Rosenfeld

Warum das Rosenfelder Unternehmen Blickle, Räder und Rollen, auf „Made in Germany“ setzt

29.02.2024

Von Rosalinde Conzelmann

Warum das Rosenfelder Unternehmen Blickle, Räder und Rollen, auf „Made in Germany“ setzt

© Rosalinde Conzelmann

Die Agentur für Arbeit in Balingen stellte die Februarzahlen im Rosenfelder Unternehmen Blickle, Räder und Rollen, vor (von links): Geschäftsführer Walter Wager, Personalchef Markus Raumann, Geschäftsführer David Blickle, Agentur-Chefin Anke Traber, Agentur-Mitarbeiterin Sabine Schlaich und Pressesprecher Rolf Gehring.

Beim Rosenfelder Unternehmen Blickle, Räder und Rollen, werden derzeit 70 junge Menschen in 20 Ausbildungs- und Studiengängen ausgebildet. Das spiegelt die unglaubliche Bandbreite des Familienbetriebs wider. Aber: „Es wird immer schwieriger, Lehrlinge zu finden“, betont Geschäftsführer David Blickle. Das bestätigt Anke Traber, Chefin der Balinger Agentur für Arbeit, bei ihrem Besuch in Rosenfeld. Denn: 55 Prozent der Arbeitslosen in der Februarstatistik haben keine abgeschlossene Ausbildung.

Um die monatlichen nackten Zahlen mit Leben zu erfüllen, besucht die Agentur für Arbeit, die für die Landkreise Zollernalb und Sigmaringen zuständig ist, jeweils einen Betrieb in ihrem Bezirk. Das dient neben der Information auch dem gegenseitigen Austausch.

Bei Blickle werden Anke Traber, die bei der Agentur für Mitarbeiterbelange zuständige Sabine Schlaich und Agentur-Pressesprecher Rolf Gehring von David Blickle, der das Unternehmen in dritter Generation mit seiner Schwester Dr. Sarah Blickle-Fenner führt, dem langjährigen Geschäftsführer Walter Wager und Personalleiter Markus Raumann im repräsentativen Neubau empfangen.

Dritte Generation führt den Betrieb

David Blickle ist seit sieben Jahren im Unternehmen, nachdem er Werkzeugmacher gelernt und ein Maschinenbaustudium angehängt hat. Er sei dankbar, sagt der Enkel von Firmengründer Heinrich Blickle, dass ihm Walter Wager, der am 1. Juli 50 Jahre im Betrieb ist, mit seinem großen Erfahrungsschatz zur Seite steht.

Heute sind es weltweit 1300 Mitarbeiter

Wager hat die Erfolgsgeschichte des schwäbischen Mittelständlers vom 8-Mann-Betrieb zum Global Player mit weltweit 1300 Mitarbeitern nicht nur miterlebt, sondern mitgeschrieben. Auch räumlich ist Blickle in all den Jahren gewachsen. Maßnahmen, die Wager betreut hat. Nachdem die Firma 2023 im Rahmen ihres 70-jährigen Bestehens die bislang größte Erweiterung in der Firmengeschichte mit zwei Neubauten einweihen konnte, ist nun laut Wager in den Staaten eine Erweiterung der dortigen Niederlassung geplant.

Markus Raumann ist seit 2015 Personalleiter. Seine Aufgabe besteht im Wesentlichen darin, das Wachstum am Rosenfelder Standort von 600 auf 900 Mitarbeiter zu gestalten.

Mit den zwei Neubauten, die im vergangenen Jahr bezogen wurden, hat sich Blickle deutlich für den Standort Rosenfeld positioniert, während derzeit immer mehr Unternehmen aufgrund der (nach deren eigenen Angaben) erschwerten Rahmenbedingungen am Wirtschaftsstandort ihre Produktion oder andere Bereiche auslagern.

Blickle setzt auf den Standort Deutschland

„Wir haben am Standort Rosenfeld viel investiert und wollen auch hier produzieren“, stellt David Blickle klar. Er sehe darin klare Wettbewerbsvorteile, weil das Unternehmen schneller und flexibler reagieren könne. Natürlich gebe es auch Nachteile: „Die müssen wir kompensieren.“ Und dafür setzt das Unternehmen auf Qualität. Ebenso würden die Automatisierung, die Digitalisierung und die Rationalisierung vorangetrieben, um die definierten Ziele zu erreichen. Hier ergänzt der Personalleiter: „Rationalisierung und Wachstum schließen sich nicht aus.“ Für dieses Jahr plant Blickle mit weiterem Wachstum im einstelligen Bereich.

