkten folgte die „Boler Südhanglage“ von Wolfgang Schick.

Jeder darf seine Stimme abgeben

Mitbewerten darf jeder im Lokal, „wir sind immer zwischen 30 und 35 Personen“, so Hartmut Merz. Jeder der dabei ist gehört zur Jury, hat sein Zettele vor sich, macht darauf Notizen. Ist der Most süß, sauer, trüb oder klar, wie ist sein Geruch und Geschmack – sechs Punkte bis zu einem Punkt können vergeben werden. Doch was sind die Voraussetzungen für einen guten Most?

Auch Birnen geben guten Most

„Auf jeden Fall Äpfel von den Streuobstwiesen“ so Urgestein Gerhard Schick. Hartmut Merz nennt als Ergänzung ideale Birnensorten wie Schweizer Wasserbirnen, Gelbmöster oder Oberösterreicher, jeder halt wie er’s gerne mag.

Es war und es bleibt einfach „eine Gaudi“

Dass dies immer eine Mordsgaudi ist, erklärt sich von selbst. Muss auch eine sein, dafür wurde von Anfang an das klare Motto ausgegeben: „S’isch a Gaudi und muss a Gaudi bleiba“. Wie lange dauert dann so ein Mostfest? „Oftmals bis in die frühen Morgenstunden“, lacht der Organisator aus eigener Erfahrung. Begonnen wird stets mit einem gemeinsamen Essen, „dass man etwas Boden für den Most hat“, so Merz.

Bei der Mostkapelle spielt auch der OB mit

Seit 1987 ist stets die Moschtkapelle dabei, die mächtig Rabatz macht. „Musiker“ sind OB Klaus Konzelmann, Hartmut Merz, Christoph Conzelmann, Volker Konzelmann und Profi Rainer Konzelmann. 2014 wurde eigens ein Liederbuch mit 32 Volks- und Wanderlieder, alten Schlager und, was halt nicht fehlen darf, eine Hymne auf den „Truchtelfinger Moscht“, erstellt.

Die blauen Schürzen wurden zu Erkennungszeichen

Die Truchtelfinger „Moscht-Runde“ nahm ihn ihren blauen Schürzen schon an vier Jubiläumsumzügen im Ort teil. Heuer, wenn man ins Schwabenalter kommt, ist neben der traditionellen Schlachtplatte im Herbst, wenn „g‘mostet“ ist, ein Ausflug geplant, der etwas mit Most zu tun hat.

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