Balingen

Wenn der Schwäbisch-Media-Chef den Taktstock hebt: Neue Philharmonie Berlin gastiert in Balingen

31.03.2023

Von Klaus Irion

Wenn der Schwäbisch-Media-Chef den Taktstock hebt: Neue Philharmonie Berlin gastiert in Balingen

© Schwäbisch Media

Der pure Spaß an klassischen Klängen. Dafür stehen bei der neuen Philharmonie Berlin auch der Dirigent, Komponist und Leiter des Schwäbisch-Media-Eventteams, Stefan Malzew (rechts) und der bekannte Moderator Juri Tetzlaff (Zweiter von rechts).

Ein Konzert, zwei Dirigenten: Wenn am 3. Mai in der Balinger Stadthalle die Neue Philharmonie Berlin unter dem Motto „Schwäbische.Klassik.Sterne“ ein Konzert gibt, hebt nicht nur der Profimusiker und Komponist Stefan Malzew, sondern auch der Schwäbisch-Media-Geschäftsführer Lutz Schumacher den Taktstock. Wie es zu dieser außergewöhnlichen Kombination kam, wie die beiden einst ihre Liebe zur Klassik fanden und warum aus Schumachers Sicht „jeder Mensch für Klassik begeistert werden kann“, das haben Sie dem ZOLLERN-ALB-KURIER verraten.

Wie war als junger Mensch Ihr Zugang zu klassischer Musik? Wurden Sie Sie mit diesem musikalischen Genre schon zuhause sozialisiert?

Lutz Schumacher: Wir waren ein nicht-musikalischer Haushalt, aber ich habe trotzdem zwei Instrumente, Akkordeon und Klavier gelernt.

Wenn der Schwäbisch-Media-Chef den Taktstock hebt: Neue Philharmonie Berlin gastiert in Balingen

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Schwäbisch-Media-Geschäftsführer Lutz Schumacher dirigiert Beethoven.

Stefan Malzew: Meine Eltern waren beide Profimusiker – meine Mutter Klavierlehrerin und mein Vater Geiger in der Deutschen Staatsoper Berlin. Sie haben beide zuhause geübt und auch zusammengespielt, daher hat mich klassische Musik mehr oder weniger ständig umgeben.

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Dirigent Stefan Malzew in Aktion.

Was war Ihr erstes klassisches Musikstück, das Ihnen bis heute in Erinnerung geblieben ist? Was ihr erstes klassisches Konzert, dass Sie erleben durften?
Schumacher:
Ich hatte zwei „Erweckungserlebnisse“. Das eine war Haydns Paukenschlagsinfonie, die uns ein Musiklehrer im Unterricht vorgespielt hat. Danach habe ich mir eine Schallplatte gekauft und das Stück hunderte Male gehört. Das andere war ein versehentlicher Opernbesuch mit 14 Jahren. Ich dachte, es wäre ein Theaterstück, stattdessen saß ich fünf Stunden in Verdis „Don Carlos“. Ich habe mich dann zwar streckenweise fürchterlich gelangweilt, weil ich nichts verstanden habe, aber es gab einzelne Stellen, die bei mir Gänsehaut verursachten. Ab da bin ich in Opern und Konzerte gegangen.

Malzew: Meine ersten Klassikerlebnisse waren zwei Beethoven-Sinfonien, deren Schallplatten ich zuhause immer wieder hörte, ich war etwa fünf oder sechs Jahre alt zu dieser Zeit und lernte dabei Topflappen häkeln. Es waren die Fünfte und die Sechste. Man sagt, die Kompositionen klassischer Musik fußen in Teilen auch auf mathematischen Formeln.

Waren Sie in der Schule gut in Mathe?
Schumacher: Ja.

Malzew: Tatsächlich hatte ich viel Freude an kniffligen Aufgaben, und naturwissenschaftliche Fragen reizen mich nach wie vor.

Was war ihr erstes Instrument, das Sie selbst gespielt haben?
Schumacher:
Ich weiß es nicht mehr genau, wahrscheinlich Blockflöte. Xylophon, Melodica, Klanghölzer könnte auch sein.

Malzew: Klavier

Wie kamen Sie zum Dirigieren?
Schumacher: Eigentlich war es schon als Jugendlicher mein Berufswunsch. Leider war in den 80er Jahren perfektes Klavierspiel die Bedingung für das Dirigentenstudium. Mein Erstinstrument war aber das Akkordeon, ich bin zu spät umgestiegen. Und trotz jahrelangem Einzelunterricht, Schulorchester, Musik-Abi reichten am Ende meine pianistischen Künste nicht für die Aufnahmeprüfung. Also blieb es ein nicht erfüllter Wunsch, bis ich vor zehn Jahren einen Dirigier-Professor kennenlernte, bei dem ich Privatunterricht nehmen konnte. Über ihn habe ich Andreas Schulz, den späteren Leiter der Neuen Philharmonie kennengelernt, der mir seit Jahren intensiven Unterricht gibt.