Unglaubliche Bandbreite

Das Unternehmen ist breit aufgestellt, bietet ein Grundprodukt, das immer gebraucht wird, und hat eine hohe Fertigungstiefe, so Wager. Damit sei weiteres Wachstum möglich. Wichtiges Kapitel sind dabei die Mitarbeiter, die zum Teil schon sehr lange im Betrieb sind, ergänzt David Blickle. Wenngleich das bislang hohe Qualitätsmerkmal „Made in Germany“ an Ansehen verliere. „Der Ruf lässt nach“, bedauert Blickle.

Die Konzentration an einem Standort stelle zwar eine Herausforderung dar, bringe aber mehr Vor- als Nachteile mit sich. „Kurze Lieferzeiten sind wichtig, und hier können wir schnell reagieren“, nennt Wager nur ein Beispiel.

Blickle war einst der Kleinste in der Rollen- und Räderbranche, die deutschlandweit von einst 15 Unternehmern auf 5 geschrumpft ist. Jetzt mischt Blickle ganz vorne mit, verliert aber seine Wurzeln nicht.

Vorschriften nehmen zu

Um den Erfolg zu halten und weiter zu wachsen, ist die Unternehmensführung täglich gefordert. „Wir dürfen uns nicht ausruhen auf dem Erfolg, müssen jeden Tag dafür kämpfen“, betont der Firmenchef, dem die überbordende Bürokratie zu schaffen macht. „Die Regierung erlässt fast im Wochentakt neue Gesetze“, beklagt er sich. Es werde immer schwieriger, diesem Vorschriftenwulst gerecht zu werden. „Mir stellt sich da die Frage der Relation“, findet er deutliche Worte. Es benötige zusätzliches Personal, um alle Vorgaben und Vorschriften umzusetzen.

Fachkräftekrise ist ein Thema

Apropos Personal: Auch für Blickle wird es immer schwieriger, Auszubildende und Fachkräfte zu finden, bestätigt die Führungsebene. Für Anke Traber ist die Fachkräftekrise auch hausgemacht, weil es gesellschaftlich nicht gelungen sei, dem Wirtschaftswachstum standzuhalten. Sie würde sich wünschen, dass wieder mehr Ältere und auch Frauen in die Betriebe geholt werden. Ebenso sieht die Agenturchefin die Schulen mehr in der Verantwortung.

Fachkräfte werden dringend gesucht

Um den Standard zu halten, steckt das Unternehmen, dessen Beschäftigtenpool vom Hilfsarbeiter bis zum hochqualifizierten Mitarbeiter reicht, mehr Ressourcen in die Ausbildung. Zudem wurde erst jüngst die Blickle-Academy gegründet, die eine gezielte Weiterbildung der Mitarbeiter ermöglicht. Was die Generierung von Fachkräften betrifft, streckt Blickle die Fühler nicht allzu weit aus. „Wir suchen lokal“, so Raumann. Ebenso habe man in der Vergangenheit immer wieder „Rückkehrer“ gewinnen können. Zudem sei man bemüht, ein angenehmes und modernes Arbeitsumfeld zu schaffen, um die Fachkräfte zu halten. Dazu zählt zum Beispiel das neue Betriebsrestaurant.

Der Blick auf die Arbeitsmarktzahlen im Februar offenbart, wie wichtig das Thema Ausbildung ist. Deshalb werde sie nicht müde jungen Menschen zu predigen, dass sie eine Ausbildung machen und sich qualifizieren sollen, betont Traber.

Derzeit viel Kurzarbeit

Im Überblick: Derzeit sind 7630 Menschen arbeitslos gemeldet, das sind 2 Prozent weniger als im Januar. Damit liegt die Arbeitslosenquote im Februar bei 4,1 Prozent. Es gibt regionale Unterschiede. In Albstadt liegt die Quote bei 5,3 Prozent; in Balingen bei 3,5 Prozent, in Hechingen bei 4,2 Prozent und im Landkreis Sigmaringen bei 3,7 Prozent.

Die Zahl der Arbeitslosen liegt um 4,3 Prozent über dem Vorjahresniveau. Auf den ersten Blick eine ordentliche Steigerung. Aber: „Die Lage ist gar nicht nicht so schlecht“, stellt der Agentursprecher Rolf Gehring klar. Denn: „Wir haben die niedrigsten Zuwachsrate in ganz Baden-Württemberg.“


1900 Menschen wieder in Arbeit

1900 Menschen haben ihre Arbeitslosigkeit beendet. Dieser Zahl stehen 1700 neue Arbeitslosenmeldungen im Bezirk der Agentur für Arbeit Balingen gegenüber. Der Stand der Kurzarbeit ist sehr hoch. Laut Anke Traber sind 6000 Stellen betroffen. Dennoch: „Kurzarbeit ist eine Megachance, Fachkräfte zu halten.“

Erfreulich ist auch, dass im Februar 540 neue Stellen gemeldet wurden. Das ist ein Drittel mehr als im Januar. Allerdings ist das Stellenangebot weiter rückläufig und liegt aktuell bei 2800 gemeldeten Stellen.

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