Malzew: Mein Vater nahm mich schon im Kindergartenalter mit in die Proben des Orchesters, und was ich dort erlebte, war faszinierend und prägend für das ganze Leben. Er hat dafür gesorgt, dass ich den Beruf eines Dirigenten aus der Perspektive eines Orchestermusikers kennenlernte.

Was steckt hinter dem Projekt Neue Philharmonie Berlin?

Schumacher: Die Neue Philharmonie wurde 2016 gegründet. Zunächst war die Idee, ein junges Orchester zu schaffen, das eine erste Berufsstation für Musiker bietet, die frisch aus dem Studium kommen. Schnell kam die zusätzliche Idee auf, kleine und mittlere Städte ohne eigene Strukturen mit regelmäßigen Sinfoniekonzerten zu versorgen. Zunächst sprang damals das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern auf den Zug auf, das seitdem dieses Projekt fördert. Später kamen Projekte in Brandenburg und jetzt in Baden-Württemberg hinzu, wobei es in diesen beiden Ländern leider noch keine regelmäßige Förderung gibt.

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Lutz Schumacher und Juri Tetzlaff.

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Lutz Schumacher in seinem Element.

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Die Hornisten der Neuen Philharmonie.

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Juri Tetzlaff, Lutz Schumacher und Schwäbische-Zeitung-Chefredakteur Jürgen Mladek.

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Stefan Malzew dirigiert die Neue Philharmonie.

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Die Neue Philharmonie gibt viele Schulkonzerte? Was unterscheidet ein Konzert in einer Schule von einem Konzert, wie jenem in der Balinger Stadthalle im Mai?
Schumacher: Bei den Schulkonzerten geht es genau darum, Kindern ein erstes Live-Erlebnis mit sinfonischer Musik zu verschaffen. Damit dies möglichst hautnah und ohne jede Barriere geschieht, kommt das Kammerorchester der Neuen Philharmonie in die Grundschulen und spielt dort rund 45 Minuten mit Moderation kindgerechte Stücke wie z.B. „Peter und der Wolf“, „Karneval der Tiere“ oder „Die Zauberflöte für Kinder“. Wenn Sie das mal erleben, wie morgens um acht Uhr 300 Grundschüler in einer Mehrzweckturnhalle atemlos sitzen und zuhören, wie eine Sängerin die „Königin der Nacht“ trällert, dann spüren Sie, was für ein wahnsinnig tolles Projekt das ist.

Malzew: Meiner Beobachtung nach sind Kinder sehr viel unmittelbarer in ihrer Reaktion auf das, was sie dabei erleben. In einer Schule haben sie einen „Heimvorteil“, denn sie sind in ihrer vertrauten Umgebung. Als Orchester ist es gerade anders in dieser Hinsicht, da man sich oft an örtliche Gegebenheiten anpassen muss, die von den Standards eines Orchesteraufbaus abweichen. Beides führt bisweilen dazu, dass die Begegnung Kind/Orchester in einer Schule zu einem für beide Seiten sehr lebhaften Erlebnis wird.

Ist es allgemein einfacher junge Menschen für klassische Musik zu begeistern, als ältere Menschen, die der E-Musik bislang eher distanziert gegenüberstanden?
Schumacher: Nein, jeder Mensch kann für klassische Musik begeistert werden, davon bin ich überzeugt.

Malzew: Das Feedback, dass das unmittelbare Live-Erlebnis eines Orchesterkonzertes bei einer Erstbegegnung sehr beeindrucken kann, habe ich von Menschen unterschiedlichster Altersklassen gehört. Generell habe ich jedoch den Eindruck, dass sich ältere Personen eher darauf einlassen können, Musikstücke mit einer Dauer von zehn oder mehr Minuten am Stück anzuhören.

Wer sind ihre Lieblingskomponisten?

Schumacher: Eigentlich mag ich wirklich viele Komponisten, auch unbekannte. Meistens gibt es mindestens ein Stück, das man unbedingt mal hören sollte. Aber wenn ich nur einige wenige Aufnahmen mit auf die einsame Insel nehmen dürfte, dann wären Wagner, Brahms, Schostakowitsch, Bruckner und Haydn dabei.

Malzew: Hmm… sehr oft sind das die, mit deren Werken ich mich gerade beschäftige. Das klappt nicht immer, aber meistens.

Gibt es für Sie ein Lieblingsorchester?

Schumacher: Natürlich die Neue Philharmonie. Die Mischung aus Professionalität und jugendlichem Schwung ist schon einmalig. Unter den etablierten deutschen Orchestern gibt es aber sehr viele herausragende Ensembles, da fällt es wirklich schwer, ein einzelnes zu benennen.

Malzew: Nun, im Moment ist das natürlich die Neue Philharmonie Berlin!

Welchen Musikstil hören Sie außerhalb des Genres E-Musik am liebsten?
Schumacher: Eigentlich querbeet. Es gibt in vielen Gattungen tolle Musik, Pop, Jazz, selbst Hardrock. Musik der 70er und 80er spricht mich an, das war meine Kindheit und Jugend. Und ich finde „echte“ Volksmusik sehr spannend, also nicht das kommerzielle, sondern das, was wirklich über Jahrhunderte entstanden ist.

Malzew: Ich spiele neben Klavier selbst auch bisweilen Klarinette, Saxophon und Vibraphon und genieße es dann, mich im Jazz zu bewegen. Hören geht darüber aber hinaus, bis hin zu französischen Chansons, italienischer Estrade oder slavischen Volkschören. Wenn die Musik „handgemacht“ ist und mit einer nachvollziehbaren emotionalen Dramaturgie daherkommt, kann ich mich oft dafür begeistern, egal welchem Genre sie entstammt.

Wer ist Ihre Lieblingsband / Ihr Lieblingsinterpret und warum?
Schumacher: Aktuell habe ich keine. Früher fand ich „Queen“ und Kate Bush gut.

Malzew: Bei einer Band bin ich mir nicht sicher, da sind es eher einzelne Titel, die mich ansprechen, ohne, dass ich diese jetzt aufzählen könnte. Als Interpret fällt mir immer zuerst Adriano Celentano ein, der eine enorme Menge an sehr vielfältigen Songs im Repertoire hat, teilweise mit überraschend ernsten Themen.

Wie stehen Sie zu Crossover-Projekten von Klassik und Rock?
Schumacher:
Grundsätzlich finde ich solche Projekte sehr positiv, weil es ein breites Publikum anspricht und Gutes aus verschiedenen Bereichen zusammenbringt.

Malzew: Ich habe solche Projekte gern und oft selbst durchgeführt, vor allem in meiner Zeit als Chefdirigent der Neubrandenburger Philharmonie, dabei aber immer darauf geachtet, dass das klassische Orchester nicht nur als opulenter Background zu einer im Zentrum stehenden Band missbraucht wird, was leider oft unter dem Deckmantel „Cross-Over“ geschieht. Richtig spannend wird es, wenn beide Genres dabei auch nebeneinander mit klaren Bekenntnissen zu ihrer jeweiligen Herkunft in Erscheinung treten. Dabei kann dann schon auch mal „The great Gig in the Sky“ von Pink Floyd unmittelbar neben Mozart, Beethoven oder Wagner auftauchen und erstaunlich gut dazu passen.

Welche Crossover-Projekte gab es bereits mit der Neuen Philharmonie? Schumacher: Die Neue Philharmonie hat vor der Pandemie ein grandioses „Latin Jazz“-Projekt gespielt, auch mit einigen Konzerten in Oberschwaben. Das war ein echtes Erlebnis, eine achtköpfige Jazzband gemeinsam mit 50 Sinfonikern. Und sehr schön sind auch sinfonische Filmmusik-Abende – leider nicht einfach zu finanzieren wegen der hohen GEMA-Gebühren.

Info: Dass Konzert mit der Neuen Philharmonie steigt am Mittwoch, 3. Mai, um 19.30 Uhr im Großen Saal der Balinger Stadthalle. Auf dem Programm stehen Carl-Maria von Weber: Ouvertüre zur Oper „Der Freischütz“. Joseph Haydn: Sinfonie Nr. 100 in G-Dur „Militärsinfonie“ und Antonín Dvorák: Sinfonie Nr. 9 in e-moll „Aus der neuen Welt“. Karten für das Konzert gibt es im ZAK-Verlagshaus in der Balinger Grünewaldstraße 15 beziehungsweise in der ZAK-Geschäftsstelle in Albstadt, Untere Vorstadt 3. Sowie bei allen weiteren Easy-Ticket-Stellen. Abonnenten erhalten Tickets zum Vorteilspreis.

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